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Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht der Toten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cyrus Darbandi
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den Fugen und bedeutungslos. Lydia ruft deinen Namen. Er geht durch dich hindurch wie der Kuss, den sie dir gab, das letzte Geleit. Sie streckt ihre Hand aus, aber du bist schon durch die Scheibe ihres Fensters und hinter dem großen, stillen Mann mit den traurigen Augen. Du passt dich seinem Schritt an, und gemeinsam blickt ihr auf das Fenster, hinter dem Lydia steht und Abraham nachsieht. Und du weißt, dass sie heute der Nacht nicht widerstehen wird. Während Abraham in seinen Wagen steigt, steigst du in den glühend heißen Sommer von vor fast dreißig Jahren. Du willst alles wissen. Die ganze Geschichte mit Abraham und dem Felsen. Und in der Intimität seiner verborgenen,verschlossenen Dunkelkammer erfährst du alles, die ganze elende Geschichte.
    Da waren ihr Blick und ihre Gestalt am Fenster ihrer Wohnung und plötzlich die Gegenwart eines anderen, die ihn streifte, und dann war diese Berührung oder was auch immer schon vorbei. Nur der eiskalte Wind, dachte Abraham, der ging durch die Haut bis auf den Grund der Seele. Deshalb sah er so viele erschöpfte Menschen um sich herum. Als er im Toyota saß und ihn wie eine unsichere, zerbrechliche Schaluppe durch das Eismeer der Berliner Straßen bugsierte, rief ihn Kleber über die Freisprechanlage an.
    »Zwei Neuigkeiten, Boss, und alle beide werden dir nicht gefallen.«
    »Na, dann los.«
    »Lydia Beenhakker war als junge Frau drei Jahre lang in der Psychiatrie.«
    Obwohl er auch schon mit diesem Gedanken geliebäugelt hatte, vor allem wegen der Verletzungen, fühlte Abraham sich trotzdem getroffen.
    »Wegen was?«
    »Das habe ich noch nicht herausgefunden. Datenschutz, Patientengeheimnis und so. Aber da gibt’s noch mehr. Sie ist bei uns aktenkundig. Die Delikte liegen zwar Jahre zurück … Drogenbesitz, Prostitution, Brandstiftung, sie hat einige Autos angesteckt. Kein Personenschaden, immerhin. Sie hatte eine ganze Reihe falscher Männer … Unterwelttypen, Kleinkram, keine großen Nummern. Ein sehr unstetes Leben, bis sie Martin Kaminski kennenlernt und ruhiger wird. Kaminski ist Speditionskaufmann. Sie sind seit vier Jahren geschieden.«
    Ruhiger?, dachte Abraham. Oder ruhiggestellt? Oder hatte sie die anscheinend vorhandenen selbstzerstörerischen Seiten ihrer Persönlichkeit in … nun ja, einen Wandschrank verschlossen?
    »Weiter.«
    »Tja, die KT hat mal Dampf gemacht und siehe da – auf der Flasche, die in Margot Beenhakkers Unterleib steckte, haben sich keine Fingerabdrücke von Phelps gefunden.«
    Nun, das waren Neuigkeiten.
    »Aber an ihrem Hals …«
    »Ja. Also was soll das? Er würgt seine Mutter mit bloßen Händen und zieht sich erst danach, als er sie schändet, Handschuhe an?«
    »Unwahrscheinlich, vor allem, wenn es ein spontan ausgeführter Mord war.«
    »Aber wenn er aus Australien kommt, um eine Rechnung zu begleichen, dann plant er das doch. Der planvolle und der planlose Täter in ein und derselben Person?«
    Der planvolle Täter wusste, was er tat. Er hatte sich auf sein Verbrechen vorbereitet, den Mord schon lange im Voraus durchdacht und durchgespielt. Er säuberte den Tatort von Fingerabdrücken und Ähnlichem, was ihn verraten konnte. Der planlose Täter hingegen schlug aus der Gelegenheit heraus zu, er scherte sich einen Dreck darum, Spuren am Tatort zu hinterlassen, er taumelte durch die Mordszenerie wie ein Elefant im Porzellanladen.
    »Oder wir haben es mit noch jemandem zu tun?«, sagte Abraham.
    »Zwei Täter? Aber Groschek, der Nachbar, hat nur Phelps gesehen.«
    Mag ja sein, dachte Abraham. Aber was, wenn da noch jemand in der Wohnung gewesen war? Jemand, dessen Kommen und Gehen der neugierige Nachbar eben nicht bemerkt hatte. Jemand, der dabei war, als Stefan Phelps in Streit mit seiner verhassten Mutter geriet. Sie angriff, würgte. Aber nicht tötete. Er rief sich Lydias Abschiedsworte an der Tür ihrer Wohnung ins Gedächtnis: »Sie kennen ihn nicht. Sie wissen nichts über ihn oder mich. Stefan war ein Glasmensch. Er ist viel zu oft selbst zerbrochen worden, um andere zu zerbrechen.«
    Vielleicht, dachte Abraham, war Phelps schwach und zerbrechlich. Aber für seine Schwester galt das nicht, oder? Er dachte an die metallische Härte in ihrer Stimme: an eine tief in ihr liegende versteckte Kraft. Eine Überlebenskraft, die er auch von sich selbst kannte. Eine Art innerer Versteifung. Es gibt Gebiete in uns, in denen herrscht ganzjährig Winter. Die uns suchen, finden uns dort in unseren dunkelsten Stunden.
    Vielleicht

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