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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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auf den Heimweg. Er musste sich einen sicheren Platz
    für die Nacht suchen. Er kannte ein kleines Wasserloch in der Nähe. Wenn er
    Glück hatte, bräuchte er dort nur ein wenig für eine Handvoll Wasser zu graben.
    Sein Schritt wurde schneller. In der Dunkelheit lauerten böse Geister, die
    einem die Knochen brachen oder einen zerfleischten.
    Jalyuri flog beinahe. Er
    sprang über scharfkantiges Geröll und spitzblättrige Büsche, rannte über den
    nächsten Hügel und dort direkt auf die Wasserstelle zu, fiel auf die Knie und
    sah hinunter. Es war nicht groß, vielleicht einen Arm lang im Durchmesser.
    Einen halben Arm tiefer war der Sand dunkler und feucht. Er wühlte mit beiden
    Händen, und tatsächlich: Kaum zwei Handbreit tiefer stieg Wasser hoch. Er
    beugte sich hinunter und trank. Ein
    wenig abseits des Wasserlochs, geschützt hinter einem runden
    Felsbrocken, würde er schlafen. Er sammelte Zweige und alte vertrocknete Äste,
    machte auf altbewährte Art Feuer und warf einen Lizard, den er gerade noch
    gefangen und getötet hatte, hinein. Der Lizard war klein und brauchte nicht lange,
    außerdem war Jalyuri hungrig. Es machte ihm nichts aus, wenn das Fleisch noch
    halb roh war. Mit den Fingern riss er den Körper auf, puhlte die Eingeweide
    heraus, warf sie ins Feuer und aß das Fleisch aus der Haut, wobei er die
    Knochen ins Feuer spuckte. Nach dem Essen verspürte er noch immer Durst, aber
    dann hätte er sich noch einmal in das Loch hinunterbeugen müssen, und dazu war
    er zu müde. So lehnte er sich an den von der Sonne gewärmten Felsbrocken und
    sah in den Himmel.
    Am Rand der Welt glühte
    die Sonne. Manchmal wünschte er sich, dort am Horizont zu stehen und hinunter
    in die Flammen des Universums zu blicken. Doch seine Augen könnten dieses Licht
    gar nicht sehen, ahnte er, es würde sie blenden, und er wäre blind für den Rest
    seines Lebens auf der Erde. Noch hörte er Vogellaute. Bald würden sie
    verstummen. Langsam verlosch das Feuer da hinten am Rand der Erde. Jalyuri
    legte sich neben das Feuer auf den Rücken, kaute Pituri und sah hinauf in den
    immer dunkler werdenden Himmel. Schon glitzerten einige Sterne. Noch musste er
    sie mühsam suchen. Aber bald wäre der Himmel von leuchtenden Punkten übersät,
    dann würde er die Milchstraße erkennen und die Sieben Schwestern.
    Er dachte an die
    Geschichte der Sieben Emu-Schwestern. Damals, in der Dreamtime, da begehrten
    die Dingo-Männer die sieben Emu-Schwestern, aber diese sträubten sich und
    flogen davon. Sie ließen sich unter einem Felsen nieder, doch die Dingo-Männer
    hatten einen sehr guten Spürsinn, dass sie sie sehr schnell fanden. Aber sie
    mussten sie unter dem Felsen hervorlocken, und so zündeten die Dingo-Männer ein
    Feuer an. Die Büsche verbrannten, und der Rauch trieb die Emu-Schwestern aus
    ihrem Versteck. Der Qualm hinderte sie am Fliegen, und die Dingo-Männer
    glaubten schon, sie hätten leichtes Spiel. Doch als die Emu-Schwestern über die
    brennenden Gräser und Büsche flohen, da wurden ihre Beine so lang, dass sie
    unglaublich schnell vorankamen. Sie rannten bis zum Ende der Erde, aber die
    Dingo-Männer folgten ihnen. Am Rand der Erde schließlich stiegen die
    verzweifelten Emu-Schwestern hinauf in den Himmel und wurden die Sterne der
    Sieben Schwestern. Die Dingo-Männer rannten auch in den Himmel und verwandelten
    sich in das Sternbild des Orion. Aber die Emu-Schwestern sind immer die Ersten,
    die den westlichen Horizont erreichen, und so sind sie wenigstens für eine Zeit
    sicher vor den sie begehrenden Dingo-Männern. Jalyuri lachte leise. Er rollte
    sich neben dem Feuer zusammen und dachte an die Dingo-Männer und an die
    Emu-Frauen, die über ihm ihr Spiel trieben.

2
    Als John McDouall Stuart
    1862 aufbrach, um den Kontinent von Süden nach Norden zu durchqueren und eine
    Landverbindung von Adelaide nach Port Darwin am Indischen Ozean zu finden,
    hielt er sich an die jahrtausendealten Pfade der Aborigines, die von Wasserloch
    zu Wasserloch durch die lebensfeindliche Wüste führten. Entlang dieser Route
    errichtete man später die Masten für die Telegrafenlinie, welche die per
    Unterwasserkabel von Java nach Port Darwin gesendeten Nachrichten über den
    australischen Kontinent in den Süden nach Adelaide leiten sollten. Was lag
    näher, als entlang dieser Route auch eine Eisenbahnlinie zu bauen?
    „Seit fast achtzig Jahren will man eine Eisenbahnlinie durch
    den Kontinent bauen, aber die Leute können

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