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Das Leuchten der schottischen Wälder

Das Leuchten der schottischen Wälder

Titel: Das Leuchten der schottischen Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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als früher fuhr der Ranger Patrick McDoneral seit einigen Tagen durch Broadfield. Er selbst fand immer eine Entschuldigung für seine Umwege, die Frauen im Dorf aber, die den gutaussehenden und leider so verschlossenen Ranger beobachteten, amüsierten sich über seine häufigen Dienstfahrten. Jede Bewegung auf der Dorfstraße, jedes Auto, jeder Tourist wurden von ihnen beäugt und kommentiert. Es passierte eben zu selten, dass sich etwas Aufregendes in Broadfield ereignete.
    An diesem Nachmittag hatten sie ihn sogar zwei Mal gesehen, denn Patrick McDoneral hatte das Cabrio oben vor dem Arzthaus entdeckt. Und das störte ihn. Dieses Auto war ihm seit Jahren bekannt. Er wusste, dass der Besitzer ein jährlich wiederkehrender Gast auf der Brownsen-Farm war. Und er wusste auch, dass dieser Fremde ein beneidenswert gutaussehender Mann war. Und nun parkte sein Auto seit Stunden vor dem Arzthaus. Ist er hier als Patient? Aber welche Behandlung dauert stundenlang, überlegte Patrick McDoneral. Oder ist er ein privater Besucher? Ein höflicher Mann dehnt doch keine Teestunde vom frühen Nachmittag bis in die Abendstunden aus? Er muss doch wissen, dass er eine alleinstehende Frau ins Gerede bringt. Ich bin besorgt, stellte er, über sich selbst erstaunt, fest. Schließlich ist diese Frau ganz allein im Haus. Vielleicht wird sie belästigt? Vielleicht wird sie diesen Dandy nicht wieder los?
    Unwillig schüttelte er den Kopf. Hör auf mit diesen Gedanken. Du hast sie einmal aus dem Dreck gezogen, das muss reichen. Du bist nicht für sie verantwortlich, also hör auf, deine Nerven zu strapazieren.
    Als er eine Stunde später zum dritten Mal in die Straße einbiegen wollte, war das Auto verschwunden. Na also, dachte er und fuhr geradeaus weiter. Muss ich mich also nicht mehr darum kümmern. Er fuhr zurück in sein entferntes Försterhaus. Wenn ich Lady heute noch bewegen will, muss ich mich beeilen. In einer Stunde ist es dunkel. Diese Frau hat mich ganz schön aufgehalten.
    Er lenkte den Wagen in die Einfahrt zu seinem Haus. Dankbar sah er sich um. Das war sein Heim. Ihm gefiel die Abgeschiedenheit. Die verwitterten, mit Efeu überwucherten Mauern, das mit grauen, verblichenen Schindeln gedeckte Hausdach, die kleinen Fenster, deren Rahmen dringend einen neuen Anstrich brauchten, und die zweiflügelige Eingangstür mit den beiden Laternen rechts und links. Patrick McDoneral konnte sich kein gemütlicheres Heim vorstellen. Hier war ihm jeder Baum, jeder Stein, jede Hecke vertraut. Er kannte die Stimmen der Vögel, die Gerüche des Waldes, die Richtung des Windes, die Geräusche der Einsamkeit. Sie waren ein Teil seines Lebens geworden. Er spürte sie jeden Tag aufs Neue und mit immer gleich bleibender Freude. Mit allen Sinnen nahm er jede Einzelheit seiner Umgebung wahr. Die Freiheit seiner Arbeit und die Ungezwungenheit der Natur machten ihm das Leben lebenswert.
    Hör auf zu träumen, ermahnte er sich und stieg aus. Dann öffnete er die hintere Ladetür und ließ die Hunde heraus. Glücklich über ihre Freiheit stoben Jogas und Basco davon, scheuchten die von Miss Lilly sorgsam in ihrem fuchssicheren Gehege gepflegten Hühner auf und verbellten Lady, die mit hochgestelltem Schweif über die Koppel galoppierte.
    Patrick holte eine Mappe mit Notizen vom Sitz, nahm Gewehr und Fernglas von der Rückbank und brachte alles ins Haus. Dann kleidete er sich eilig um.
    Als er die Haustür hinter sich zuzog, kam Lady ans Koppeltor geprescht. Sie kannte die Gewohnheiten ihres Herrn ganz genau. Als Patrick mit Sattel und Zaumzeug aus dem Stall kam, versuchte sie ungeduldig mit den Vorderhufen das Tor zu öffnen. Der Ranger strich ihr beruhigend über den Hals. „Ist gut, mein Mädchen, gleich geht’s los.“ Er legte ihr den Sattel auf, zog den Bauchgurt fest und streifte ihr die Zügel über den Hals. Danach kraulte er das samtweiche Maul, mit dem die Stute seinen Hals liebkoste. „Hör auf“, schimpfte er lachend, „du machst meine Jacke ja ganz schmutzig.“ Auch das gehörte zum Ritual der Begrüßung. Dann erst streifte er ihr das Gebiss ins Maul, schnallte die Lederriemen fest und führte die Stute aus der Koppel. Er stieg auf, pfiff nach den Hunden, die ihn begleiten sollten, und ritt davon.
    Seltsam nur, dass auch dieser Weg nach Broadfield führte. Dennoch glitt sein Blick prüfend über die Hügel.
    Um einige Wacholderbüsche hatten sich kleine Birken angesiedelt. Jetzt mit dem hellgrünen Laub fielen sie dem Ranger auf. Ich

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