Das Licht der Phantasie
fie auf Stein find«, fügte der greise Barbar hinzu.
Der Zauberer nickte. Natürlich waren Trolle in Ankh-Morpork nicht ganz unbekannt, denn dort fanden sie häufig Anstellungen als Leibwächter. Für die anfänglichen Unterhaltskosten mußte man tief in die Tasche greifen, bis die Trolle endlich lernten, Türen zu benutzen, anstatt einfach durch die Wand zu gehen.
Als sie Feuerholz sammelten, fuhr Cohen fort: »Die Fähne von Trollen haben’f echt in fich.«
»Wieso?« fragte Bethan.
»Beftehen auf Diamanten. Kann auch gar nicht anderf fein. Nur Diamanten find hart genug, um Felfen fu fermahlen. Und trotzdem müffen fich die fteinernen Burfen jedef Jahr neue wachfen laffen.«
»Da wir gerade bei Zähnen sind…« warf Zweiblum ein.
»Ja?«
»Mir ist aufgefallen…«
»Ja?«
»Oh, nichts weiter«, sagte der Tourist kleinlaut.
»Ja? Oh. Ich flage vor, wir entfünden daf Feuer, bevor ef völlig dunkel wird. Und dann…« Cohen sah plötzlich wie ein Häufchen Elend aus. »Und dann kochen wir eine Fuppe.«
»Das sollten wir Rincewind überlassen«, sagte Zweiblum fröhlich. »Er kennt sich bestens mit Kräutern, Wurzeln und solchen Dingen aus.« Cohen warf Rincewind einen skeptischen Blick zu.
»Nun, daf Reitervolk hat unf einen Vorrat an getrocknetem Pferdefleiff mitgegeben«, stellte der Barbar fest. »Wenn du einige wilde Fwiebeln und fo’n Feug finden kannft, fmeckt’f vielleicht beffer.«
»Aber ich…« begann Rincewind, brach dann aber ab und fügte sich in sein Schicksal. Wenigstens weiß ich, wie Zwiebeln aussehen, dachte er. Es sind weiße, knollenartige Dinger, aus denen oben ein grüner Stengel ragt. Dürften eigentlich nicht schwer zu finden sein.
»Na gut, ich gehe und sehe mich mal um, einverstanden?« sagte er. »Ja.«
»Vielleicht dort drüben, im dichten und dunklen Unterholz?«
»Ja, fieht vielverfprechend auf.«
»Dort, wo es so finster ist, daß man nicht einmal einen Meter weit sehen kann?«
»Feint mir der ideale Ort fu fein.«
»Das habe ich befürchtet«, murmelte Rincewind bitter. Er ging los und fragte sich, wie man Zwiebeln anlockte. Zwar sind sie vor den Marktbuden an Schnüren aufgereiht, überlegte er, aber vermutlich wachsen sie nicht auf diese Weise. Vielleicht setzen Bauern oder Gemüsezüchter Zwiebelhunde ein, um sie aufzuspüren – oder beschwören sie mit magischen Liedern, was weiß ich.
Es funkelten nur wenige Sterne am Himmel, als sich Rincewind ziellos einen Weg durchs Dickicht bahnte. Er zertrat glühende Pilze, die bedrückend fleischig aussahen und von jedem Gnom mit Beischlafproblemen neidvoll betrachtet worden wären. Kleine, fliegende Geschöpfe stachen ihn. Andere Wesen, die zum Glück unsichtbar blieben, hüpften oder krochen durchs Gebüsch und verfluchten den Eindringling mit krächzenden und zischenden Stimmen.
»Zwiebeln?« flüsterte Rincewind versuchsweise. »Gibt es hier irgendwo Zwiebeln?«
»Dort drüben unter der alten Eibe wachsen einige«, sagte jemand hinter ihm.
»Aha«, brummte Rincewind. »Danke für den Hinweis.«
Längeres Schweigen folgte, nur von dem hungrigen Summen der Mükken unterbrochen, die wie winzige Geier über dem Kopf des Zauberers schwebten.
Schließlich sagte er: »Entschuldige bitte.«
»Ja?«
»Was meinst du mit ›Eibe‹?«
»Den knorrigen kleinen Baum mit den dunkelgrünen Nadeln.«
»O ja. Noch einmal besten Dank.«
Er rührte sich nicht von der Stelle. Nach einer Weile fragte die Stimme im Plauderton: »Kann ich dir sonst irgendwie helfen?«
»Du bist nicht zufällig ein Baum, oder?« fragte Rincewind und blickte nach wie vor starr geradeaus.
»Sei nicht dumm. Seit wann können Bäume sprechen?«
»Oh. Nun, äh, in letzter Zeit hatte ich einige Probleme mit Bäumen, verstehst du?«
»Eigentlich nicht. Ich bin ein Stein.«
Rincewinds Tonfall veränderte sich kaum, als er erwiderte: »Na schön. Äh, ich sollte jetzt besser die Zwiebeln einsammeln.«
»Ich hoffe, sie schmecken dir.«
Langsam und betont würdevoll setzte er sich wieder in Bewegung, entdeckte einige faserige weiße Objekte, zog sie vorsichtig aus dem Boden und drehte sich um.
Einige Meter entfernt sah er einen Felsen. Aber hier wimmelte es geradezu von Steinblöcken – in diesem Bereich ragten die Knochen der Scheibenwelt an vielen Stellen aus dem Boden.
Rincewind warf der Eibe einen scharfen Blick zu, nur für den Fall, daß sie ihn verspottete. Aber es handelte sich um einen Baum, der die Einsamkeit liebte und noch nichts von
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