Das Licht der Hajeps - Guerillas (German Edition)
darum zu einem der fünf Herren hinunter, der eine Brille mit goldfarbenem Drahtbügel trug und im Verhältnis zu den anderen Männern schmächtig wirkte und wies Richtung Tür.
Margrit hatte keine Ahnung, wie der Kanzler Günther Arendt damals ausgesehen hatte. Es hatte ja auch kaum Bilder von ihm gegeben. Überall auf der Erde waren in diesen Zeiten Menschen als Kanzler, Könige oder Präsidenten eingesetzt worden, um die Erdbewohner zu beruhigen.
Das Tischgespräch ebbte ein wenig ab, der Mann schien Margrit durch seine funkelnde Brille scharf anzuvisieren, und Margrit konnte von ihrem Platz aus erkennen, dass die übrigen Männer erst Überraschung zeigten und dann ebenfalls Margrit gründlich in Augenschein nahmen. Dabei unterhielten sie sich anscheinend über Margrit und es war kaum etwas Gutes, denn man blickte mit fassungslosem Kopfschütteln immer wieder zu ihr hin, manch einer grinste, andere lachten lauthals auf.
Margrit spürte, wie ihr heiß und kalt wurde. Sie zupfte an ihrer mit einem großen Pflaster zugeklebten Nase herum. Sie hatte es eigentlich schon immer kaum ertragen können, wenn sich Augenpaare an ihr festkrallten und dazu noch Dinge über sie gesprochen wurden, die sie nicht verstehen konnte. Sie hatte nun, zwar unauffällig aber gewiss ebenso scharf, die Männer am Tisch beobachtet und irgendeine innere Stimme sagte ihr, dass es nicht gut war, diesen Männern ihre Verlegenheit zu offenbaren, wenngleich sie spürte, wie heiß ihre Wangen bereits geworden waren und wie sich das Pflaster auf ihrer Nase lockerte. Sie musste diesen spöttischen Musterungen ruhig, fast stolz begegnen und so ging sie festen Schrittes und in betont aufrechter Haltung hinein in diesen vornehmen Salon.
Alles erstarrte überrascht. Spontan waren das Gelächter, die zynischen Dialoge und kleinen Witzchen abgebrochen. Stattdessen tauchte ein zwar stummes, jedoch herablassendes Gegrinse auf. Margrit war dieses Verhalten ein Rätsel. Warum begegnete man ihr so feindlich? Man kannte sie doch noch gar nicht! Irgendjemand musste diesen Herren nicht gerade das Beste über sie erzählt haben. Dieser jemand konnten zwar viele sein, aber sie wusste, dass Martin eine ganz besondere Abneigung gegen sie hegte. Auch Erkan und Wladislaw mochten Margrit nicht besonders. Zudem waren ihr Beates feindliche Blicke nicht entgangen, die hinter der Bar stand. Ach, sie wollte jetzt nicht ihre kostbare Zeit mit irgendwelchen Verdächtigungen vertun.
Und so lächelte Margrit ihrerseits den Herrschaften am Tisch ruhig und freundlich zu. Dadurch sprang leider das ohnehin schlecht sitzende Pflaster zum Teil von ihrer Nase, blieb nur an einer Stelle kleben und rollte sich empor. Schon brach der ganze Tisch wieder in lautes Lachen aus. Margrit versuchte, das Pflaster wieder fest anzudrücken. Sie nickte trotzdem grüßend den Männern am Tisch zu, sich die allergrößte Mühe gebend, auf keinen Fall zu erröten.
Doch es wurden keine Zeichen der Erwiderung gegeben. Stattdessen hörte sie das typische Schurren von Stühlen über dem hübsch gefliesten Boden und zu Margrits Überraschung erhoben sich die Männer, wenn auch ziemlich steif. Einer nach dem anderen lief um den Tisch herum und schritt auf Margrit zu, wohl um sie zu begrüßen oder ...?
Die kräftige Frau mit den kurzen, braunen Haaren hatte indes ein schweres Tablett mit den dampfenden Kaffeekannen auf die Theke gestellt und die vier Bodyguards mucksten sich noch immer nicht. Nur Renates und eine Männerstimme waren leise hinter dem Vorhang zu hören.
Margrit fetzte das Pflaster endgültig von ihrer Nase und verstaute es in ihrer Hosentasche, als die sechs Männer schließlich vor ihr stoppten. Welcher von denen war nun der berühmte Skorpion? Sicher der mit der Glitzerbrille!
Einen Anführer konnte man nicht so ohne weiteres herausfinden, denn alle waren gleichermaßen adrett und sauber angezogen, dufteten nach irgendwelchen Rasierwässerchen oder Parfüms und hatten auch das gleiche aufgesetzte Grinsen im ansonsten ausdruckslosen Gesicht. Tja, leider hatte Margrit das Äußere des Kanzlers nicht mehr in Erinnerung. Es gab ja auch keine Plakate mehr von ihm.
Diese Männer waren gewiss nicht hässlich zu nennen, im mittleren Alter, ihre Körper hatten auch keinerlei Speck angesetzt, was auch in diesen schlechten Zeiten bei so hohen Führungspositionen hätte möglich sein können. Ganz im Gegenteil schien alles an ihnen ziemlich durchtrainiert. Nur einer von ihnen erschien ihr im
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