Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leuchten

Das Leuchten

Titel: Das Leuchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Falls
Vom Netzwerk:
den Bildschirm, als drückte sie eine Zentnerlast zu Boden. »Hallo, M s Spinner.«
    Die Frau fragte sanft: »Gemma, wie konntest du mir nur solchen Kummer machen?«
    Gemma blieb stumm.
    »Nun, zum Glück haben sich deine Lehrer daran erinnert, dass du sie oft nach den Unterseeischen Gebieten gefragt hast«, sagte M s Spinner, und ihr Lächeln schlug in Mitleid um. »Ich nehme an, du hast deinen Bruder noch immer nicht gefunden?«
    Mit versteinertem Gesicht blickte Gemma auf ihre Fingernägel.
    »Hast du schon mal daran gedacht, dass er vielleicht gar nicht will, dass ihn jemand findet?« M s Spinner legte betont nachdenklich die Fingerspitzen beider Hände aneinander. »Vor sechs Monaten ist Richard einundzwanzig Jahre alt geworden, stimmt’s? Gemma, mein Liebling, ich glaube, es ist an der Zeit, dass du der bitteren Wahrheit ins Auge siehst: Wenn er wirklich dein rechtmäßiger Vormund sein wollte, hätte er dich längst zu sich geholt.« Sie seufzte dramatisch. »Ich weiß nicht, wie du es schaffst, dir deine Illusionen Jahr für Jahr zu bewahren und zu glauben, dass er sich um dich kümmern wird. Dabei hat er es in den letzten Jahren doch noch nicht einmal für nötig gehalten, dich zu besuchen.«
    »Ich habe Ihnen viel Kummer bereitet, M s Spinner, nicht wahr?« Gemmas Stimme klang reumütig, aber ich sah, dass sie die Fäuste hinter ihrem Rücken ballte. »Ich hoffe, Sie sind meinetwegen auf der Wohnungs-Warteliste nicht noch weiter nach unten gerutscht. Ich weiß, wie sehr Sie sich danach sehnen, aus ihrer vollgestopften kleinen Wohnung auszuziehen.«
    Wutschnaubend ließ M s Spinner ihre höfliche Maske fallen.
    »Oh nein, wurden Sie etwa schon wieder auf der Warteliste zurückgestuft?«, rief Gemma mit gespieltem Entsetzen. »Das tut mir ja so leid.«
    »Es tut dir leid?«, zischte M s Spinner und ihre bunt schillernden Locken wippten. »Für jede Stunde, die du als vermisst galtst, ist mein Name einen Platz tiefer gerückt. Glaub mir, Mädchen, wenn du zurückkommst, wird es dir wirklich leidtun!«
    Mum, die neben Gemma stand, legte ihr schützend den Arm um die Schultern.
    »M s Spinner«, sagte Dad und stellte sich ebenfalls neben Gemma, »wir würden Gemma gerne eine Alternative anbieten. Wenn sie möchte, kann sie bei uns wohnen.«
    »Falls sie unter Wasser leben will«, fügte Mum hinzu.
    »Das kommt nicht infrage«, bellte M s Spinner, bevor Gemma auch nur ein Wort sagen konnte. »Wir geben unsere Zöglinge niemals in Versuchssiedlungen auf dem Meeresgrund.«
    »Und sie in ein Erziehungsheim zu stecken ist besser?«, stieß ich hervor.
    »Besser als im Dunkeln zu leben?«, spottete M s Spinner. »Ich bitte Sie! Wer weiß, was der Wasserdruck den Menschen antut! Ich möchte nicht, dass mir diese undankbare Göre in zehn Jahren eine Klage anhängt, weil sie einen Hirnschaden bekommen hat. Ich fürchte, Mr und M s Townson, dass Sie den Anforderungen nicht entsprechen, die der Staatenbund an Pflegeeltern stellt.«
    Dads Unterkiefer zuckte, und ich wusste, dass er Mühe hatte, nicht die Beherrschung zu verlieren. »Vielleicht leben wir ja nicht mehr lange unter Wasser«, sagte er.
    Seine Worte trafen mich mitten ins Herz.
    »Nun, wenn Sie sich wieder in der zivilisierten Welt niedergelassen haben, können Sie ja gerne einen Pflegschaftsantrag stellen. In der Zwischenzeit, Fräulein Straid, kümmern wir uns um dich«, sagte M s Spinner und warf Gemma einen stechenden Blick zu. »Du wirst morgen Früh um sieben an der Handelsstation abgeholt. Ranger Grimes hat sich freundlicherweise dazu bereit erklärt, dich an deinen neuen Wohnort zu begleiten.«
    »Und der wäre?«, fragte Gemma tonlos.
    M s Spinner lächelte widerlich. »Im Altoona-Erziehungsheim für schwer erziehbare Mädchen. Ich bin überzeugt, du wirst dich dort unter deinesgleichen wie zu Hause fühlen.«
    Gemma wartete nicht, bis der Bildschirm schwarz wurde. Sie wandte sich ab und rannte die Treppe hinauf.

22

    Ich konnte mich nicht bewegen. Gurte schnitten mir in Arme und Beine. Ich hob den Kopf und sah, dass ich an einem Krankenhausbett festgeschnallt war, ohne Hemd und ohne Schuhe. Ich schlug um mich, wobei mir die Gurte noch stärker ins Fleisch schnitten, aber ich kam nicht los. Wie aus dem Nichts tauchte eine Atemmaske auf und schwebte über meinem Gesicht. Ich drehte den Kopf weg, vor Anstrengung schmerzte mein Nacken. Finger wie aus Stahl griffen nach meinem Kopf, während mir die Maske über die Nase und den Mund gestülpt wurde. Ich

Weitere Kostenlose Bücher