Das Leuchten der schottischen Wälder
geweint, sondern von einem Tag zum anderen mit der Planung ihrer Praxis im Elternhaus begonnen. Und sie hatte es geschafft. Sie hatte ein Heim, eine Aufgabe, endlich die langsam wachsende Anerkennung als Landärztin, und es gab sogar Männer, die sich um sie bemühten.
Männer? Na ja, zwei zumindest, überlegte sie. Daniel Finerfield in Glasgow, der ein guter Freund war und dem es schwerfiel, ihren Umzug nach Broadfield zu akzeptieren, und Robert Newborg, der sich vom flohgebissenen Charmeur zu einem triefendnassen, aber hilfsbereiten Freund entwickelte.
Sie lächelte, als sie an den Mann dachte, der gestern so hilflos in ihr Haus gestürmt war und es bis jetzt nicht geschafft hatte, weiterzufahren. Am Morgen hatte er sie mit einem Frühstück verwöhnt, für das er bereits frische Brötchen besorgt hatte. Dann, als sie sich um ihre Patienten kümmern musste, überraschte er sie als er den Vorgarten aufräumte, die abgebrochenen Äste vom Grundstück schleppte, mit Sandy durch die Hügel lief, damit sie ihren Auslauf hatte und anschließend Amy half, die umgestürzten Stellagen für die Stangenbohnen wieder aufzurichten. Als Amy Lena daraufhin mit großen Fragezeichen in den Augen ansah, sagte diese lächelnd: „Er meint, er sei mir etwas schuldig. Ich hätte ihn zweimal gerettet.“
„Und wie lange wird er sich noch schuldig fühlen?“, fragte Amy anzüglich und grinste.
„Ich denke, bis sein Auto innen wieder trocken ist. Vorher kann er nicht weiterfahren.“
„Ein nasses Auto? Warum macht er nicht Verdeck und Türen auf, damit es in der Sonne trocknen kann? Ich glaube, der fühlt sich hier wohl und will gar nicht weg.“
Lena lachte. „Wir werden dem Schuldgefühl ein Ende setzen.“
Aber das war gar nicht so leicht. Newborg sah einfach immer wieder Arbeiten, die angeblich nur ein Mann bewältigen konnte und machte keine Anstalten, sich zu verabschieden. Lena, die viel zu tun hatte und beim Mittagessen überrascht feststellte, dass Robert Newborg immer noch da war, verschob das Problem auf den späten Nachmittag. Als endlich der letzte Patient gegangen war und der „Gast“ erklärte, bei der Reinigung der Praxis helfen zu wollen, schob sie dem Arbeitseifer einen Riegel vor.
„Das Putzen übernimmt meine Haushaltshilfe. Ich denke, Sie sollten sich um Ihren Urlaub und eine entsprechende Unterkunft bemühen.“
„Die Farm ist abgebrannt, Mrs. Brownsen hat jetzt andere Probleme.“
„Wir haben ein Pub mit Fremdenzimmern in Broadfield. Vielleicht versuchen Sie es dort einmal.“
„Sie wollen mich loswerden?“ Enttäuscht sah er sie an. „Ich habe mich sehr an meine Samariterdienste gewöhnt. Hier fehlt ein Mann im Haus.“
Lena lachte laut auf: „Sie machen Witze. Ich habe mich gerade daran gewöhnt, diese Spezies los zu sein.“
„Bin ich Ihnen eine lästige Spezies?“
„Die Treffen mit Ihnen waren immer mit viel Aufregung verbunden, ich denke, ich kann darauf verzichten. Trotzdem, danke für die Hilfe gestern Abend. Aber heute ist ein neuer Tag, und ich will nicht die Vergangenheit mit in die Zukunft schleppen. Fragen Sie Ellen vom Pub, ob sie ein Zimmer für Sie hat, und wenn wir uns dann ab und zu im Dorf begegnen, werden wir uns freuen, einen Freund zu treffen.“
Unschlüssig sah er sie an. „Sie meinen das wirklich so, nicht wahr?“
„Natürlich.“
„Lena, Sie … ich …“
„Ist schon gut. Ich habe verstanden, und ich sage ‚nein’. Und nun hoffe ich, Sie haben mich auch verstanden, sonst wird es nichts mit der Freundschaft.“
Robert Newborg nickte. Diese Frau war wirklich sehr deutlich. „Ich packe meine Sachen und verschwinde in Richtung Broadfield.“ Und nach einem Augenblick: „Und wenn kein Zimmer frei ist?“
„Wird Ellen ein anderes Bed and Breakfast für Sie finden.“
Enttäuscht schüttelte er den Kopf und ging hinaus. Er hatte den Wäscheständer von der Wiese hereingeholt und im Garten wieder aufgestellt. Im Sommerwind flatterte seine feuchte Kleidung. Nun nahm er sie ab und steckte alles in eine Tüte, die Amy ihm reichte. „Im Dorf hinter der Bäckerei gibt es eine Reinigung. Bis morgen sind die Sachen dann wie neu“, versicherte sie.
Mit gesenktem Kopf und erfüllt von der Erinnerung an die vergangene Nacht, in der er Lena sogar heimlich geküsst hatte, stieg er in sein Auto. Ich werde genau das tun, was ich mir in der Nacht vorgenommen habe, schwor er sich. Ich werde sie mit Geduld und Höflichkeit davon überzeugen, dass wir füreinander
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