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Das Leuchten in der Ferne: Roman (German Edition)

Das Leuchten in der Ferne: Roman (German Edition)

Titel: Das Leuchten in der Ferne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linus Reichlin
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es mir. Vertrau mir.
    Nein, sagte sie, du verstehst das nicht. Ich weiß nicht, was hier geschieht, was mit dir und mir geschieht, was mit Evren und mir geschieht, was sie mit uns tun werden, es geht alles viel zu schnell. Du sagst, ich soll dir vertrauen, aber ich weiß nicht mal, wer du bist. Ich kenne hier niemanden außer Evren.
    Pason stieß Martens an und sagte, he wants to talk, you must listen.
    Dilawar sagte etwas zu Martens, Pason übersetzte: Den Türken habe ich gefangen genommen, deswegen ist er hier. Sie – er zeigte auf Miriam – ist hierhergekommen, weil sie seine Frau ist. Aber du, warum bist du hier? Ich kenne dich nicht, ich habe dich nicht eingeladen. Bist du wegen ihr hier? Aber du bist nicht ihr Mann. Sie ist die Frau dieses Mannes. Wenn du wegen ihr hier bist, dann ist sie eine Ehebrecherin. Sie kann sich nicht scheiden lassen von ihrem Mann, wenn er es nicht will. Und er wollte die Scheidung nicht, das hat er mir gesagt. Gott will nicht, dass eine Ehebrecherin am Leben bleibt, und wenn sie eine ist, werde ich sie bestrafen und dich auch. Aber wenn du nicht wegen ihr hier bist, sagte Dilawar, werde ich dich auch töten. Denn dann bist du hier, weil du ein Spion bist.
    Miriam begann auf Dilawar einzureden, aber Worte, mit so schwächlicher Stimme vorgetragen, nahm Dilawar nicht ernst. Er wischte sie mit einer Handbewegung weg.
    Ein Knacken im Gestein ließ alle aufhorchen. Alle blickten hinauf zum Felsdach, das sich über sie wölbte. Dieser Spalt im Gestein, direkt über ihnen – war er zuvor schon da gewesen oder hatte er sich erst jetzt gebildet? Keiner wusste es. Ein erneutes Knacken, diesmal stärker, ernster, ein unduldsames Knacken aus dem Innern des Berges, man spürte, dass etwas Unumkehrbares geschah. Eine Weile horchten sie, ließen die Blicke misstrauisch über das Gestein wandern. Vor dem Ausgang des Unterschlupfs senkte sich ein Regenschleier nieder. Schwerer, dichter Regen, er fiel senkrecht, an seinem Saum spritzten die Tropfen von den Steinen auf. Man wollte nicht mehr hier drin sein, unter dem unsicheren Felsdach, aber man wollte jetzt auch nicht in den kalten Regen treten. Als sich plötzlich Steine aus der Decke lösten, sprangen ein paar Männer auf. Die, die sitzen geblieben waren, lachten. Denn es waren ja nur kleine Steine gewesen, und es blieb auch dabei, das Dach stürzte nicht ein. Einer, der aufgestanden war, begann zu singen, mit verlegenem Lächeln, und die Anspannung löste sich in Heiterkeit auf. Sing weiter!, spornten ihn die Männer an. Auch Dilawar lachte, er klatschte rhythmisch in die Hände, sein Gesicht weitete sich wie das eines Kindes, wenn es beschenkt wird, er vergaß, dass er einen Spion töten musste oder eine Ehebrecherin und ihren Liebhaber. Der Sänger, beflügelt von der Aufmerksamkeit und dem Wohlwollen seiner Kameraden, sang mit immer größerer Zuversicht sein Lied, draußen rauschte der Regen, und hier drin sang er allen die Angst aus den Herzen.
    Das war der Moment. Einen besseren wird’s nicht geben, dachte Martens. Pason war wie die anderen ganz bei dem Sänger, Martens musste sie zweimal antippen, um sie aus der Festlaune zu reißen.
    Tell Dilawar, that he’s right. Es war das Einfachste. Das Einfachste war das Beste. Gib ihm recht, und dann biete ihm das Geld.
    Du bist ein Spion, sagte Dilawar.
    Ja.
    Du gibst es jetzt also zu?
    Ja.
    Dilawar, noch erheitert vom Gesang, flüsterte Pason etwas ins Ohr.
    Pason nickte und sagte leise, damit die anderen es nicht hörten: He don’t believe you. He knows, why you say that. But he accept.
    Tell him, that his sister, sagte Martens, and Evren didn’t know that I’m a spy.
    He accept, sagte Pason.
    They are innocent. So he must let them go, sagte Martens.
    He accept. He will let them go. But he will not let you go.
    Tell him, that he has the choice. He can kill me. Or he can ask me to pay a Nagha. I will pay a Nagha.
    What is Nagha?, fragte Pason.
    Nagha, sagte Martens. Paschtunwali. Nagha.
    Ah, Pashtoonwali, sagte Pason. I know. But what is Nagha?
    Money, sagte Martens, if somebody did something bad to someone. Dilawar can kill me or ask me to pay a Nagha. Tell him, I pay 200 000 Dollar.
    Ah, Nacha, sagte Pason. Yes, Nacha I know.
    200 000 Dollar, sagte Martens. Now tell him.
    It’s big Nacha, sagte Pason anerkennend.
    Yes, big Nacha. But now tell him please, sagte Martens.

V | Abstieg

Hates you
    Das Bellen eines Hundes verkündete ihnen, dass sie angekommen waren in der Nähe von

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