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Das Licht der Phantasie

Das Licht der Phantasie

Titel: Das Licht der Phantasie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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allem Anschein nach gefiel ihr die Vorstellung nicht, vom Tod und seinen drei Kumpanen eingeholt zu werden.
    Sieh nicht zurück! erinnerte sich Rincewind. Wahrscheinlich ist der Anblick nicht besonders hübsch.
Der Koffer raste durch ein Gebüsch und geriet außer Sicht.
    Einige Sekunden später sah Rincewind den Grund dafür. Die Kiste war über den Rand des Felsensteges gefallen und stürzte in den weiten Trichter, von dessen Grund ein mattes rötliches Strahlen ausging. Als der Zauberer den Kopf hob, bemerkte er zwei schimmernde blaue Linien, die über das Gestein hinwegreichten und sich im Abgrund verloren.
    Er zögerte unsicher, obwohl er in einigen Dingen völlig sicher war. Einerseits wollte er keineswegs vom Felssteg springen, jedoch andererseits lag ihm nichts daran, den Leuten zu begegnen, die inzwischen die Verfolgung aufgenommen hatten. Darüber hinaus stellte er fest, daß Zweiblum in der Geisterwelt ziemlich schwer war und es Schlimmeres gab, als tot zu sein.
    »Was denn, zum Beispiel?« brummte er und sprang.
    Wenige Sekunden später trafen einige Reiter ein. Sie hielten nicht an, als sie den Rand des Felsens erreichten, ritten einfach weiter und zügelten ihre Rösser mitten im Nichts.
    Tod blickte nach unten.
    »SO ETWAS HAT MICH SCHON IMMER GEÄRGERT«, sagte er. »VIELLEICHT SOLLTE ICH DIE PFORTEN IN MEINEM HAUS DURCH DREHTÜREN ERSETZEN.«
    »Ich frage mich, was sie hier wollten«, meinte Pestilenz.
    »Tja«, brummte Krieg. »Wie dem auch sei: Das Spiel ist recht interessant.«
    »In der Tat«, bestätigte Hunger. »Ziemlich faszinierend.«
    »WIR HABEN GENUG ZEIT, UM NOCH EINMAL ZU RUBBELN«, meinte Tod.
    »Robbeln«, berichtigte Krieg.
»WAS SOLLEN WIR ROBBELN?«
    »Es heißt robbeln, und nicht rubbeln«, sagte Krieg.
»Ihr irrt euch beide«, warf Pestilenz ein. »Man nennt es Robber. Das ist eine Folge von drei Spielen, die gewonnen ist, wenn…«
    »ICH SCHLAGE EINE PARTIE VOR«, unterbrach ihn Tod. Er beobachtete den neuen Stern und überlegte, was es damit auf sich haben mochte.
    »ICH GLAUBE, WIR HABEN GENUG ZEIT«, wiederholte er, doch diesmal klang es ein wenig unsicher.
     
     
    D er geneigte Leser mag sich daran erinnern, daß bereits an mehreren Stellen auf Bemühungen hingewiesen wurde, die Berichterstattung auf der Scheibenwelt mit exakteren Metaphern zu verbessern. Poeten und Barden gerieten in ziemliche Schwierigkeiten – für gewöhnlich bestanden sie in Halsschlingen, Daumenzangen, Streckbrettern und ähnlich unerfreulichen Dingen –, wenn sie unbedingt darauf bestanden, von lachenden Sonnen, grinsenden Monden und fröhlich kichernden Sommerbrisen zu erzählen. Zum Beispiel durften sie nur dann von Prinzessinnen singen, die so schön waren, daß sie steinerne Herzen erweichten, wenn sie das mit Siegel und Unterschrift versehene Attest eines kardiovaskulären Spezialisten vorlegen konnten.
    Um dieser Tradition Respekt zu zollen, soll an dieser Stelle nicht erwähnt werden, daß Rincewind und Zweiblum wie eine eisblaue Sinuswelle durch die dunklen Dimensionen rasten (wobei ein Geräusch ertönte, das ans Knarren eines gewaltigen Stoßzahns erinnerte). Oder daß sie Rückschau auf ihr bisheriges Leben hielten – im Falle des Zauberers war das bereits so oft geschehen, daß er während dieser langweiligen Phase in aller Ruhe ein Nickerchen machen konnte. – Darüber hinaus verzichtet der Autor hier auch auf Beschreibungen wie: »Das Universum fiel wie rote Grütze auf sie herab.«
    Es darf jedoch behauptet werden (da ein Experiment den eindeutigen Beweis erbrachte), daß die akustische Untermalung aus folgenden Geräuschen bestand: Es klang so, als nehme jemand ein hölzernes Lineal zur Hand und schlage damit kräftig auf eine Cis-Stimmgabel ein, woraufhin plötzliche Stille folgte.
    Eine wirklich absolute Stille, von völliger Finsternis begleitet. Rincewind argwöhnte bereits, daß sich neue Probleme anbahnten, da sah er ein vertrautes blaues Linienmuster.
    Er befand sich erneut im Innern des Oktav und fragte sich, was geschehen mochte, wenn jemand das Buch öffnete. Erweckten Zweiblum und er dann den Anschein von zwei Tintenklecksen?
    Wahrscheinlich nicht, entschied er. Das Oktav, das ihnen nun Heimstatt bot, unterschied sich von dem dicken Band, der in der Unsichtbaren Universität an ein Pult gekettet war. Dabei handelte es sich nur um die dreidimensionale Manifestation einer multidimensionalen Realität, die…
    Einen Augenblick, dachte er. Solche Gedanken gehen mir sonst

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