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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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beengt gefühlt. Sie war sicher, wenn sie keinen Gast
    gehabt hätten, hätte Paul sich geweigert, doch an diesem Abend nickte er nur
    und setzte sich Emma gegenüber an die andere Kopfseite des Tischs. John und
    Robert Gordon hatten an den Längsseiten Platz genommen.
    Eine leichte Brise
    bauschte hin und wieder sanft das weiße Tischtuch und ließ das Windlicht
    flackern. Zikaden zirpten, und drüben bei den Hütten stieg der Rauch der Feuer
    auf. Emma hatte die Kaninchen mit Salz und ein paar getrockneten Gewürzen
    geschmort. Dazu gab es Brot und Tee. „Wenn wir Glück haben, dann haben sich die
    sieben Rinder nicht angesteckt“, sagte John und tunkte ein Stück Brot in die
    Sauce. Er sah erschöpft aus. Emma fand, dass auch Paul schlecht aussah, die
    Ringe unter seinen Augen waren nicht verschwunden, er war blass, und bestimmt
    hatte er abgenommen. Die Sache mit den toten Rindern ... oder vielleicht auch
    ihre Auseinandersetzung hatte ihn offensichtlich sehr mitgenommen, und außerdem
    arbeitete er viel zu lang. „Zwei von ihnen werden bald kalben“, fügte John
    hinzu. „Also wird vielleicht alles nicht so schlimm.“

    Robert Gordon schnitt
    ein Stück Fleisch ab. Er fühlte sich nicht ganz wohl in der Gesellschaft der
    drei Menschen. Eine knisternde Spannung lag in der Luft. Wer weiß, wann sie
    sich entladen wird, dachte er. Er warf einen Blick auf Emma. Sie machte einen angespannten
    Eindruck. Ein verwirrendes Gefühl stieg in ihm hoch, dasselbe Gefühl, das er
    auch am Nachmittag empfunden hatte, als sie neben ihm im Auto gesessen hatte.
    Wie schön sie war! Im Licht der Kerosinlampe leuchtete ihr Haar wie Gold. Sie
    sah ihn an. War da nicht ein Verlangen in ihren Augen? Sie senkte den Blick und
    widmete sich ihrem Essen. War sie nicht errötet? Worauf lässt du dich
    eigentlich ein, Robert Gordon!
    „Es ist schlimm genug“,
    sagte Paul und riss Robert aus seinen Gedanken. „Herr Pastor“, sagte Robert
    rasch, um jeglichen Verdacht zu zerstreuen, „ich hab’ schon ganz andere Dinge
    erlebt! Farmer, die alles verloren haben, durch eine Flut oder eine Dürre;
    Familien, die alle acht Kinder durch den verdammten Typhus oder die Polio
    verloren haben. Das ist ein raues Land, Pastor.“ Er wagte einen Blick zu ihr.
    Sie sah ihn an. Ein nie endender Augenblick ... „Glauben Sie an Gott, Mister
    Gordon?“, hörte er ihren Mann fragen. Wieder riss er sich von ihr los und
    wandte sich dem Pastor zu. Er mochte ihn nicht. Mrs. Warton hatte Recht gehabt.
    Er hatte etwas Fanatisches. Solche Menschen setzten ihre Ziele durch, egal, wie
    hoch der Preis dafür war. „Nein“, sagte Robert. „Jedenfalls nicht an den, an
    den Sie glauben.“ Sollte er ihm die Geschichte vom Krieg erzählen, wo er seinen
    Glauben verloren hatte? Doch warum sollte er sich diesem so misstrauischen Mann
    anvertrauen? „Und an welchen glauben Sie, Mister Gordon?“, fragte Paul. Robert
    nahm ein Stück Brot. „Nun, Gott ist die Bezeichnung für eine Kraft“, sagte er gelassen.
    Er wollte sich nicht auf eine theologische Diskussion einlassen. „Das, was die
    Materie zusammenhält. Das Universum genauso wie diese Palmen hier, die
    Sandkörner ...“ Er sah Emma an. Sie brachte ein kaum sichtbares Lächeln
    zustande, schlug dann aber die Augen nieder. Er merkte, dass John Wittling ihn
    musterte. John war sein Feind, das wusste er spätestens jetzt. Wie er ihn
    anstarrte! John war in Emma verliebt.
    „Dann stehen Sie den
    Eingeborenen näher als uns“, sagte
    Paul. Bemerkt er überhaupt, was hier am Tisch gerade vor sich geht?,
    dachte Robert. „Pantheismus ... Die Ahnen sind in allem, in jedem Baum, jedem
    Berg ...“, redete Paul unbeirrt weiter. „Sie befassen sich immerhin seit
    vierzigtausend Jahren mit Gott“, sagte Robert. „So alt ist ihre Religion. Und
    wie alt ist das Christentum? Noch nicht einmal zweitausend Jahre, nicht wahr?“
    Er wollte dieses Gespräch beenden.
    „Mister Gordon“, sagte
    Emma. Ich will jetzt keinen Streit, dachte sie. „Erzählen Sie uns doch, was Sie
    hier fotografieren wollen.“ Sie bemühte sich um einen freundlichen, neutralen
    Blick, doch ihr war heiß. Hatte sein Knie nicht eben unter dem Tisch das ihre
    berührt? „Die Missionsstation“, antwortete er und sah sie an. Spürte auch er
    es? Glühten nicht seine Augen? „Die Kirche, Ihren Gemüsegarten ...“ Er lächelte
    kurz und wandte sich an Paul und John. „Und natürlich die Aborigines. Ihre
    Tänze, ihre Gesänge gehen

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