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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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jahrelang nur
    von ihrem Fleisch gelebt“, sagte Alma, „ganz am Anfang. Jetzt kann ich es nicht
    mehr riechen!“ Das Horn der Eisenbahn zerriss die Stille. Das Känguru hüpfte
    mit weiten Sprüngen davon, und die Reisenden tranken ihre Tassen aus, nahmen
    ihr Gepäck und strebten dem
    wartenden Zug zu. „Sagen Sie“, fragte Emma, als sie neben Alma Kinsley über die
    staubige Erde ging, „wie machen Sie das mit Ihren weißen Kleidern?“ „Oh, ganz
    einfach: Ich wasche sie jeden Tag.“ Emma sah an sich herunter. Ihr
    beigefarbenes Kleid vom Vortag war schneller schmutzig geworden, als sie
    gedacht hatte. Sie hatte es nur an einigen Stellen mit etwas Wasser und Seife
    bearbeitet, und jetzt kam sie sich gegen Alma Kinsley in ihrem blütenweißen
    Kleid schmuddelig vor. „Wissen
    Sie“, fügte Alma Kinsley hinzu, „man muss ihnen ein Vorbild sein.“ Emma begriff
    nicht gleich, worauf sie hinauswollte, vielleicht hatte sie es nur nicht
    richtig verstanden, ihr Englisch war noch nicht allzu gut. „Wem?“, fragte sie
    deshalb. Da lächelte Alma Kinsley nachsichtig. „Sie haben sie noch nicht
    gesehen, nicht wahr?“ Emma verstand noch immer nicht. „Die Eingeborenen, die
    Frauen“, erklärte Alma. „Man muss ihnen Hygiene beibringen. Sie wissen nicht,
    dass man sich waschen muss. Sie schlafen bei den Hunden und waschen sich
    nicht.“ Sie seufzte und sah an Emma vorbei, irgendwohin in die Ferne. „Ach,
    wissen Sie, manchmal wäre ich gern woanders.“ Alma Kinsley hatte die Hand auf
    das Geländer des Einstiegs gelegt und sah zurück auf das staubige Land. Ein
    wehmütiger Ausdruck trat in ihre Augen. „Ich sehne mich nach süßen, schweren
    Düften. Aber in der Wüste, da gibt es nur herbe, würzige Gerüche oder den
    Gestank der Rinder und Kamele.“ Abrupt drehte sie sich um und stieg die Stufen
    in den Waggon hinauf. Emma sog die Luft ein. Sie roch nach Ruß.
    Der Lokführer musste
    noch ein paar Mal das Horn betätigen, da zwei Passagiere fehlten. Das Ehepaar
    aus Alma Kinsleys Abteil hatte wohl verschlafen. Emma und Alma lehnten sich aus
    dem Fenster und beobachteten, wie die beiden herbeirannten. Er mit nicht ganz
    zugeknöpftem Hemd und übergeworfener Jacke, sie mit wehendem Kleid und
    ungekämmtem Haar. Wie eine ungebändigte Mähne umgab es ihr Gesicht. „Stellen
    Sie sich vor“, sagte Alma amüsiert zu Emma, „wenn wir ohne sie fahren würden,
    müssten sie zwei Wochen hier warten!“ „He!“, rief der Lokführer von der Lok
    herunter, „tut mir Leid, dass ich euch gestört habe!“ Dabei lachte er dröhnend
    und ließ noch dreimal das Horn ertönen.

    Der schwedische Gelehrte
    hatte einen schweren Koffer von den zwei Jungen des Quorn Hotels zum Zug
    schleppen lassen. Paul hatte ihm angeboten, in ihrem Abteil Platz zu nehmen,
    und freudig hatte Carl Gustavsson zugestimmt. Nun saß er in seinem Tropenanzug
    neben John Wittling und gegenüber von Paul und rieb sich in freudiger Erwartung
    die Hände. Auf seinem von der Sonne gebräunten schmalen Gesicht lag ständig ein
    neugieriges Lächeln; mit wachen Augen betrachtete er alles und notierte es mit
    gespitztem Mund unter dem gezwirbelten Schurrbart in ein kleines schwarzes
    Heft. Emma fiel auf, dass John Wittling genauso korrekt frisiert und gekleidet
    war wie schon am Vortag. Auch Paul machte keinen vernachlässigten Eindruck, und
    dennoch, John wirkte einfach wie aus dem Ei gepellt. Dabei hatte er keine Frau,
    die darauf achtete. Wie er immer wieder seine gepflegten Hände betrachtete oder
    Staub von seinem Anzug klopfte, Staub, der gar nicht da war ... als ob er sich
    davor fürchtete. Wie sollte er die Reise durch die Wüste überstehen? Und gar
    die Zeit auf der Missionsstation? Wieso hatte er sich überhaupt für diese
    Aufgabe zur Verfügung gestellt? In diesem Augenblick sah er auf, und sie
    spürte, wie sie errötete, da er bemerkt haben musste, dass sie ihn gemustert
    hatte.
    Der Zug kämpfte sich
    über den steilen Pichi-Richi-Pass, immer weiter, Kilometer für Kilometer. Sie
    erreichten Hawker, einen größeren Ort, wo niemand einstieg, wo aber Kisten auf
    einen Pritschenwagen geladen wurden. Erst auf der Rückfahrt würden hier
    massenweise Ballen mit Wolle mitgenommen werden, die in Port Augusta verschifft
    würden.
    „Haben Sie sich“, fragte Carl Gustavsson auf einmal und sah
    Paul an - Emma existierte für ihn nicht als Gesprächspartnerin - „mit dem
    Wissen der Medizinmänner beschäftig?“ Paul verzog sein

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