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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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verloren. Ihre Kultur stirbt.“ „Wenn sie Christen
    werden sollen, dann dürfen sie ihre Gesänge nicht mehr singen, Mister Gordon,
    das ist doch selbstverständlich!“ Paul schüttelte entschieden den Kopf, schob
    den Teller von sich und verschränkte die Arme auf dem Tisch. Emma unterdrückte
    eine Bemerkung. Warum war er nur so verbohrt? „Aber es ist ihre Kultur“,
    widersprach Robert heftig, „ihre zehntausende Jahre alte Kultur! Die können sie
    nicht einfach so durch ein Verbot beiseite wischen!“ Seine Stimme war lauter
    geworden, stellte Emma fest. Sie sah kurz zu John und bemerkte, dass er Robert
    feindselig musterte.
    „Auch die Kultur der Ägypter
    existiert nicht mehr!“, schaltete sich nun John ein, „Die Kulturen haben
    kapituliert oder wurden entlarvt. Die Menschen haben sich abgewandt, weil sie
    ihnen nichts mehr bedeutet.“ John wusste, dass er gezwungen lächelte. Was für
    ein qualvolles Abendessen! Wie sie sich ansahen, Emma und Robert! Fiel das Paul
    denn nicht auf? War er blind? „Oder weil man ihnen ihre Gebete und Rituale
    verboten hat, ihre Sprache geraubt und die Gläubigen alle getötet hat, Pastor
    Wittling!“, widersprach Robert etwas aufgebracht. „Mister Gordon, dass wir uns
    richtig verstehen: Wir töten niemanden“, sagte John nachdrücklich. „Ohne uns
    würden die Menschen hier verhungern.“ Dieser Fotograf wollte sich doch nur
    aufspielen, sich vor Emma wichtig machen, indem er eine solch krude Weltsicht
    zum Besten gab. Was fand sie nur an ihm? „Natürlich würden sie verhungern, man
    hat ihnen zuvor ja auch ihr Land genommen und es den Rindern und Schafen
    überlassen!“, erwiderte Robert Gordon. „Nun, daran können wir nichts mehr
    ändern, Mister Gordon“, sagte John mit einem spitzen Lächeln. Dieser Gordon
    hielt sich für ganz besonders klug! John wollte das Zucken seines Mundwinkels
    unterdrücken, aber es gelang ihm nicht. Nun, morgen oder spätestens übermorgen
    würde er wieder abreisen ...
    Warum ist John auf
    einmal so angriffslustig, dachte Emma. „Wir können nur noch die Not lindern“,
    redete John weiter, „und den Menschen helfen, sich in der neuen Zeit
    zurechtzufinden.“
    Robert Gordon schob den
    Teller weg, legte die Arme auf den Tisch und sah John herausfordernd in die
    Augen. „Dasselbe hat Pastor Weiß gesagt. Vor vier Jahren war er hierher
    gekommen. Ich sage Ihnen ...“ Dabei sah er erst John, dann Paul in die Augen.
    „... In diesen Jahren ist für die Aborigines die Lage nicht besser, sondern
    schlechter geworden. Die Weißen haben ihnen noch viel mehr Land genommen. Sie
    beuten sie aus, bedienen sich ihrer Arbeitskraft aus, nehmen ihre Frauen ...“
    „Sie sprechen ja wie ein Marxist, Mister Gordon!“ Paul lachte auf. „Aber Sie
    vergessen: Ohne Pastor Weiß und seine Vorgänger gäbe es heute hier
    wahrscheinlich gar keine
    Eingeborenen ...!“
    „Mister Gordon ...“ Emma
    fiel Paul ins Wort. Es war genug! „Erzählen Sie doch von Hermann und Margarete
    Weiß! Kannten Sie sie?“ Paul und John starrten sie an. Aber auch Robert Gordon
    schien überrascht. „Jemand hat uns die Bibel von Pastor Weiß vor die Tür
    gelegt“, erklärte sie ihm. „Wir wissen nicht, was das bedeuten soll.“
    Robert Gordon zögerte.
    Moses hatte ihm nicht viel erzählt. „Pastor Weiß ist verschwunden, genauso wie
    seine Frau. Niemand weiß, ob sie tot oder noch am Leben sind. Mehr kann ich
    Ihnen auch nicht sagen.“ „Das wissen wir auch, Mister Gordon“, bemerkte Paul in
    abfälligem Ton. Er schien zu einem anderen Thema übergehen zu wollen, doch Emma
    fragte schnell: „Was waren sie für Menschen?“ „Ich habe sie nur zweimal
    besucht. Sie haben sich sehr für die Aborigines eingesetzt. Aber Pastor Weiß
    war sehr, sehr streng. Er war kein nachsichtiger Mensch.“ Er brach ab, und
    betretenes Schweigen breitete sich aus. Emma ließ die Worte auf sich wirken.
    Pastor Weiß war genauso wie Paul ... „Ich kannte ihn“, sagte Paul auf einmal.
    Emma glaubte sich verhört zu haben. „Paul!“ Das war alles, was sie
    herausbrachte. Sie konnte doch nicht vor John und einem Gast ihre Empörung so
    zeigen! Aber wieso hatte er ihr nie davon erzählt? Paul reagierte nicht auf
    ihren Ausruf, obwohl John und Robert Gordon überrascht aufsahen.
    „Pastor Weiß ist ,
    nicht war – noch wissen wir
    nicht, ob er tot ist, er ist ein sehr gläubiger und rechtschaffener Mann“,
    sagte er. „Kompromisslos, Pastor, unnachgiebig und hart,

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