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Das Licht des Nordens

Das Licht des Nordens

Titel: Das Licht des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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mir drein und bissen winzige Stückchen aus ihren Plätzchenhälften, um zu sehen. wer am längsten damit auskam. Daisy befand sich am hinteren Ende des Teichs, ganz in der Nähe der Stelle. wo die Weide der Loomis anfängt. Sie machte einen schrecklichen Lärm und brüllte wie am Spieß. Baldwin, das Kalb, das Beth so getauft hatte, weil es ein so langes, ernstes Gesicht hatte wie Mr. Baldwin, der Leichengräber, brüllte ebenfalls.
    Â»Schon gut, Daisy! Komm, schon gut«, rief ich und rieb die Finger, als hätte ich einen Leckerbissen für sie. »Komm, mein Mädchen!«
    Lou und Beth aßen ihr Plätzchen auf und begannen ebenfalls, der Kuh etwas zuzurufen. Mit unserem Geschrei und Daisys und Baldwins Gebrüll veranstalteten wir einen ziemlichen Lärm.
    Â»Hört sich an wie die Stadtkapelle von Old Forge. Genauso laut und mindestens genauso schrecklich.«
    Ich drehte mich um. Es war Royal. Seine Hemdsärmel waren hochgekrempelt und entblößten seine muskulösen Arme, die von der Sonne schon braun waren. Sein Gesicht war von der Arbeit gerötet und seine Wangen mit Staub bedeckt. Die Hände hatte er in die Taschen gesteckt, und mit seinen kräftigen Beinen stand er da, als gehöre er an diesen Ort. Genauso wie die silbrigen Bäche, die großen, dahinjagenden Wolken und die Rehe im Wald. Er war auch so schön wie dies alles und raubte mir den Atem. Seine Augen hatten die Farbe von Bernstein. Nicht haselnußfarben. nicht wie Buchweizenhonig, wie ich gedacht hatte. sondern wie warmer, dunkler Bernstein. Sein Haar. golden und zu lang, kräuselte sich über seinen Ohren und fiel über seinen Nacken hinab. Sein Hemdkragen stand offen, und ich mußte auf das Stück glatter Haut starren, das sich darunter zeigte. Er bemerkte meinen Blick, und ich wurde puterrot.
    Â»Deine schlauen Bücher sagen dir wohl nicht, wie man eine Kuh aus einem Teich holt?« fragte er.
    Â»Ich brauch kein Buch, das mir sagt, wie man eine Kuh aus einem Teich kriegt«, antwortete ich und rief noch lauter nach Daisy. Als das nichts fruchtete. winkte ich mit der Schlinge, was nur zur Folge hatte. daß ich Baldwin erschreckte. Er lief noch tiefer in den Teich hinein und die Mutterkuh hinterher.
    Royal beugte sich hinunter und hob ein paar Steine auf. Dann stellte er sich hinter Daisy und zielte auf ihr Hinterteil. Der erste Stein erstaunte sie, der zweite setzte sie in Bewegung. Sie rannte auf uns zu. Lou schaffte es, sie zu packen, ich warf ihr die Schlinge über den Kopf und schimpfte sie tüchtig aus. Baldwin brauchten wir nicht festzubinden, er würde seiner Mutter folgen.
    Obwohl es mich fast umbrachte, dankte ich Royal. »Ich weiß nicht, warum sie hierherkommt«, sagte ich. »Sie hat selbst einen schönen Teich.«
    Royal lachte. »Sie kommt nicht her, weil sie baden will. Hinter ihm ist sie her«, sagte er und deutete auf die Weide hinter dem Teich. Zuerst konnte ich nicht sehen, wovon er redete, aber dann entdeckte ich ihn. Er stand am Rand des Felds im Schatten einiger Fichten: der Bulle. Er war riesig und furchteinflößend, und er beobachtete uns. Ich sah seine dunklen Augen blinzeln und seine samtigen Nüstern zucken und hoffte inständig, daß der Zaun um ihn stabiler war, als derjenige, den Daisy durchbrochen hatte.
    Â»Also, nochmals vielen Dank, Royal. Wir gehen jetzt lieber«, sagte ich und wandte mich in Richtung des Feldwegs, der nach Hause führte.
    Â»Ich begleite dich«, antwortete er.
    Â»Das brauchst du nicht.«
    Er zuckte mit den Achseln. »Macht mir nichts aus.«
    Â»Ich möchte sie führen, Matt«, sagte Beth. Ich ließ sie machen, und sie begann wieder eins von Pas Holzfällerliedern zu singen. Lou ging neben ihr, ihr kurzgeschnittenes Haar wehte im Wind, und Lawtons Overall schleifte mit dem Hosenaufschlag über den Boden.
    Royal redete über Farmarbeit, während wir gingen. Über den Mais, den er und Dan anpflanzen wollten. und daß sein Vater sich überlege, ein paar Schafe anzuschaffen. Er redete ununterbrochen weiter und gab mir keine Möglichkeit, auch etwas zu sagen. Nach einer Weile jedoch holte er Luft, und nur, um auch etwas zu sagen, erzählte ich ihm, daß ich aufs College gehen würde. Ich sagte ihm, daß ich am Barnard angenommen worden sei und, wenn ich genügend Geld zusammenbringen könnte, auch hingehen würde.
    Er blieb wie

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