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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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hungrig sein.“ „Vielleicht hat er was anderes
    gegessen.“ John steckte ein Stück faseriges Fleisch in den Mund und ließ seinen
    Blick hinüber zum Wasserloch wandern, das jetzt wie ein schwarzer, glänzender
    See aus Pech da lag. Am Himmel blitzten die ersten Sterne auf, und der vorhin
    noch blechern schimmernde Mond war fast schon golden. Paul stand auf. „Sein
    Hund ist auch nicht da. Ich geh’ mal nachsehen.“ Damit stapfte er mit schwerem
    Schritt in Richtung des Wasserlochs. Das Knirschen seiner Sohlen auf dem
    steinigen Sand wurde immer leiser. Bald hatte die Dunkelheit ihn verschluckt.
    John reichte Emma den Teller mit Fleisch, doch sie schüttelte den Kopf. „Ich
    habe keinen Appetit“, sagte sie rasch. „Wir haben noch einen langen Weg vor
    uns. Sie müssen bei Kräften bleiben.“ Sie seufzte. „Ich weiß. Aber ich kann
    nichts essen.“ Er musterte sie besorgt. „Fühlen Sie sich nicht wohl?“ „Es geht
    mir gut!“, wehrte sie rasch ab, obwohl sie sich ganz und gar nicht gesund
    fühlte, aber sie wollte unter keinen Umständen Schwäche zeigen. Das war ihr
    auch als Krankenschwester im Krankenhaus nie gestattet gewesen. Selbst mit
    entzündeten Mandeln und Fieber hatte sie noch gearbeitet, denn wenn sie sich
    krank gemeldet hätte und zu Hause geblieben wäre – das hatte ihr die Oberin
    unmissverständlich zu verstehen gegeben -, hätte sie ihre Stelle verloren. „Es
    ist sicher nur das ungewohnte Klima“, versicherte sie. Emma wusste, dass er ihr
    nicht glaubte. Aber er erwiderte nichts, sondern sah in die gelben Flammen des
    Feuers, in dem gerade ein dicker Ast verglühte.
    Nein, das glaube ich ihr
    nicht, dachte er. „Die Wüste“, begann er, „scheint ohne Anfang und ohne Ende zu
    sein. Nach einer Sanddüne kommt die nächste und dann wieder eine und wieder
    eine ...“ Sie nickte und starrte wie er ins Feuer. Er sprach ihr aus dem
    Herzen. „Ja“, sagte sie, „ich fühle mich wie diese verlorenen Gestalten auf
    alten Gemälden, Gestalten ohne Gesichter ...“ Sie brach ab. „Ja ... die
    irgendwo in der unendlichen Weite einer Landschaft stehen, mit einem
    Spazierstock und einem winzigen Rucksack, nicht wahr?“ Er lächelte sogar.
    Sie sah ihm überrascht
    in die dunklen Augen und nickte. „Ja.“ Verstand er tatsächlich, was sie meinte?
    „Fühlen Sie sich denn auch ... verloren?“, fragte sie. Er wich ihrem Blick aus,
    sah in die Flammen. „Manchmal ...“, sagte er schließlich, „aber dann erinnere
    ich mich, dass Gott da ist, dass ich ihn nur rufen muss. Wir fühlen uns
    verloren, weil wir Gott vergessen.“ Er legte einen kurzen, dicken Ast ins
    Feuer, an dem die Flammen gierig leckten. Seine dunklen, tief liegenden Augen
    glänzten im Schein des Feuers. Trotzdem, dachte sie, auch wenn er behauptet, er
    würde Gott anrufen, wirkt er verlassen. Wie jemand, der nie irgendwo dazugehört
    ... jemand, der in seinem Innersten etwas verbirgt und sich davor fürchtet, das
    Geheimnis jemandem anzuvertrauen. „Denken Sie oft an Isabel?“ Emma sah ihn
    an.
    Er schnitt mit einem
    Jagdmesser ein Stück Brot von dem Rest des harten Laibs. Warum fragt sie mich
    das?, dachte er. Was will sie hören? „Man denkt an vieles, an alle möglichen
    Dinge, wenn man den ganzen Tag auf dem Kutschbock sitzt“, antwortete er
    ausweichend.
    Sie musterte ihn. Warum
    konnte er nie eine direkte Antwort geben? „Machen Sie sich Sorgen um sie?“
    Vielleicht, dachte sie, ging es seiner Frau ja viel schlechter, und er hatte
    sie und Paul nicht damit belasten wollen. Er schien ein sehr verschlossener
    Mensch zu sein, der andere nicht an seinen Gefühlen teilhaben ließ.
    Er zögerte und steckte
    das Stück Brot in den Mund. Sollte er ihr anvertrauen, dass er kaum noch
    Hoffnung hatte, dass Isabel irgendwann nachkäme? Ja, dass er selbst nicht mehr
    sicher war, ob er es überhaupt noch wünschte? „Sind Sie schon lange
    verheiratet?“, fragte sie, als er nicht antwortete. Er schüttelte den Kopf.
    „Erst seit einem Jahr.“
    Sie dachte daran, dass
    sie erst zwei Tage mit Paul verheiratet war, als sie sich auf den Weg nach
    Australien machten. Wie sicher sie gewesen war, das Richtige zu tun! Und jetzt?
    Paul war ihr fremd geworden.
    „John?“, fragte sie vorsichtig.
    Er blickte auf. Der
    helle Schein der Flammen tanzte auf ihrem Gesicht und in ihren Augen. Wie schön
    sie ist ... Ihr Haar leuchtet golden ... „Ich mache mir Sorgen um Paul“, sagte
    sie. Er spürte Wut in sich

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