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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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sommersprossiges
    Gesicht, als habe er plötzlich Zahnschmerzen. „Ein wenig, sicher. Aber ...“, er
    sah John Wittling an, der wie schon am Tag zuvor mit übereinandergeschlagenen
    Beinen die Bibel in Aranda-Sprache studierte, „... wir haben die Aufgabe,
    Gottes Wort zu verbreiten und nicht die Zauberei der Medizinmänner zu
    erforschen.“ „Da haben Sie sicherlich Recht, Herr Pastor. Allerdings: Ich
    denke, Sie werden meiner Feststellung zustimmen, dass Sie Ihren Gegner kennen
    müssen, wenn Sie gegen ihn kämpfen wollen.“ Der Schwede lächelte. „Das ist es
    doch, was Sie wollen, Herr Pastor, oder? Ihnen die Überlegenheit des
    christlichen Glaubens gegenüber ihrer Naturreligion beweisen!“ Paul antwortete
    nicht gleich. Er betrachtete den Schweden wie einen seltsamen Gegenstand, sah
    dann an Emma vorbei zum Fenster hinaus. Die Berge waren jetzt spärlich
    bewaldet, Büsche wuchsen wie Nadelkissen auf der gelblichen steinigen Erde.
    „Ja“, sagte er schließlich, als er Gustavsson wieder ansah. „Sie haben Recht.“
    Gustavsson nickte befriedigt, drehte sich zum Fenster und strich über seinen
    Schnurrbart. „Alles ist Schwingung“, sagte er schließlich, während er versonnen
    die vorüberziehende Landschaft betrachtete. „Alles schwingt, nur die Frequenzen
    sind unterschiedlich.“ Er sah zu Paul, der
    nichts darauf erwiderte. „Unsere Gedanken sind Schwingung, und unsere
    Körper auch“, redete Gustavsson weiter. „Mit unseren bescheidenen Sinnesorganen
    - mein Gott, verglichen mit einem Hund oder einer Katze oder gar einem Vogel,
    sind wir blind und taub! – nehmen wir nur ganz bestimmte Schwingungen
    wahr. Wir sehen ja auch nur bestimmte Farben, hören nur bestimmte Töne.
    Trotzdem existieren auch andere Farben, andere Töne – warum sollte es
    keine andere Wesen geben? Geister unserer Ahnen? Sie schwingen lediglich in
    einer anderen Frequenz als wir.“ Er zwirbelte an den Enden seines Schnurrbarts.
    „Medizinmänner können die Schwingungen ihrer Gedanken so verändern, dass sie
    sich an die Frequenz anderer Geistwesen anpassen, und so können sie Kontakt zu
    ihnen aufnehmen. Wussten Sie das, Herr Pastor?“ Paul zuckte kurz die Schultern.
    Über sein Gesicht zog sich ein müdes Lächeln. „Etwas Ähnliches haben die
    Mystiker erfahren. Nur, dass es da um Gott geht. Doch wozu brauchen wir das
    alles? Wir haben das Wort Gottes. Die Bibel. Da steht das Geheimnis drin! Wir
    brauchen keinen Hokuspokus!“ Der schwedische Gelehrte lächelte hintergründig
    und zupfte vergnügt an seinem Schnurbart. „Sehen Sie, Herr Pastor, das
    unterscheidet uns. Ich bin Wissenschaftler, ich bin neugierig und sage niemals:
    Das brauchen wir nicht.“ Doch Paul gab sich nicht so leicht geschlagen. Auch er
    lächelte. „Und wohin, verehrter Herr Gelehrter, hat uns Ihre Neugier gebracht?
    Wir haben wunderbar schreckliche Waffen erfunden: Giftgase, Bomben, Torpedos,
    die Millionen von Menschenleben
    ausgelöscht haben. Hielten wir uns an Gottes Wort, hätten wir die Waffen gar
    nicht erfinden dürfen!“ „Ha! Der Mensch ist in dieser Hinsicht eben noch wie
    ein Kind! Alles, was er machen kann, das macht er auch. Er muss sich immer
    weiter entwickeln, ausprobieren und dann selbst entscheiden.“ „Nein, nein, er
    muss zu Gott finden.“ „Er muss lernen, mit seiner Freiheit umzugehen, und er
    muss es aufgeben, anderen seinen Willen aufzuzwingen. Kurz: Er muss endlich die
    Freiheit des anderen respektieren!“ „Wir zwingen niemandem unseren Willen auf,
    wenn Sie auf die Missionierung der Kirche anspielen, Herr Gustavsson.“ „Nein?
    Überall, wo ich war, in Afrika, in Grönland, und auch hier, verbieten die
    Missionare den Eingeborenen, ihre Traditionen weiter zu leben.“ „Wenn sie Christen
    werden, brauchen sie diese heidnischen Traditionen nicht mehr. Sie beten doch
    auch nicht den Teufel an, wenn Sie sich für Gott entschieden haben, oder?“
    „Ach, Herr Pastor ...Dass ihr Leute von der Kirche immer gleich mit dem Teufel
    daher kommen müsst!“ Der Schwede schüttelte den Kopf und verzog den Mund zu
    einem spöttischen Lächeln. „Die Regenbogenschlange ist kein Teufel; Tya, die
    Erde, ebenso wenig; auch Baiame, der Schöpfergott, nicht oder Bunbulama, der
    Regenmachergeist ...“ „Herr Gustavsson“, unterbrach ihn Paul ungehalten, „Sie
    verharmlosen die ganze Angelegenheit, dabei geht es Ihnen, mit Verlaub, doch
    nur darum, den Status quo zu erhalten, damit Sie die Wilden mit

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