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Das Licht des Nordens

Das Licht des Nordens

Titel: Das Licht des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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länger blieben, also konnten sie sie wenigstens deswegen nicht piesacken.
    Als wir um die letzte Kurve vor Eagle Bay bogen. sahen wir, daß der Nachmittagszug in den Bahnhof einfuhr. Er fuhr nach Raquette weiter, aber erst in etwa einer halben Stunde. Noch immer hatten wir erst April, aber es kamen bereits einige Touristen und Sommerhausbesitzer, und es dauerte eine Weile, bis sie mit ihrem Gepäck ausgestiegen waren, bis die Post. ein paar Holzfäller, die in die Wälder zurückwollten. und Lebensmittel und Kohle für die Hotels abgeladen waren.
    Â»Da ist Lincoln und meine Mama«, sagte Weaver. bevor die massige Lokomotive einfuhr, die den größten Teil der Sicht auf den Bahnhof und die umstehenden Leute versperrte. »Mal sehen, ob sie fertig ist, Matt. Vielleicht kriegen wir eine Mitfahrgelegenheit.«
    Wir überquerten die Gleise und gingen zum Bahnhof, einem Gebäude, das nur aus rohen Planken bestand. Er war nicht annähernd so imposant wie die Bahnhöfe in Raquette oder Old Forge, wo es Restaurants im Innern gibt, aber immerhin hatte er einen eigenen Vorsteher, und es gab einen Ofen für die kälteren Monate und Bänke und einen richtigen Schalter mit einem Gitter davor, wo die Reisenden ihre Fahrkarten kaufen. Wir schlängelten uns an den Touristen. den Schaffnern, an Mr. Pulling, dem Stationsvorsteher. und einigen Arbeitern vorbei, die zu einem der Hotels wollten.
    Weavers Mama stand in der Nähe des Bahnhofs und verkaufte Brathühner, Brötchen und Pastete. Lincoln. ihr Maulesel, war in Gegenrichtung zum Zug an den Karren gebunden, damit Weavers Mama besser an ihre Waren herankam. Lincoln war ein geduldiges Tier. Pleasant hätte nicht so still gestanden. Aber Maulesel, die von einem weiblichen Esel und einem männlichen Pferd abstammen, sind leichter zu handhaben als Mulis, die aus männlichen Eseln und weiblichen Pferden gezüchtet werden.
    Â»Brauchst du Hilfe, Mama?« fragte Weaver.
    Â»Oh ja, Schatz!« antwortete sie, und beim Anblick ihres Sohnes leuchtete ihr Gesicht auf wie eine Lampe. Das war jedesmal so, selbst wenn sie ihn erst zehn Minuten zuvor gesehen hatte. Weavers Mama hat natürlich einen Vornamen. Sie heißt Aleeta. Und Fremde nennen sie Mrs. Smith. Aber in der Gegend von Eagle Bay nennt sie jeder Weavers Mama, denn genau das ist sie. Mehr als alles andere.
    Â»Hallo, Mattie, Schätzchen«, sagte sie in ihrem weichen, schleppenden Tonfall.
    Ich grüßte sie, und sie reichte mir einen Keks. Sie trug ein blaues Baumwollkleid und eine Schürze, die sie aus einem Mehlsack genäht hatte. Ein Stück Baumwollstoff, der gleiche aus dem das Kleid bestand. war um ihre Zöpfe geschlungen und am Hinterkopf zusammengebunden. Sie war ebenso hübsch wie ihr Sohn. Ein kräftiges Gesicht mit glatter, fast faltenloser Haut und freundlichen Augen, die aber nicht zu ihrem jungen Gesicht paßten. Sie wirkten irgendwie uralt. als hätte sie das meiste gesehen, was es in dieser Welt zu sehen gab, und nichts könnte sie mehr überraschen.
    Â»Siehst du die Dame, die da aus dem Fenster winkt. Weaver? Bring ihr das rüber«, sagte sie und reichte ihm ein in Zeitungspapier eingewickeltes Paket. Dann machte sie noch eines. »Das ist für den Lokführer, Mattie. Reich’s ihm hinauf, Schätzchen.« Ich schob den Rest meines Kekses in den Mund, legte meine Bücher auf den Karren, nahm das Paket und lief zum Anfang des Zugs, doch mir gefielen weder die stampfenden Geräusche, die er machte, noch der stechende Kohlengeruch oder die großen Dampfwolken. die unter ihm herausquollen.
    Â»Bist du das, Mattie Gokey?« dröhnte eine laute Stimme zu mir herunter.
    Â»Ja, ich bin’s, Mr. Myers. Ich bring Ihnen Ihr Abendessen.«
    Mit rotem, verschwitztem Gesicht beugte sich Hank Myers herunter und nahm sein Paket. Er wohnte in Inlet, und jeder kannte ihn. Auf den Strecken zwischen den Städten warf er den Kindern Bonbons zu. Saure Drops, Pfefferminzkugeln und Kaugummistücke.
    Â»Da ist das Geld, Mattie. Richte Weavers Mama meinen Dank aus.« Er warf mir ein paar Münzen und eine Pfefferminzkugel zu, die ich in die Tasche steckte. um sie Beth zu geben. Die Münzen würde ich in die Wechselgeldbüchse von Weavers Mama stecken. Wenn sie nach Hause kam, würde sie alles in die Zigarrenkiste leeren, die sie unter ihrem Bett aufbewahrte – die Ersparnisse für Weavers College.
    Als

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