Das Licht der Hajeps - Guerillas (German Edition)
eine Bank im abendlichen Sonnenschein setzen und ausruhen musste. Nachdem ihr Ute ein Glas Wasser gereicht und sie Angela, Doris, Beate, Kasim und José gemeinschaftlich für ein Weilchen skeptisch angeglotzt hatten, rang sich Wladislaw schließlich doch durch, sie in eines der Häuser zu führen, das noch einigermaßen gut im Stande zu sein schien. Überrascht stellte sie fest, dass der alte Küchenschrank im Keller in Wahrheit der Haupteingang zu den unterirdischen Wohnungen der Maden war. Ein handbetriebener Fahrstuhl führte hinunter, aber es sollte auch noch Leitern für den Notfall geben.
Es war ein ehemaliges Kohlebergwerk, welches die Rebellen mit viel Geschick und Fleiß in wirklich gemütliche Flure und Zimmer umgestaltet hatten. Es gab hier einfach alles, Duschen, Kamine, gepflegte Toiletten, Aufenthaltsräume, unzählige Schlafzimmer, Essräume, eine Großküche, Vorratsräume, Kleiderkammern, sogar eine Bar und natürlich Lagerhallen für die Waffen und unterirdische Parkplätze.
Die Tunnel waren in alle Richtungen weiter gebaut worden, oft bis zum nächsten Dorf oder zur nächsten Stadt. Alte Gänge, Bergwerke, Kanalisationen und einstige Bunker waren dafür genutzt und zum Teil wohnlich hergerichtet worden. Überall in der Welt hatte dieses Beispiel inzwischen Schule gemacht, nur wussten wenige Menschen oberhalb der Erde davon. Lediglich, wer zu jenen Organisationen zu gehörte, durfte unbeschadet tief unter der Erde leben.
So auch Margrit. Zwar durfte sie erst einmal nur für eine Nacht bleiben, dennoch genoss sie den Frischeduft ihres gründlich gewaschenen Körpers und ihres mit einem Kopflausmittel gespülten Haares und außerdem den herrlichen Nachgeschmack nach langer Zeit frisch geputzter Zähne. Es war ein wunderbares Gefühl, endlich schön geschnittene Finger- und Fußnägel zu haben und das nach Waschmittel duftende, insektenfreie Nachthemd auf der nackten Haut zu spüren. Außerdem war es hier wunderbar warm, weil die Heizungen funktionierten und sie fühlte sich wie neugeboren, sich in eine weiche, unverlauste Decke einrollen zu dürfen. Unter ihr knisterte das frische Stroh und sie schlief sofort ein.
Dennoch plagten sie Albträume, in denen plötzlich Pfeifstäbchen zu trällern begannen, woraufhin Hajeps, begleitet von mächtigen Explosionen, überall in den unterirdischen Tunneln erschienen, Margrit die unerträglichen Schreie sterbender Menschen hörte und schließlich viele wackelige Leitern hinunterhetzte, die Hajeps natürlich immer knapp hinter ihr her. Zum Schluss stand sie dann entweder auf einem Balkon oder kletterte über irgendein Dach und ein Raumschiff näherte sich von oben. In solchen Momenten wurde sie schweißgebadet wach und fragte sich, ob sie wohl laut geschrien hatte, denn das wäre ihr sehr peinlich gewesen, aber dann schlief sie sofort wieder ein. Schließlich kamen die Träume, in welchen sie nach ihren Kindern und nach ihrer Mutter suchte und zwischendurch rief sie nach Paul.
„Julchen?“ ächzte sie am Morgen, als sie von Renate geweckt wurde. Margrit fuhr hoch.
„Bin ich nicht!“ Renate lachte.
„Ach, du bist’s, Renate!“ Margrit rieb sich den Schlaf aus den Augen. Sie war noch völlig benommen vom Schlafen und sämtliche Knochen taten ihr weh. „He, was macht dein Baby?“
„Dem geht’s gut. Irmchen ist bereits wach und hat schon ihr Frühstück hinter sich.“
„Sehr schön, oh Gott, ich hatte auch Kinder, weißt du, und die …“
„Erzähl’s mir ein andermal, jetzt ist keine Zeit, Margrit. Entschuldige, aber du musst schnell machen! Der Skorpion, er ist unser Oberbefehlshaber, und ...“
„Wie heißt er wirklich?“ fiel ihr Margrit einfach ins Wort.
„Weiß nicht, ob dir das noch etwas sagt. Sein Name ist Günther Arendt ...“
„Arendt? Sag’ mal, ist das etwa unser alter Bundeskanzler, den die Hajeps damals eingesetzt haben?“
„Ja, Margrit und der ...“
„Donnerwetter, der lebt also doch ...“
„Aber natürlich, was dachtet ihr denn? Dachtest du, unser Volk ist inzwischen ohne Regierung?“
Margrit nickte.
„Aber er ist ganz gewiss keine Marionette Scolos, was die Hajeps denken. Er kämpft für die Menschheit, auch wenn er das bisher nur im Untergrund tun konnte. Und er ist gerade mit fünf seiner Berater und einer kleinen Leibstandarte zu uns gekommen“, erzählte Renate weiter und war sehr aufgeregt. „Er führt ein Doppelleben, wie so viele von uns. Der Skorpion hat vor, heute bei den Maden zu
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