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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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ihren
    Eigenarten studieren können wie ... wie seltene Schmetterlinge.“ „Hoho! Herr Pastor,
    das ist ein starkes Wort ...“ In diesem Moment erscholl ein schriller Pfiff,
    die Räder blockierten, mit metallischem Kreischen schlitterten sie über die
    Schienen, bis sie schließlich zum Stehen kamen und nur noch das Schnaufen der
    Lok zu hören war. Emma sprang auf und steckte den Kopf zum Fenster hinaus. „Was
    ist denn los?“, fragte Alma. Der makellos weiße Kragen ihrer Bluse flatterte im
    Wind, der scharf über die Ebene wehte. Die Sonne schien, der Himmel war blau,
    bis auf ein paar wenige unbedeutende Wolken. Paul und Carl Gustavsson kamen zu
    Emma ans Fenster und lehnten sich hinaus. Bis auf das Schnaufen der Lok war es
    still. So still, wie es nur in einer weiten Landschaft sein kann. Gelblich
    rote, steinige Berge erhoben sich ringsum. Es war ein raues, nicht zum Bleiben
    einladendes Land, das sie durchquerten, in der Hoffnung, irgendwann doch auf
    einen Platz zu stoßen, der in dieser Wüste verborgen liegen könnte und seit
    ewigen Zeiten einfach nur vergessen worden war. „Wir werden es erfahren.“ Carl
    Gustavsson zuckte seine schiefen Schultern und setzte sich wieder neben John
    Wittling, der in seiner Ecke kauerte. Emma hatte sich schon gefragt, ob John
    Wittling sich nicht gut fühlte. Etwas in seinem Verhalten machte sie unsicher.
    Ja, sie fürchtete, von ihm beobachtet zu werden, als warte er nur darauf, dass
    sie versagte.

6
    „Sehen Sie nur!“, rief
    Alma und deutete nach vorn zur Lok, der sich eine gelbliche Staubwolke näherte.
    „Manchmal kommen die einfach nur, weil sie mit dem Lokführer ein Schwätzchen halten
    wollen.“ Emma erkannte ein Auto, das in halsbrecherischer Fahrt über Steine und
    Büsche heranraste. „Wirklich?“, fragte sie ungläubig. „Wenn ich’s Ihnen doch
    sage!“ Der junge Mann und seine Frau, deren Köpfe neben Alma am Fenster
    erschienen, stimmten ihr zu. Sie stellten sich Emma als Albert und Linda
    Bartlett vor, die in Oodnadatta ein Hotel übernehmen würden. „Ja, hier ist so
    wenig los, dass die Leute ganz versessen darauf sind, Neuigkeiten zu erfahren“,
    sagte Albert Bartlett belustigt. Sein Gesicht sah seltsam aus. Nur die Stirn,
    die durch einen Hut beschattet war, war weiß, alles andere war von der Sonne
    gegerbt. Mit seinem kantigen Kopf, dem gedrungenen Hals und den weit
    auseinander stehenden Augen erinnerte er Emma an einen der Knechte auf dem Hof
    ihrer Großeltern. Linda Bartletts Kopfform ähnelte der ihres Mannes; die beiden
    hätten Geschwister sein können. Nur Lindas Mund war breiter, und ihr
    Unterkiefer weiter nach vorn geschoben, was Durchsetzungskraft, Hartnäckigkeit
    und Verbissenheit vermittelte. Emma konnte sich gut vorstellen, wie sie sich
    gegen aufmüpfige Gäste resolut wehren konnte. Inzwischen hatte der offene Wagen
    neben der Lok angehalten. Am Steuer saß eine Frau, die sich heftig
    gestikulierend mit dem Lokführer unterhielt. „Was zum Teufel verhandeln die
    da?“, fragte Albert Bartlett und schob sein Kinn vor. „Keine Ahnung“, gab Alma
    zurück. Der Lokführer kletterte von der Plattform der Lokomotive, ging zum Auto
    und sprach mit der Frau. Er zeigte mit seinem mächtigen Arm auf den Waggon, aus
    dem Emma und die anderen Mitreisenden sich hinauslehnten. Das Auto fuhr los und
    hielt vor der Leiter ihres Waggons. Auf dem Rücksitz lag eine in eine Decke
    gehüllte Gestalt. „Bitte, helfen Sie mir!“, keuchte die Fahrerin und sah
    hinauf. Ihr Gesicht war gerötet und angstverzerrt. Der Wind hatte ihren
    Haarknoten ganz zerrupft, lange braune Haarsträhnen wehten wie Federn um ihren
    Kopf. Man hätte Vernachlässigung vermuten können, wäre da nicht die blütenreine
    Bluse, deren Stehbund sie bis oben hin zugeknöpft hatte. „Mein Mann muss zu
    einem Arzt!“ Sie riss die Wagentür auf und stolperte fast, als sie um die
    staubige Motorhaube herumhastete. Albert, John und auch Paul stiegen aus, und
    der Lokführer hatte inzwischen im Laufschritt das Auto erreicht.
    „Wir brauchen eine freie Bank!“, rief der Lokführer, während
    Paul, Albert und John versuchten, den Mann auf dem Autorücksitz aufzurichten.
    „Was hat er denn?“, rief Linda Bartlett hinunter, doch niemand antwortete ihr.
    „Hoffentlich nichts Ansteckendes!“, meinte Alma. „Seien Sie vorsichtig! Er ist
    sehr schwach!“ Die Frau drängte sich zwischen Paul und John, die den Mann halb
    aufgerichtet hatten und seine Arme um ihre

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