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Das Leuchten der schottischen Wälder

Das Leuchten der schottischen Wälder

Titel: Das Leuchten der schottischen Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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und wenn ich weg muss, können Sie auf der Couch schlafen, Decken sind genug da. In der Küche sind Schinken, Käse und Butter im Kühlschrank.“
    Sie lief nach oben. Das Donnergrollen wurde leiser, die Abstände zu den Blitzen länger. Das Schlimmste ist wohl vorbei, dachte Lena und sah durch einen Spalt im Fensterladen. Der Regen ließ nach, der Sturm ebenfalls. Im Garten sah es traurig aus: Äste waren von den Bäumen gebrochen, Amys Gerüst für die Stangenbohnen lag auf dem Boden, und den gerade erst gekauften und montierten Wäschetrockner hatte der Sturm über den Zaun bis auf die Wiese geweht. Beinahe alle langstieligen Blumen lagen in den Pfützen, die der Sturzregen hinterlassen hatte. Rittersporn und Eisenhut, Sonnenblumen und Resedablüten und sogar die Efeuranken am Garagenschuppen waren heruntergerissen. Lena fröstelte. Es war spürbar kühler geworden. Sie verriegelte das Fenster wieder und zog sich um. Vorbei die Stunden des Seidentops und der Riemchensandalen, dachte sie, flocht die Locken zu einem Zopf, streifte Strümpfe und Hosen über, wählte eine weiße Baumwollbluse sowie feste Halbschuhe und einen wasserdichten, weißen Anorak, den ein großes Rotes Kreuz auf dem Rücken zierte. Unten prüfte sie ihren Unfallkoffer und schaltete ihr Handy ein.
    Robert Newborg sah ihr aufmerksam zu. Er hatte sich noch eine Decke umgelegt und saß auf der Couch. Neben ihm hatte sich Sandy zusammengerollt. Sie fühlte sich bei dem fremden Gast durchaus wohl.
    In der Praxis klingelte das Telefon. „Dr. Mackingtosh, wir brauchen Sie in Quarries. Bitte kommen Sie schnell. Ein Baum ist auf ein Auto gestürzt. Mehrere Personen sind darin eingeklemmt.“
    „Ich bin sofort da.“ Lena nahm ihren Arztkoffer, andere Notfallgeräte waren griffbereit im Auto, verabschiedete sich rasch und verließ das Haus. Draußen stolperte sie über Äste, die ihre Ausfahrt blockierten, zerrte sie zur Seite und befestigte das Rot-Kreuz-Schild auf dem Wagendach. Sobald sie startete, blinkte es und ermöglichte ihr, gesperrte Straßen zu durchfahren. Trotzdem brauchte sie fast eine Stunde bis Quarries. Überall war die schmale Straße durch abgebrochene Äste blockiert, einmal musste sie die Feuerwehr anrufen und bitten, einen umgestürzten Baum zu beseitigen, und einmal musste sie einen kleinen Fluss kreuzen und dabei einen großen Umweg fahren, weil die alte Holzbrücke weggebrochen war.
    Gut, dass ich endlich diesen hochrädrigen Geländewagen habe, dachte sie, während sie durch überflutete Straßenabschnitte fuhr. Teilweise war der Verlauf der Straße nur an den knorrigen, alten Pflaumenbäumen zu erkennen, die den Weg säumten. Links in der Ferne spiegelte sich feuerroter Widerschein in der tiefen Wolkendecke. Das muss die Farm sein, dachte sie, und versuchte im Rückspiegel zu erkennen, ob der Kirchturm noch brannte. Aber Broadfield verbarg sich hinter mehreren Wäldern, die sie vorher durchfahren hatte. Das Feuer bedeckte anscheinend eine große Fläche. Da brennt nicht nur ein einzelnes Haus, da müssen die Funken bis in den Wald oder auf Heideflächen geflogen sein, überlegte sie und dachte an die Befürchtungen des Wildhüters.
    Endlich erreichte sie Quarries. So schnell wie möglich fuhr sie durch die Dorfstraße, bemüht, die Unfallstelle sofort zu finden. Aber erst am Ende des Dorfes sah sie die Scheinwerfer, mit denen ein Einsatzwagen der Feuerwehr die Unfallstelle in gleißendes Licht tauchte. Und was sie sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Verborgen unter Laub und Ästen war ein zusammengedrücktes Autowrack zu erkennen. Sie bremste und stieg schnell aus.
    Sergeant Marloff kam ihr entgegen. „Es sieht schlimm aus, Lena. Wir haben den Baum so weit möglich zersägt und beiseite geräumt. Aber ein zersplitterter Ast hat das Autodach durchstoßen und steckt im Wageninneren. Wir können ihn nicht rausziehen, weil wir nicht wissen, ob er auch die Insassen erwischt hat.“
    „Gibt es Lebenszeichen?“
    „Nein, die sind alle unter dem zerquetschten Dach begraben..“
    „Habt ihr Krankenwagen gerufen?“
    „Natürlich, sofort, aber die brauchen ihre Zeit um herzukommen. Hoffentlich sind überhaupt welche frei. Bei dem Unwetter sind bestimmt alle Wagen im Einsatz.“
    Lena waren schwere Unfälle und Unfallopfer bekannt. Sie hatte drei Jahre in einer Unfallklinik gearbeitet und war oft mit schweren Situationen konfrontiert worden. Aber immer waren andere Kollegen in der Nähe. Ich bin also erst einmal allein,

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