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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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Umschläge und nahm seinen Puls, der
    unverändert hart und langsam ging. Verzweifelt suchte sie nach
    Krankheitsbildern, aber ohne genauere Untersuchungen, die sie hier nicht
    vornehmen konnte, war sie ratlos. Sie wollte sich schon wieder auf die Bank
    zurücksetzen, als Sam sich zu ihr drehte und ihr in die Augen sah. „Was wollen
    Sie mir sagen, Sam?“ Seine Lippen und seine Augenlider zitterten. „Was sagt
    er?“ Gustavsson beugte sich zu Emma hinunter. „Ich weiß nicht.“ Sam öffnete die
    Lippen. „Der Knochen“, stieß er kaum hörbar hervor, „bitte ...“ Emma beugte
    sich noch näher zu ihm. „Ja?“ Ein Aufflackern zuckte durch seinen Blick, die
    Lippen bebten kurz, dann verdrehten sich die Augen, und er wurde ohnmächtig.
    Carl Gustavsson stöhnte enttäuscht auf. John und Paul starrten noch immer
    gebannt auf den Kranken, während Emma versuchte, Sam aus seiner Ohnmacht zu
    holen. Er atmete tief, und so nahm sie an, dass er schlief. Sie konnte nur
    hoffen, dass sie rechtzeitig in Marree ankamen und der dortige Arzt die
    Krankheit, was immer es auch war, behandeln konnte. Der Schwede zwirbelte
    nachdenklich seinen blonden Schnurrbart und sah, zum Fenster hinaus auf ein
    weites, gebirgiges Land, das die Eisenbahnschienen durchschnitten. Tickeditacktickeditack
    - John und Paul waren inzwischen eingenickt.
    „Marree hat eine sehr
    interessante Geschichte“, sagte Carl Gustavsson auf einmal. Emma war sich nicht
    sicher, ob er sich an sie wandte oder einfach nur mit sich selbst sprach.
    „Dieser Ort wurde auf einer Expedition von John McDouall Stuart entdeckt.“
    Diesmal sah er sie tatsächlich an, und sie bemerkte, dass er wässrige blaue
    Augen hatte. „Sie wissen schon, derjenige, der den Kontinent von Süden nach
    Norden durchquert hat.“ Ja, Emma erinnerte sich. „Auf dieser Expedition haben
    seine Leute sieben artesische Quellen entdeckt, die Orte wurden nach deren
    Namen benannt.“ Der Schwede sah verträumt nach draußen, auf seinen Zügen lag
    ein merkwürdiges Lächeln. „Joseph Albert Herrgott war ein deutscher Botaniker,
    und Stuart taufte den Ort Hergott Springs. Die Quelle wurde zum staatlichen
    Wasserreservoir erklärt. Viehzüchter kamen, und beim Bau der Overland Telegraph
    Line wurde Hergott Springs zu einem Hauptunterstützungslager. Im Jahre 1883 hat
    man den Ort dann offiziell Marree getauft. Inoffiziell hieß er weiterhin
    Hergott Springs, bis zum Krieg, da hat man ihn endgültig Marree genannt. Wissen
    Sie, was Marree heißt?“ Er wandte seinen Blick wieder Emma zu. Sie schüttelte
    den Kopf. „Es kommt vom
    Aborigine-Wort Mari . Viele Oppossums .“ Sein Gesicht verzog
    sich zu einem spöttischen Lächeln. „Mal sehen, was wir heute Abend zum Essen
    vorgesetzt bekommen.“ Emma konnte seine Art von Humor nicht teilen und nickte
    nur höflich.
    Der Zug hielt an einigen
    weiteren Stationen. In Leigh Creek, hieß es, würden auf dem Rückweg Tonnen von
    Braunkohle mitgenommen, und als Emma aus dem Fenster sah, konnte sie eine
    Gruppe von Männern mit rußgeschwärzten Gesichtern und in schmutzigen
    Arbeitskleidern erkennen, die sich voneinander verabschiedeten. Sie passierten
    weitere Orte, an denen sie jeweils anhielten, Gepäck und auch den einen oder
    anderen Reisenden mitnahmen. Parachilna, Copley, Beltana und Farina. Der nächste Halt wäre Marree –
    die Endstation für den heutigen Tag. „Wir sehen nur, was wir kennen“, murmelte
    Carl Gustavsson nachdenklich und zwirbelte seinen Schnurrbart.

    7
    Die Sonne stand schon
    tief am Horizont, als die Lok ihre schrillen Pfiffe ausstieß. Bald darauf gaben
    die Maschinen nur noch ein erschöpftes Schnaufen von sich, dann folgte ein
    letzter Ruck, und der Zug stand. Erleichtert atmete Emma auf. Sams Zustand
    hatte sich nicht verändert. Sein Puls ging hart und langsam, seine Stirn fühlte
    sich heiß an, war jedoch nicht mehr so feucht wie noch vor Stunden. Er hatte
    nichts mehr gesagt, nur noch hin und wieder mit den Lippen stumme Laute
    geformt. Durch das Fenster erkannte Emma hinter einem flachen Gebäude aus
    rötlichen Steinen die Schatten verstreut liegender Häuser. Dunkelhäutige Männer
    in zerbeulten Hosen und Jacken eilten zu den Leitern der Waggons, um Gepäck zu
    tragen oder Güter abzuladen. Weiter rechts bemerkte Emma vier in lange Gewänder
    gehüllte Männer mit einem Turban auf dem Kopf. Sie gestikulierten heftig und
    zeigten zu einem der hinteren Waggons. Der Wind zerrte an ihren

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