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Das Leuchten der schottischen Wälder

Das Leuchten der schottischen Wälder

Titel: Das Leuchten der schottischen Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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aber nicht aufhalten und öffnete schließlich eine kleine Seitentür, die von der Anrichte aus in den großen Speisesaal führte. Eine hufeisenförmig angelegte Tafel war für etwa achtzig Gäste feierlich gedeckt. Lena war sprachlos, diese Größe und diese elegant dekorierte Tafel hatte sie nicht erwartet. Langsam ging Patrick mit ihr um den verzweigten Tisch herum und studierte die Tischkarten. „Ja, genau so habe ich mir das gedacht“, erklärte er verärgert, nahm die Karte, die seinen Namen trug und ihn neben eine Duchess aus Inverness plazierte, und suchte weiter. Ganz am Ende des zweiten Tisches fand er dann Lenas Namen auf einer Karte, die sie neben einen alten Offizier setzte. „So, das wollen wir doch ganz schnell ändern“, flüsterte er, stellte seine Karte neben die von Lena und verbannte den alten Offizier neben die Duchess aus Inverness.
    „Bitte“, flüsterte Lena, „das ist doch nicht nötig. Mir ist es egal, wo ich sitze, ich bin schließlich ein unerwarteter Gast.“
    „Aber mir ist es nicht egal, neben wem ich sitze. Die Kuppelversuche meiner Mutter werden in jedem Jahr intensiver, und jetzt wird sie eine Lehre daraus ziehen müssen.“
    Sie verließen den Saal gerade, als am anderen Ende die breite Tür geöffnet wurde und die ersten Gäste ihre Plätze suchten. Mit den anderen zusammen gingen sie zu ihrem Tisch und setzten sich, bevor Patricks Mutter, die Haushälterin oder der Butler den Tausch bemerkten.
    Lena, die es nicht gewohnt war, in diesen Kreisen zu verkehren, bemühte sich, nicht durch ihre Neugier aufzufallen, aber sie konnte ihre Verblüffung über die bekannten Namen und die herrschende Eleganz kaum verbergen. Ganz besonders erstaunt war sie von der Noblesse des alten Grafen, der hier im Mittelpunkt stand. Mehrere Reden und Trinksprüche und seine feinen, kultivierten Antworten faszinierten sie. Ein Mann von Format, dachte sie, ein imposanter Mensch, eine raumfüllende Präsenz.
    Nach dem erlesenen Essen zogen sich die älteren Herren in einen Rauchsalon zurück, die Damen nahmen ihren Kaffee in einem Salon der Gräfin ein, und für die jüngeren Gäste wurde der Gartensaal mit einer fröhlich musizierenden Kapelle geöffnet.
    Patrick führte Lena in den Park. „Ich bin kein Tänzer“, erklärte er kurz und bündig und zeigte ihr eine hundertjährige Linde, die in voller Blüte stand. Lena grinste heimlich. Sie hatte nichts anderes erwartet. Obwohl sie gern tanzte, ließ sie sich die Enttäuschung nicht anmerken und lauschte den Erzählungen ihres Begleiters, der fast zu jedem Baum eine Geschichte wusste.
    Kurz nach Mitternacht gingen sie schlafen. Patrick brachte Lena bis zu ihrem Zimmer, verabschiedete sich höflich und erklärte ihr, dass nach dem Frühstück am nächsten Morgen die Geschenkübergabe in der großen Halle stattfand. „Dann gibt es ein Tontaubenschießen am Steilufer, anschließend eine Cocktail-Begrüßung für Gratulanten aus der näheren Umgebung, die nicht im Schloss wohnen, und danach ein Kricketspiel im Garten. Aber wenn ich ehrlich bin, an dem ganzen Brimborium liegt mir nichts“, erklärte er müde. „Ich möchte am liebsten nach der Geschenkübergabe verschwinden. Ist es dir recht, wenn wir so schnell wie möglich wieder abfahren?“
    Lena lächelte. Es war so typisch für diesen introvertierten Mann, den Feierlichkeiten so schnell wie möglich den Rücken zu kehren. „Selbstverständlich. Du weißt am besten, wann du gehen kannst, und ich schließe mich an. Ich kenne hier keinen Menschen, also bin ich an deiner Seite, sobald du abfahren willst.“
    „Danke.“ Er drehte sich um und ging.
    Typisch, dachte Lena, als sie allein war, da ist sie wieder, diese kühle, abweisende Art, mit der er sich in seine Einsamkeit zurückzieht.

Kapitel 24
    Gleich nach dem zweiten Frühstück am nächsten Tag, die Geschenke waren überreicht und die Glückwünsche überbracht worden, fuhren Patrick und Lena heimlich ab.
    „Es gibt nichts, was mich hier noch hält“, erklärte Patrick seiner Begleiterin, „und wenn es dir recht ist, fahren wir jetzt zurück.“
    Lena, die sich in dieser Gesellschaft sowieso nicht wohlfühlte und weder am Tontaubenschießen noch an Kricket Interesse hatte, nickte zustimmend. Und so packten die beiden ihre Koffer und verließen unbemerkt das Schloss.
    Zwischen Dundee und Perth erreichte Patrick ein Alarm der Forstverwaltung von Glasgow.
    Kontrollflugzeuge, die bei der großen Waldbrandgefahr ständig unterwegs waren,

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