Das Licht des Nordens
bleiben, die gerade kalbte. Also fiel es mir zu.
Ich beugte mich hinunter und hob einen Stein auf. Gerade als ich mich aufrichtete, um ihn auf Pleasants Hinterteil zu werfen, hörte ich eine Stimme hinter mir. die sagte: »Wenn du das tust, machst du ihm angst. Dann rennt er davon und schleift dich mitsamt dem Pflug übers Feld und durch den Zaun.«
Ich drehte mich um. Ein groÃer blonder Junge stand am Rand des Felds und beobachtete mich. Er war gröÃer, als ich ihn in Erinnerung hatte, breitschultrig und hübsch. Der hübscheste von allen Loomis-Jungen. Ãber seiner Schulter hing die Eisenfelge eines Wagenrads, seinen Arm hatte er durch die Speichen gesteckt.
»Hey, Royal«, sagte ich und versuchte, ihn nicht allzulange anzustarren. Nicht sein weizenblondes Haar und auch nicht seine Augen, die Minnie als haselnuÃbraun bezeichnete, obwohl ich fand, daà sie genau die Farbe von Buchweizenhonig hatten, auch nicht die kleine Sommersprosse direkt über seiner Lippe.
»Hey.«
Die Loomis-Farm grenzte direkt an unsere. Sie war viel gröÃer. SechsunddreiÃig Hektar. Sie hatten mehr Sumpfland als wir, aber Mr. Loomis und seine Jungs hatten es geschafft, sechzehn Hektar trockenzulegen. Wir hatten nur etwa die Hälfte davon trockenlegen können. Das beste Land, das wir von Baumstümpfen und Felsen befreit hatten, benutzen wir zum Anbau. Heu und Mais für unsere Tiere, dazu Kartoffeln â wovon wir einen Teil behielten und einen Teil verkauften. Das Land, auf dem die verkohlten Baumstümpfe noch verrotteten oder das zu felsig oder sumpfig war, benutzten wir als Kuhweide. Der schlechteste Boden wurde mit Buchweizen bebaut, weil er nicht anspruchsvoll ist und fast überall wächst. Pa hatte gehofft, den Sommer über noch etwa zwei Hektar roden zu können. Aber ohne Lawton schaffte er das nicht.
Royal sah von mir zu Pleasant und wieder zurück. Dann lieà er das Wagenrad zu Boden gleiten. »Laà mich mal probieren«, sagte er und nahm die Zügel. »Hü, lauf los!« rief er und lieà die Zügel geschickt auf Pleasants Rumpf schnellen. Wesentlich härter, als ich es getan hatte. Pleasant rührte sich. Und wie! Tommy und Lou johlten vor Freude, und ich kam mir saublöd vor.
Royal war der zweitälteste Sohn in seiner Familie. Es gab noch zwei jüngere. Daniel, der älteste, hatte sich gerade mit Belinda Becker von Futtermittel-Becker in Old Forge verlobt.
Belinda
ist ein schöner Name. Er zergeht auf der Zunge wie Meringue oder ein Zuckerkringel auf Eischnee. Nicht wie Matt.
Matt
hört sich an wie verfilzte Stellen im Fell eines Hundes oder wie etwas, auf dem man die FüÃe abstreift.
Dans und Belindas Verlobung war eine groÃe Neuigkeit. Es war eine gute Verbindung, weil Dan so tüchtig war und Belinda sicher eine schöne Mitgift einbrachte. Meine Tante Josephine sagte, eigentlich hätte es noch eine Verlobung geben sollen. Royal habe ein Auge auf Martha Miller geworfen, deren Vater Pfarrer in Inlet ist, aber er habe die Verbindung aufgelöst. Niemand wuÃte warum, aber Tante Josie sagte, es sei deswegen geschehen, weil Marthas Leute Herkimer-Diamanten seien â das sind nämlich gar keine Diamanten, sie sehen bloà so aus, sind aber keinen Pfifferling wert. Mr. Miller hat ein Paar hübscher Grauschimmel, und Martha trägt schöne Kleider, aber sie zahlen ihre Rechnungen nicht. Ich habe zwar nicht verstanden, was das mit der Verlobung zu tun hatte. doch wenn dies irgendwer wuÃte, dann meine Tante. Sie ist invalid und hat nichts zu tun, als sich mit Klatsch und Tratsch zu beschäftigen. Sie jagt jedem noch so unwichtigen Gerücht nach wie ein Bär der Bachforelle.
Dan und Royal waren nur ein Jahr auseinander. neunzehn und achtzehn, und lagen ständig im Wettstreit miteinander. Gleichgültig, ob es sich um Baseballspielen, Beerenpflücken oder Holzschlagen handelte. immer versuchte der eine den anderen auszustechen. Letztes Jahr hatte ich die beiden nicht oft zu Gesicht bekommen. Früher traf ich sie, wenn sie Lawton zum Fischen abholten, und früher gingen wir auch alle gemeinsam zur Schule, aber Dan und Royal gingen schon bald ab. Keiner von beiden interessierte sich für Bücherwissen.
Ich beobachtete ihn, wie er eine Furche zog, am Ende des Felds umkehrte und wieder zurückkam. »Danke, Royal«, murmelte ich. »Jetzt mach ich weiter.«
»Ist schon gut. Ich
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