Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)
hineingeworfen, ihn, den schmächtigen, den, der nie ein Wort sagte ...
„Wirklich ausgezeichnet, Eli!“, dröhnte Pastor Emig mit vollem Mund, „Sie
verpassen was, John, wirklich!“ „Danke, danke!“ John versuchte seinen Ekel zu
unterdrücken. Eleanor Rubys große Augen bekamen einen mitleidigen Ausdruck, und
mit gespitzten Lippen ihres kleinen Mundes, der sich in ihrem teigigen Gesicht
fast verlor, sagte sie: „Sie sind sehr streng mit sich, John Wittling!“ Er
stimmte ihr mit einem Nicken zu, da es ihm eine längere Erklärung ersparte, und
drängte sich hastig an ihr vorbei. An der kurzen Seite der Veranda, hinter
Eleanor Ruby, hatte John den Journalisten von der „Adelaide Post“ entdeckt,
einen Engländer, wie er sich mit Freude erinnerte. Auf ihn steuerte er zu. Zu
spät bemerkte er die spindeldürre Gestalt des Superintendenten des
Missionskomitees. von Johannes Reichel. Johannes Reichel tauchte plötzlich wie
ein spitzer Zaunpfahl vor ihm auf. „Seien Sie gegrüßt, Mister Wittling!“, sagte
der Superintendent dann auch schon mit seiner unangenehm knarzenden Stimme, die
John eine Gänsehaut über den Körper jagte. Widerwillig schüttelte er mit
gezwungenem Lächeln dessen Hand. „Na, wie fühlen Sie sich, so kurz vor Ihrem
Abschied aus der Zivilisation?“, krächzte der Superintendent und musste zu John
aufblicken, was dieser mit einer gewissen Genugtuung registrierte. „Nun, John
Wittling, wir werden Sie bald mal in Neumünster besuchen“, fuhr Reichel fort.
Er lacht, weil er weiß, dass das „Vorbeikommen“ nicht so einfach ist, dachte
John. Drei Tagesreisen mit dem Zug und siebenhundert Kilometer per Kamel. Der
Superintendent wollte einen Witz machen, doch es wurde keiner. John wippte
ungeduldig auf den Zehenspitzen. Der makellose Glanz seiner Schuhe tauchte vor
seinem inneren Auge auf und beruhigte ihn. „Ja, das tun Sie mal!“, erwiderte er
und wollte weiter zu dem Journalisten gehen, der gerade verloren die Straße
hinunterblickte. „Ach, Mister Wittling ...“ John blieb widerwillig stehen.
„Ja?“ „Wann kommt denn Ihre Frau?“ Die kleinen Augen des Superintendenten
hatten etwas Hinterhältiges, durchfuhr es John, und schlagartig fühlte er sich
diesem kleinen hässlichen Zwerg unterlegen ... Seine mühsam zurückerlangte
Gelassenheit war zunichte gemacht ... „Isabel, richtig?“, krächzte dieser Kerl
wieder. „Ja“, rang er sich ab. „Sie kommt nach.“ Über das faltige Gesicht des
Superintendenten – John wunderte sich jedes Mal, wenn er ihn sah, war er
doch noch gar nicht so alt, höchstens Anfang fünzig – breitete sich ein
listiges Lächeln. „Sie ist erkrankt, hat man mir gesagt. Hoffentlich nimmt ihre
Gesundheit in dem trockenen Klima von Neumünster nicht noch mehr Schaden.“
„Oh“, beeilte sich John zu versichern und schüttelte den Kopf, „der Arzt hat
keine Bedenken geäußert. Sie muss nur noch ein wenig die Meerluft genießen,
dann ...“ Ihm würde er ganz sicher nicht die Wahrheit sagen. Der Superintendent
kniff die Augen zusammen. „Sie wissen ja, lieber John Wittling, dass wir, dass
die Missionsleitung, es zur Bedingung gemacht hat ...“ „Sicher.“ John setzte
ein Lächeln auf. Er wusste, dass alle, die auf der Mission eingesetzt wurden,
verheiratet sein mussten. „Ich versichere Ihnen, Herr Superintendent, Isabel
kommt so schnell wie möglich nach. Es wird alles seine Richtigkeit haben.“ Mit
einem betont zuversichtlichen Lächeln verabschiedete er sich. „Wir würden auch
nichts anderes von Ihnen erwarten“, rief ihm Superintendent Reichel mit seiner
Krähenstimme noch nach, und John überhörte nicht den leisen Zweifel, die
angedeutete Drohung, die Reichel in diesem Satz versteckt hatte. Er drängte
sich weiter durch die herumstehenden Gäste, doch plötzlich wusste er nicht
mehr, ob er überhaupt mit dem Journalisten sprechen wollte.
16
„Da drüben!“ Albert Keil
deutete mit der Peitschenspitze auf eine Ansammlung von Häusern und drei spitze
Kirchtürme. „Tanunda! Wir sind gleich da.“ Hinter dem Dorf erhoben sich sanft
grüne Weinberge. Die Sonne blendete, und Emma musste ihre Augen mit der Hand
abschirmen. Rechts lag ein Friedhof. Die Grabsteine wurden hell von der Sonne
beschienen, an manchen Stellen glitzerten bunte Glassplitter, die in einige
Steine eingelassen waren. Aus der Ferne klang Blasmusik zu ihnen herüber.
„Alles Ihnen zu Ehren!“, rief Albert
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