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Das Licht der Phantasie

Das Licht der Phantasie

Titel: Das Licht der Phantasie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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nie durch den Kopf. He, wer denkt da für mich?
    »Rincewind«, sagte eine Stimme, die sich wie raschelndes Papier anhörte.
»Wer? Ich?«
    »Natürlich, du Blödmann.«
In einer dunklen Ecke seiner Seele regte sich so etwas wie Trotz und suchte nervös nach einem Versteck.
    »Habt ihr euch inzwischen darauf geeinigt, wie das Universum begann?« fragte er mit einem Hauch von Spott. »Vielleicht mit dem Großen Räuspern? Oder war’s das tiefe Atemholen, Verwirrt-am-KopfKratzen, Versuchen-zu-Erinnern oder Es-liegt-mir-auf-der-Zunge?«
    Eine andere Stimme, so trocken wie Zunder, zischte: »Ich rate dir, denk daran, wer hier mit dir redet.« Es sollte eigentlich unmöglich sein, in einem Satz zu zischen, der gar keine entsprechenden Laute aufwies, aber die Stimme gab sich alle Mühe.
    »Wie könnte ich das vergessen?« rief Rincewind. »Bei allen Klabautermännern, ich weiß genau, wo ich bin und wer ihr seid: Ich befinde mich in einem verdammten Buch und spreche mit mehreren verdammten Stimmen. Warum schreie ich wohl, verdammt noch mal?«
    »Ich nehme an, du fragst dich, warum wir dich wieder hierhergeholt haben«, flüsterte es dicht neben Rincewinds Ohr.
»Nein.«
    »Nein?«
    »Was hat er geantwortet?« fragte ein körperloses Raunen.
»Er sagte nein.«
    »Hat er wirklich nein gesagt?«
    »Ja.«
    »Oh.«
    »Warum?«
    »So etwas passiert mir dauernd«, erklärte Rincewind. »Im einen Augenblick falle ich vom Rand der Welt, und im nächsten stecke ich im Innern eines Buches. Eine Sekunde später finde ich mich auf einem fliegenden Felsen wieder, und kurz darauf leiste ich dem Tod Gesellschaft, der gerade Wehr oder Damm oder was weiß ich spielt. Warum sollte mich so etwas überraschen?«
    »Nun, sicher wunderst du dich darüber, weshalb wir nicht wollen, daß uns jemand ausspricht«, sagte die erste Stimme. Sie schien zu spüren, daß sie langsam die Initiative verlor.
    Rincewind zögerte. Er entsann sich vage dieses Gedankens, daran, daß er ihm ganz kurz in den Sinn gekommen war, sich in den mentalen Gewölben beunruhigt umgesehen und offenbar einen Überfall der Zauberformel befürchtet hatte.
    »Warum sollte jemandem daran gelegen sein, euch auszusprechen?«
    »Wegen des Sterns«, lautete die Antwort. »Des roten Sterns. Die anderen Zauberer suchen bereits nach dir. Wenn sie dich finden, wollen sie alle acht Zaubersprüche intonieren, um die Zukunft zu verändern. Sie glauben, der Scheibenwelt droht ein Zusammenstoß mit der roten Sonne.«
    Rincewind überlegte. »Besteht tatsächlich eine solche Gefahr?«
    »Nur in einer gewissen… He, was ist das denn?«
    Rincewind blickte nach unten und sah, wie der Koffer aus dem Dunklen heranmarschierte. Die silberne Klinge einer langen Sense ragte unter seiner Klappe hervor.
    »Es ist nur der Koffer«, sagte er.
»Aber wir haben ihn nicht hierher bestellt!«
    »Niemand bestellt ihn irgendwohin«, meinte Rincewind. »Er taucht einfach auf. Schenkt ihm keine Beachtung.«
    »Hmm. Worüber sprachen wir gerade?«
    »Über diesen komischen roten Stern.«
    »Ah, ja. Es ist sehr wichtig, daß du…«
    »Hallo? Hallo? Hört mich jemand?«
Rincewind vernahm eine dünne, piepsige Stimme aus dem Ikonoskop,
    das nach wie vor vom Hals des reglosen und herrlich stummen Touristen baumelte.
    Der Pinseldämon öffnete die kleine Klappe und sah zu Rincewind auf. »He, Kumpel, wohin habt ihr mich jetzt gebracht?«
    »In ein Buch.«
    »Oh. Sind wir noch immer tot?«
    »Vielleicht.«
    »Nun, ich hoffe bloß, daß wir keine dunklen und finsteren Orte mehr aufsuchen. Mir ist nämlich die schwarze Farbe ausgegangen.« Der Winzling schloß die Luke wieder.
    Rincewind stellte sich kurz einen Zweiblum vor, der Bilder herumreichte und Bemerkungen von sich gab wie: »Das bin ich, während ich von einer Million Dämonen gefoltert werde.« Und: »Das zeigt mich und das komische Paar, dem wir in den Gletscherhöhlen der Unterwelt begegnet sind.« Rincewind wußte nicht genau, was mit Leuten geschah, die wirklich starben – in diesem Zusammenhang kursierten viele verschiedene Gerüchte, und keins davon war geeignet, ihn besonders optimistisch zu stimmen. Ein alter Seemann aus den Randwärtsregionen hatte einmal gesagt, er sei sicher, im Jenseits erwarte ihn ein Paradies mit Brause und üppig-schönen Frauen. Doch als er genauer darüber nachdachte, kam er zu dem Schluß, daß er wahrscheinlich auf weibliche Gesellschaft verzichten und mit Lakritzstrohhalmen vorliebnehmen mußte. Rincewind hielt nichts von

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