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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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der Kaninchen, das Feuer in ihr loderte, sie
    presste sich an ihn, krallte ihre Finger in seinen Rücken, als müsse sie sich
    festhalten, wenn sie jetzt hinaufstiegen, in die Luft, in den Himmel ... Seine
    Zunge drängte sich zwischen ihre Lippen, sie öffnete sie bereitwillig, und ein
    Tosen und Brausen erfasste sie, als er sie küsste. Sie wollte schreien,
    stöhnen, sie presste sich verlangend an seinen Schenkel. Sie wollte erlöst
    werden von dieser verzehrenden Sehnsucht, diesem Schmerz ... Sie glaubte, die
    Welt stünde still und gleich würde sie sterben. Da hielt sie plötzlich inne.
    „Es darf nicht sein!“, sagte sie und wollte sich losreißen, doch ihr Körper
    gehorchte ihr nicht. „Emma“, flüsterte er und hielt sie fest. „Emma.“ Ihren
    Namen aus seinem Mund zu hören tat ihr weh. Sie konnte nichts erwidern, sie
    brachte kein Wort heraus. Da war nur dieses überwältigende Gefühl, dieses
    Feuer, das sie nicht mehr klar denken ließ, und zugleich wusste sie, dass sie
    es nie so weit hätte kommen lassen dürfen. Sie hätte ihr Leben gegeben für
    diese eine Nacht ...
    Sie löste sich aus
    seinen Armen. „Ich muss gehen!“, und ohne ihn noch einmal anzusehen, rannte sie
    ins Haus. Jeder Schritt, mit dem sie sich von ihm entfernte, machte die Wunde
    in ihrem Herzen tiefer, trieb ihr die Tränen in die Augen, und doch lief sie
    weiter, riss die Tür auf, stürzte ins Schlafzimmer, warf sich aufs Bett, das leer
    war, und presste ihr Gesicht in die Kissen. Lieber Gott, betete sie, nimm
    diesen Schmerz von mir! Diese Nacht hatte alles noch schlimmer gemacht.

    Von seinem Fenster aus
    hatte John das Windlicht flackern sehen, das Emmas Gesicht beleuchtete. Mit
    Paul hatte sie niemals dort gesessen, und ganz sicher nicht tief in der Nacht.
    Ein Kloß hatte sich in seiner Kehle gebildet, und im Magen ein Knoten. Er stand
    noch eine Zeit am Fenster und beobachtete sie. Und als sie mit dem anderen
    aufstand und hinter dem Haus in den Schatten verschwand, da zerriss es ihm das
    Herz.

11
    Damit hatte Robert nicht
    gerechnet. Nicht mit ihr! Was war nur in ihn gefahren, sie zu küssen? Sie war
    verheiratet, noch dazu mit einem Pastor! Ehebruch war eine große Sünde! So weit
    war es natürlich nicht gekommen ... Sie hatte ihm seine Ruhe geraubt. Er musste
    sie vergessen. Du haust so schnell
    wie möglich ab, hatte er sich gestern Nacht noch eingeschärft, und kommst nicht
    wieder. Er hatte so gut wie nicht geschlafen und sich gleich bei Sonnenaufgang
    mit seiner Kamera leise aus dem Haus geschlichen.
    Jetzt hatte er das
    Gefühl, wieder atmen zu können. Er blinzelte in den roten Feuerball und ging
    hinüber zur Kirche, wo er sich auf die Stufe hockte und wartete, bis es hell
    genug zum Fotografieren wäre. Er liebte den Morgen mit seinen langen Schatten,
    der würzigen und klaren Luft und den satten Farben. Irgendwann würde es
    einfacher sein, Farbfotos zu machen, irgendwann könnte er die Farben einfangen.
    Jetzt waren es Licht und Schatten, Nähe und Ferne, Schärfe und Unschärfe, die
    die Dramatik seiner Bilder ausmachten. Doch heute war alles anders. Er fand
    keine Ruhe, wenn er die Natur betrachtete. Seine Gedanken waren bei ihr, und
    sein Körper verzehrte sich vor Verlangen.
    Die Sonne war höher
    gestiegen. Das Licht dürfte bald genügen, dachte er, und so stand er auf und
    schlug den Weg zu den Hütten ein, wo schon ein Feuer brannte. „He!“, hörte er
    eine leise heisere Stimme. Er kannte sie. Er hatte sich bis auf wenige Schritte
    den Hütten genähert, als er Jalyuri erblickte, der mit nacktem Oberkörper, auf
    dem die breiten Narben deutlich hervortraten, auf ihn zukam. „Hast du meinem
    Bruder gesagt ...?“, fing Jalyuri an. Robert nickte. „Deshalb ist er nicht
    mitgekommen.“ Jalyuri schien zufrieden zu sein. „Komm hier, das ist mein Sohn.“
    Er machte ein Zeichen, und hinter einer Hütte kam ein schmächtiger Junge
    hervor. Jalyuri griff seinem Sohn ins Genick, als wäre er ein Kaninchen, und
    schob ihn vor sich her. Der Junge zog den Kopf ein und wand sich lachend unter
    dem Griff seines Vaters. „Komm, Kaninchen!“, Auch Jalyuri lachte.
    Robert zog die Beine des
    Holzstativs auseinander, auf dem er schon die Kamera montiert hatte und beugte
    sich zum Sucher. Jalyuri nahm die Hand vom Nacken seines Sohnes, und beide
    rührten sich nicht mehr. Das war Robert immer wieder aufgefallen, wenn er
    Aborigines fotografierte: Intuitiv wussten sie, dass sie sich nicht

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