Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
Vom Netzwerk:
Windhauch über ihren nackten Körper
    strich. Sie tauchte ihren Kopf in den Eimer, um ihr Haar zu waschen, und als
    sie ihn wieder hob, fühlte sie sich wie neugeboren. Ihre Erschöpfung hatte sich
    in Nichts aufgelöst! Sie nahm ein Handtuch und trocknete zuerst ihr Haar, dann
    ihre Haut ab. Sie sah hinauf in den Himmel. Vier graurosafarbene Papageien
    flogen über sie hinweg und ließen sich auf den obersten Ästen des Baums nieder,
    unter dem John an den Kisten lehnte. Im Westen färbte sich der Himmel
    allmählich rötlich, im Osten wurde er dunkler. Da, jetzt erst bemerkte sie,
    dass der Mond schon aufgegangen war, eine blasse halbe Scheibe ... ein Mond aus
    Blech, dachte sie.
    War es nicht wunderschön
    hier? Und diese friedvolle Stille! Die Wüste besaß ihre eigene Schönheit. Emma
    nahm den Kamm, einen feinen aus dunklem Horn, und während sie ihn durch ihr
    Haar zog, erinnerte sich wieder an zu Hause. Ob ihr Vater vielleicht doch
    zurückgekommen war? Ihre Mutter kam ihr in den Sinn. Was sie wohl gerade tat?
    Und ihr Bruder? War er wieder vernünftig geworden und hatte sich von seinen
    zerstörungswütigen Kameraden gelöst? Ob sie zu Hause auch wohl ab und zu an sie
    hier in Australien dachten?
    Sie müsste wieder
    schreiben. Während der ganzen Reise von Adelaide bis Oodnadatta hatte sie es
    nicht getan. Es war ihr nicht danach gewesen, sie war viel zu sehr von all dem
    Neuen und Fremden beansprucht gewesen. Sie musste es erst begreifen, bevor sie
    in Briefen darüber berichten konnte. Sie kämmte ihr Haar, atmete die Luft ein,
    die scharfe Mischung aus Pferde-, Rinder-und Kamelgeruch, doch da war auch das
    andere, das, was schon vorher, schon
    Jahrmillionen vorher, da gewesen war: der Duft der feinen Gräser und
    silbrigen Blätter, der winzigen gelben Blüten, die sich über der kargen
    rötlichen Erde ausbreiteten, der moosige Geruch des Wasserlochs, in dem sich
    der Mond spiegelte, der Geruch nach feinem Staub ...
    Sie fuhr zusammen. Durch
    den schmalen Spalt zwischen den Tüchern starrten zwei fremde Augen aus einem
    dunklen Gesicht sie an. Hassan! Sie zerrte das Handtuch vor ihren nackten
    Körper, wollte schreien, doch sie brachte keinen Ton heraus. Da waren die Augen
    auch schon verschwunden. Hastig zog sie sich an, knöpfte ihre frisch gewaschene
    Bluse zu, wickelte das Handtuch wie einen Turban um ihren Kopf, stürzte zwischen
    den Tüchern hervor und sah sich um. Aber da war niemand, nur die offene Weite
    des Landes ... und hinter ihr das Camp. Hatte sie sich die Augen und das dunkle
    Gesicht nur eingebildet? War das überhaupt Hassan gewesen? Langsam ging sie
    hinüber zum Lager, wo das Feuer sich nun deutlich heller gegen die
    hereinbrechende Dunkelheit abhob.
    John hatte seinen Platz
    verlassen und sich ans Feuer gesetzt, in das er gerade einen weiteren Ast
    schob. Paul stand gebückt an der Proviantkiste.
    „Wo ist Hassan?“, fragte
    sie.
    John sah auf, auf seinem
    Gesicht zeigte sich ein Anflug von Verwunderung, wohl weil sie so plötzlich
    aufgetaucht war. „Er wird irgendwo bei den Kamelen sein“, antwortete er. Sie
    war sicher, dass Hassan sie beobachtet hatte. Oh, wie beschmutzt sie sich fühlte!
    Paul setzte sich zu ihnen ans Feuer, stellte einen Teller mit Scheiben von
    kaltem, gesalzenem Braten ab und legte ein paar Stücke Brot daneben. „Bald
    müssen wir uns wohl auch Damper machen“, meinte Paul. „Unser Brot geht zu
    Ende.“ Er streifte Emma mit einem kurzen Blick, den sie nicht deuten konnte,
    und sagte: „Wir wollen beten.“ Sie falteten die Hände. Emma sah ins Feuer. Ihre
    Kehle war zugeschnürt, ihre Zunge schwer. Wenn sie doch nur mit einem Menschen
    vertrauensvoll reden könnte. Aber da war niemand ... „Herr, unser Gott, wir
    danken dir für Speis und Trank. Wir gehen den Weg, den du für uns bestimmt
    hast. Gib uns die Kraft, die Ausdauer und
    Zuversicht, diese Aufgabe zu bestehen. Darum bitten wir dich. Amen“,
    betete Paul. „Amen“, murmelte John, und Emma blickte vom Feuer auf.
    Paul nahm Brot und Fleisch und begann zu
    essen. John tat es ihm nach, aber Emma verspürte weder Hunger noch Appetit. Im
    Gegenteil, der Geruch des gesalzenen Fleischs ekelte sie ungemein. Dabei war
    sie sonst nicht so empfindlich oder gar verwöhnt! Ihr war kalt. Sie hätte sich
    wohl doch nicht so spät waschen sollen. Niemand sagte etwas. Es war still, nur
    die Äste im Feuer knackten. „Warum kommt Hassan nicht?“, fragte sie in die
    Stille hinein. „Er muss doch auch

Weitere Kostenlose Bücher