Das Licht in Buddhas Spiegel - Neal Carey 2
sondern das System. Wenn man das System einmal kapiert hatte, war jede Bibliothek ein Heimspiel. Jagdgrund.
Er fing an wie immer – mit Standard & Poor’s, Moody’s, Dun & Bradstreet – und fand heraus, daß AgriTech viel kleiner war, als er vermutet hatte. Nur Rang 16 auf der Liste der agrochemischen Unternehmen.
Noch überraschender aber war, daß es sich um eine Firma in Privatbesitz handelte. Das ergab eigentlich keinen Sinn. Firmen, die sich mit langwierigen Forschungsprojekten beschäftigen, können normalerweise alles Geld gebrauchen, das der Markt hergibt. Und da sie attraktive Investitionen anzubieten haben, gehen die anfänglichen Geldgeber meistens ganz schnell an die Börse.
Aber Privatfirmen sind und bleiben genau das – privat. Es ist schwieriger, Informationen zu kriegen, und sie werden nicht so genau beobachtet. Neal fand eine Ausgabe von Ward’s Directory, die über Privatfirmen informierte. AgriTech, erfuhr er, beschäftigte 317 Leute – nicht viel für eine Forschungsfirma – und hatte nur ein Spezialgebiet: Sie entwickelten Pestizide für Tabakbauern.
Pestizide? dachte Neal. Was ist mit dem Dünger? Der guten alten Hühnerkacke?
Er sah die Liste mit den Direktoren und Vorstandsmitgliedern durch. Der Präsident war ein gewisser P. Little, Ph. D.. Chemiestudium in Nebraska, Illinois, und am MIT. Beeindruckender Lebenslauf, er war bei einer ganzen Reihe großer Chemiekonzerne gewesen. Vizepräsident Harold D.Innes: genauso. Langweilig. Aber Sekretär/Schatzmeister Paul R. Knox – schon der Titel war ungewöhnlich – war interessanter. Die übliche Management-Ausbildung, inklusive eines M. B. A. von der Columbia und einer langen Liste ehemaliger Arbeitgeber – aber irgendwas war da komisch. Knox hatte für Trans Pax gearbeitet, eine Import-Export-Firma in San Diego, bevor er bei einem sogenannten Council for Swedish-American Trade anheuerte. Dort war er zwei Jahre geblieben, dann hatte er einen Job in Stockholm bekommen, bei Sverigenet, einer amerikanischen Computerfirma. Nach drei Jahren war er nach Hongkong gegangen, als Executive Director einer Telekommunikationsfirma namens Dawson and Sons, Ltd. Zwei Jahre dort, dann hatte er sie zugunsten von Directions in Social Inquiry in Silver Springs, Maryland, verlassen. Und dann auf ins Board von AgriTech.
Bei dem Lebenslauf scheint der Kerl weniger von Chemie zu verstehen als irgendein High-School-Schüler, dachte Neal.
Er las die Liste der weiteren Board-Mitglieder. Keiner der Namen sagte ihm etwas – bis auf einen: Ethan Kitteredge, der Chef höchstpersönlich. Also war die Bank mit einem Batzen Dollars aufgetaucht und hatte sich Sitz und Stimme im Board gekauft. Aber warum?
Folg dem Geld. Oder, in diesem Falle, dem Schatzmeister. Irgendwo und irgendwann hatte Ethan Kitteredge diesem windigen Paul Knox ein paar Dollarbündel in die Hand gedrückt.
Neal verließ die Bibliothek, holte sich auf der anderen Straßenseite einen schwarzen Kaffee und einen getoasteten Bagel und ging wieder zurück. Es war schon Mittag, und er würde die Prozedur, die er mit AgriTech begonnen hatte, mit allen ExArbeitgebern von Knox wiederholen müssen. Er schätzte, daß er dafür mindestens drei Stunden brauchen würde. Brauchte er aber nicht – keine der Firmen existierte.
Er sah überall nach, konnte aber keine Einträge für Trans Pax, Internet International oder Directions in Social Inquiry finden. Dawson and Sons wäre sowieso nicht aufgeführt, aber Neal vermutete mittlerweile, daß auch das eine Scheinfirma war.
Blieb der Council for Swedish-American Trade. War das eine Nonprofit-Agentur, die die Wirtschaft ankurbeln sollte, eine von der Regierung unterstützte Vermittlungsagentur oder ein Privatkonzern, der von jedem vermittelten Deal zehn Prozent kassierte?
Neal fand das Telefonbuch von Washington, D. C., auf Mikrofilm, aber der Council war nicht eingetragen. Er fand allerdings die Nummer des Department of Commerce, und nachdem er ein halbes Dutzend Mal durchgestellt worden war, landete er beim International Trade Administration’s Export Counseling Center, das zumindest so tat, als interessiere es sich für Neals brillanten Plan, sehr leistungsstarke Elektro-Öfen nach Schweden zu exportieren. Ein netter Beamter stellte Neal zum Schweden-Beauftragten durch, der höflich Begeisterung heuchelte und Neal riet, das schwedische Konsulat, das Board of Trade und das Interior Affairs Bureau anzurufen. Kein Wort vom Council for Swedish-American
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