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Das Licht der Phantasie

Das Licht der Phantasie

Titel: Das Licht der Phantasie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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links unterscheiden, geschweige denn oben von unten. Tja, ich bedaure es wirklich sehr, daß ich mich jetzt von dir verabschieden muß, aber leider habe ich keine andere Wahl…«
    Ysabell blieb vor einer großen, mit purpurnem Samt gepolsterten Tür stehen. In dem Zimmer auf der anderen Seite ertönten Stimmen, unheimlich klingende Stimmen, die sich mit normaler Typographie nicht wiedergeben lassen – es sei denn, jemand erfindet sowohl eine Setzmaschine mit Echomodus als auch eine Schrift, die aussieht wie etwas, das eine Nacktschnecke gesagt haben könnte.
    Die Stimmen führten folgendes Gespräch:
»WÜRDEST DU MIR DAS BITTE NOCH EINMAL ERKLÄREN?«
    »Wenn du etwas anderes als einen Trumpf ausspielst, kann Süden zweimal stechen und verliert nur eine Schildkröte, einen Elefanten und ein Großes Arkanum, während…«
    »Das ist Zweiblum!« zischte Rincewind. »Seinen besonderen Tonfall erkenne ich überall wieder!«
    »EINEN AUGENBLICK… PESTILENZ IST SÜDEN?«
    »Ach, komm schon, Tod. Das hat er bereits ausführlich erläutert. Was wäre geschehen, wenn Hunger – wie heißt das noch gleich – übertrumpft hätte?« Eine röchelnde feuchte Stimme, die vermutlich gräßliche Krankheiten übertragen konnte.
    »Oh, dann hättest du nur eine Schildkröte und nicht zwei stechen können«, erwiderte Zweiblum heiter.
    »Aber wenn Krieg sofort mit einem Stichzwang beginnt, bekommt er mehr Punkte?«
    »Genau!«
    »DEM KANN ICH NICHT GANZ FOLGEN. WIEDERHOL NOCH EINMAL, WAS DU VORHIN ÜBER STRATEGIE UND TAKTIK BEIM REIZEN UND BIETEN ERZÄHLT HAST. VIELLEICHT KRIEGE ICH DANN DEN DREH RAUS.« Eine schwere, hohle Stimme, so als stießen zwei große Bleimassen gegeneinander.
    »Nun, man kann auch reizen, um den Spielgegner zu täuschen, wobei man allerdings Gefahr läuft, den eigenen Partner zu verwirren…«
    Zweiblum sprach fröhlich weiter, und Rincewind schnitt eine Grimasse, als Ausdrücke wie ›Schneiden‹, ›Impaß‹ und ›Groß-Schlemm‹ durch den Samt drangen.
    »Weißt du, worum es geht?« fragte Ysabell.
»Ich verstehe kein einziges Wort davon«, erwiderte der Zauberer. »Hört sich ziemlich kompliziert an.«
Auf der anderen Seite der Tür sagte die schwere Stimme: »STIMMT
    ES WIRKLICH, DASS DIE MENSCHEN SO ETWAS ZUM VERGNÜGEN SPIELEN?«
    »Ja, und einige von ihnen sind wahre Meister. Ich bin leider nur ein Dilettant.«
    »ABER MENSCHEN LEBEN DOCH NUR ACHTZIG ODER NEUNZIG JAHRE!«
    »Du mußt es wissen, Tod«, warf eine Stimme ein, die Rincewind noch nie vernommen hatte und die er auch nie wieder hören wollte, vor allen Dingen nicht nach Einbruch der Nacht.
    »Eins steht fest: Dieses Spiel ist außerordentlich… faszinierend. «
    »TEIL ERNEUT AUS. MAL SEHEN, OB ICH’S BEGRIFFEN HABE.«
    »Sollen wir zu ihnen gehen?« fragte Ysabell. Die Grabesstimme hinter dem Samt sagte: »ICH BIETE… EINEN SUMPFSCHILDKRÖTENBUBEN.«
    »Nein, tut mir leid, da irrst du dich bestimmt. Laß mich mal dein Blatt sehen…«
Ysabell öffnete die Tür.
    Rincewinds Blick fiel in ein freundlich, ein wenig düster anmutendes Zimmer, vermutlich von einem Innenarchitekten gestaltet, der gleichzeitig an einer Kreativitätskrise sowie an Kopfschmerzen litt und dazu neigte, jeden noch so winzigen Abstellplatz mit großen Sanduhren zu zieren. Außerdem schien er die Gelegenheit genutzt zu haben, Dutzende von besonders dicken gelben Kerzen loszuwerden.
    Als Traditionalist rühmte der Tod der Scheibenwelt seine persönlichen Dienste und war die meiste Zeit über depressiv, weil man ihm Anerkennung versagte. Des öfteren wies er darauf hin, daß niemand den Tod an sich fürchtete, nur Schmerz und Vergessen, machte immer wieder deutlich, wie sinnlos es sei, jemanden zu hassen, nur weil er leere Augenhöhlen hatte und Gefallen an seiner Arbeit fand. Er benutzte noch immer eine Sense, so sagte er, während die Tode anderer Welten bereits in modernes Gerät investierten, zum Beispiel in Mähdrescher.
    Tod saß an der einen Seite des schwarzen Friestisches in der Zimmermitte und stritt sich mit Hunger, Krieg und Pestilenz. Nur Zweiblum hob den Kopf und bemerkte Rincewind.
    »He, wie bist du hierher gekommen?« fragte er.
»Nun, einige Leute meinen, der Schöpfer nahm eine Handvoll… Oh, ich verstehe. Tja, ist schwer zu erklären, aber…«
    »Hast du den Koffer mitgebracht?«
    Die hölzerne Kiste schob sich an Rincewind vorbei und blieb vor ihrem Eigentümer liegen. Der Tourist hob die Klappe, kramte eine Zeitlang in der Truhe, holte

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