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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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du auf so etwas kommst, Emma ... Aber ich werde dir die Frage
    trotzdem beantworten.“ Er sah ihr fest in die Augen. Das Verwirrte war
    plötzlich verschwunden. Er würde jetzt nicht lügen, wusste sie, nicht hier,
    nicht in der Kirche ... „Nein“, sagte er bestimmt, „ich habe kein Kind mit
    einer anderen Frau.“
    Sie war wie betäubt, war
    sie doch auf eine andere Antwort gefasst gewesen. „Und was bedeutet dann dieser
    Brief?“ „Welcher Brief?“ Es war zu spät.
    „Paul, wer ist Line?“ Schlagartig wich die Farbe aus seinem Gesicht.
    Seine blauen Augen weiteten sich entsetzt. „Nein, Emma, das kannst du nicht
    getan haben“, sagte er bedrohlich leise. „Sag, dass du es nicht getan hast, sag
    es hier, vor Gott!“ „Doch, ich habe es getan“, sagte sie ruhig. „Ich wollte den
    Brief nicht lesen, er fiel mir in die Hände, als ich auf dem Schiff ein Hemd in
    deinen Koffer zurücklegen wollte. Warum gibst du mir keine Antwort? Warum hast
    du kein Vertrauen zu mir, Paul?“
    „Ich habe es dir schon
    einmal gesagt: Du bist es, die kein
    Vertrauen hat, Emma, sonst würdest du begreifen, dass deine Fragen mich
    quälen.“ Er stand auf. „Und dein Verhalten quält mich !“, fuhr sie ihn
    wütend an und stand auch auf. Sie hatte genug! Sie konnte es nicht mehr
    ertragen! „Mäßige dich! Wir sind in der Kirche!“ „Ja! Wir stehen hier, und du
    sagst mir noch immer nicht die Wahrheit! Du lügst vor Gott! In seiner Kirche!“
    „Schweig!“, dröhnte seine Stimme. Sein Gesicht lief rot an. „Du hast kein
    Recht, so zu sprechen!“ Ohne ihn noch einmal anzusehen, drehte sie sich um und
    eilte hinaus. Es hatte keinen Zweck, mit ihm reden zu wollen. Wann endlich
    würde sie das einsehen? Wütend und bestürzt zugleich lief sie über den Platz
    zurück zu John. Eines wusste sie: Sie würde sich nicht von Paul entmutigen
    lassen. „Es wird ja wohl jemanden in Stuart geben, der sich mit Tieren
    auskennt“, rief sie John von weitem zu. „Lassen Sie mir ein Pferd satteln,
    John!“ Verwundert sah er sie an und wollte etwas sagen, doch sie kam ihm zuvor.
    „Jetzt, sofort!“ „Wollen Sie sich die toten Rinder ansehen?“, fragte er
    ungläubig. „Nein. Ich reite nach Stuart.“ „Aber, das sind hundertfünfzig
    Kilometer!“ „Genau, und deshalb habe ich keine Zeit mehr!“ Ohne sich weiter um ihn
    zu kümmern, ging sie zum Haus. Sie brauchte eine Hose, damit konnte sie
    schneller reiten. Sie nahm sich eine von Paul, krempelte sie an den Beinen um
    und zog sie in der Taille mit einem Gürtel zusammen. „Ich komme so bald wie
    möglich wieder! Kümmere dich um die Ziegen und um die Kinder“, rief sie Amboora
    zu, die sie fragend ansah. Dann klemmte sie sich eine Decke unter den Arm,
    hängte sich zwei gefüllte Feldflaschen um und eilte hinaus.
    John hatte zwei braune
    Pferde gesattelt. Irritiert sah er auf ihre Hose. „Ich reite mit Ihnen“, sagte
    er dann. „Ich habe Paul Bescheid gesagt.“ „Gut“, sagte sie, es sollte ihr recht
    sein. Sie befestigte Decke und Trinkflaschen und stieg auf, ohne Johns Hilfe
    anzunehmen. Mit der Hose ging es wirklich viel besser. Sie hätte schon auf der
    langen Reise Hosen tragen sollen. Er schwang sich auf das andere Pferd. Es war
    noch mindestens fünf Stunden hell, schätzte sie. „Emma, sehen Sie nur! Da vorn
    kommt jemand!“, rief John, gerade als sie ihre Fersen in die Flanken des
    Pferdes drücken wollte. Hinter den Hütten, sicher noch einen oder auch zwei
    Kilometer entfernt, schwebte eine gelbe Staubwolke über der mit
    Stachelgrasbüschen bewachsenen Ebene. „Er kommt genau auf uns zu!“, sagte John.
    „Ein ziemlich schneller Reiter ... oder ein Automobil!“
    Sie hielt die Zügel
    fest. Da drang auch schon ein Brummen heran. Und dann war es deutlich zu
    erkennen: Ein Auto fuhr direkt auf sie zu. Das Motorengeräusch schwoll an, und
    kurz darauf sahen sie, wie ein rotes Auto sich durch den weichen Sand wühlte.
    Plötzlich wurde Emma von derselben unerklärlichen Unruhe erfasst, die sie
    damals in Stuart beim Blick aus dem Fenster ergriffen hatte. „Wer ist das?“,
    fragte John, doch sie antwortete nicht. Der Wagen hielt wenige Meter vor ihnen
    an. Ein dunkelhaariger Mann kletterte aus dem Auto. Er war groß und sehr
    schlank, ja schlaksig. Um den Hals trug er ein rotes Tuch.
    „Hallo! Robert Gordon“, sagte er, lachte und streckte John,
    der vom Pferd gestiegen war, seine kräftige, sonnengegerbte Hand entgegen.
    „John Wittling.“

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