Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)
sich, sie ist Missionarin und verheiratet. Sie kann diese Gefühle
nicht haben, sie darf sie nicht
haben, und du, schalt er sich, du auch nicht! Er dachte an Moses, der unbedingt
ein paar Kilometer vor der Missionsstation hatte abgesetzt werden wollen. Und
er, Robert, hatte sich kurz gefragt, ob er allein weiterfahren sollte. Doch da
war dieses Feuer in ihm, das ihr Anblick beim ersten Mal in ihm entfacht hatte.
Das Dröhnen des Motors
war so laut, dass sie nicht miteinander sprechen konnten ... und Emma war
darüber erleichtert. Doch immer wieder ertappte sie sich, wie sie verstohlen zu
ihm hinüberschaute. Sie bemerkte
seine sehnigen braunen Arme unter den hochgekrempelten Ärmeln seines
verschwitzten Hemds ... Er hatte tatsächlich einfach Emma gesagt ... ungeheuerlich!
Sie schloss für Momente die Augen und überließ sich dem Holpern und Rucken des
Autos, dem kühlenden Fahrtwind, dem Dröhnen des Motors und gab sich für
Sekundenbruchteile dem aufregenden Gefühl seiner Nähe hin.
Johns Pferd war von dem
unbekannten lärmenden Ding irritiert, und er hatte Mühe, es unter Kontrolle zu
halten. Er ließ sich nach einer Weile zurückfallen, sodass die Stute wenig
ruhiger werden konnte. Er hatte es gespürt, in dem Augenblick, in dem der Kerl
ausgestiegen war. Wie sie ihn angesehen hatte! Wie verwirrt sie plötzlich gewesen
war! Was war er doch für ein Idiot, er, John Wittling! Wie sehr litt er seit
Wochen! Er hatte sich nach ihrer Nähe gesehnt und sich zugleich davor
gefürchtet. Aber er kam nicht dagegen an. Es kam ihm vor, als wollte er diese Schmerzen, weil ohne sie
sein Leben dumpf und sinnlos war. Und jetzt? Er ritt hinter ihr und diesem Kerl
her, der einfach in ihr Leben eingebrochen war! Der Staub, den das Auto
aufwirbelte, nahm ihm den Atem.
Wie wunderschön es hier
ist, dachte Emma, als sie hinauf zu den tiefrot glühenden Bergen sah. Wenn der
Anlass der Fahrt nicht so ernst wäre und ihre Gedanken und Phantasien sie nicht
quälen würden, dann würde sie das alles in vollen Zügen genießen. Doch sie
musste ihre letzten Rinder retten.
Der Wagen wurde
langsamer. Emma folgte Roberts Blick und entdeckte neben einem dürren, kahlen
Baum zwei Rinderkadaver. Die Bäuche waren aufgetrieben. Dann sah sie auch die
drei großen, dunklen Vögel, die das Motorengedröhn von ihrem Festmahl
aufgescheucht hatte. „Sie müssen dringend verbrannt werden, sonst breitet sich
die Seuche durch andere Tiere noch weiter aus“, sagte Robert und trat auf die
Bremse. Sie hielten am Rand eines kaum zwei Meter breiten Wasserlochs. Eine
grünlich schimmernde ölige Schicht bedeckte die Oberfläche, und tote Vögel
lagen am Rand. „Das Wasser könnte verseucht sein.“ Er schob sich den Hut aus
der Stirn und stieg aus. „Dann sollten wir unsere Tiere zur Missionsstation
holen.“ Robert nickte. Er hatte die langen Arme in die Hüften gestemmt. Wie
groß und schlank er war, fiel ihr auf, und zugleich schämte sie sich dafür.
John kam herangeritten, und zusammen mit Robert machte er sich daran, die
Kadaver aus einem Kanister mit Kerosin zu übergießen. Da fast kein Wind wehte,
würde das Feuer nicht um sich greifen. Die Flammen schossen empor. Sie blieben
noch eine Weile stehen und beobachteten das Feuer, das langsam das Fleisch
verbrannte. Emma stand zwischen den beiden Männern, und spürte, wie ihr Körper
zu Robert hingezogen wurde. Sie wollte rasch zum Wagen zurückgehen, doch ihre
Beine gehorchten ihr nicht, machten keinerlei Anstalten, sich von diesem Platz
fortzubewegen, ja, sie spürte sogar, dass ihr linker Arm sich ausstrecken
wollte, dass ihre Hand seine Hand berühren wollte ...
„John, warum holen Sie
sich nicht ein paar Leute für diese Arbeit?“, sagte sie und wandte sich ihm
abrupt zu. Er blickte erst zu ihr, dann zu Robert und nickte langsam. „Und was
soll ich Paul sagen?“, fragte er. Nein, dachte sie, nein, John kann nichts von
meinen Gefühlen bemerkt haben. Und so zuckte sie die Schultern und sagte in
selbstverständlichem Ton: „Er soll Ihnen helfen.“ Johns Mundwinkel zuckte, er
zeigte kurz ein gequältes Lächeln, dann ging er zu seinem Pferd.
Ob es Zufall oder
Absicht war, sie wusste es nicht, doch ihre und Roberts Blicke kreuzten sich,
als sie sich beide wieder zum Feuer wandten. Für Sekundenbruchteile hatten sie
sich in die Augen gesehen, tiefer als bei einem gewöhnlichen Blick ... da war
sie sicher. Sie starrte ins Feuer, als
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