Das Licht in Buddhas Spiegel - Neal Carey 2
lebendig, und sie haben beide mich benutzt, um ihn zu kriegen. Aber was will Pendleton?
»Und Sie haben vor, Ihr Produkt nach China mitzunehmen?«
»Ich habe vor, bei Lan zu bleiben.«
Lan kam wieder ins Bad. Sie hatte sich eine Jeans angezogen, einen schwarzen Jersey-Pullover, Sandalen.
»Sie liebt Sie nicht«, sagte Neal. »Wissen Sie das nicht? Sie ist eine chinesische Spionin. Sie haben sie geschickt, damit sie mit Ihnen schläft. Das gehört zu ihrem Job.«
»Ich weiß das. Sie hat es mir gesagt.«
»Können wir aus dem Bad gehen?« fragte Neal. »Ich komme mir langsam vor wie in Skandal in der Oper.«
Lan und Pendleton setzten sich auf das Bett, Neal setzte sich in einen alten Ohrensessel vor dem Fenster.
»Also sind Sie echt verliebt, ja?«
Ja. Sie erzählten ihm ihre Geschichte, wechselten sich ab, wie Jungverheiratete, die einem Fremden erzählten, wie sie sich kennengelernt hatten. Sie war eine Art Spionin. Das war ihr Fahrschein, der Preis für ein relativ freies Leben in Hongkong und Amerika. Sie war wirklich Malerin, und das war ihre Tarnung in den Staaten. Ihre Bosse begrüßten das, denn so hatte sie Zugang zur Kultur, was in den Staaten Geld bedeutete, was Macht bedeutete. Sie bestand darauf, alle Cocktailparties zu besuchen, alle Empfänge, alle Firmentagungen. Normalerweise mußte sie nicht mehr abliefern als schlicht die Berichte, wer wer war, wer was tat, und wer vielleicht Sympathien entwickeln würde für eine hart arbeitende Nation kommunistischer Reformer.
Dann kam Pendletons Konferenz. Sie gabelte ihn in einem teuren Restaurant auf – umgarnte ihn, köderte ihn mit dem simplen Geschenk der Aufmerksamkeit. Sie verführte ihn dazu, sie zu verführen, brachte ihm bei, was ihre Trainer ihr beigebracht hatten, redete mit ihm, hörte ihm zu.
Am Morgen meldete sie sich zurück. Am Nachmittag bekam sie neue Order, nachts lag sie wieder in seinem Bett. Sie nahm ihn mit in den siebten Himmel, dann lag sie still in seinen Armen, während er von seinem Leben erzählte, seiner Arbeit, seinen Träumen. Sie brachen auf zu einem langen Morgenspaziergang in Chinatown, sahen die Alten Tai-Chi-Übungen machen, aßen Dim Sums und tranken Tee, dann gingen sie wieder ins Bett. Sie mußte zu ihrer Ausstellung nach Mill Valley fahren, er besuchte sie dort und lernte ihre Freunde kennen, dann fuhren sie jeden Tag dorthin.
Dann kam er: der Weiße-Tiger-Soldat Mark Chin. Sie entkamen gerade noch. Sie mußten sich verstecken. Li Lan redete mit ihrer guten Freundin Olivia Kendall. In der Stille des Kendall-Hauses redeten Lan und Pendleton stundenlang, erzählten einander die bislang verborgenen Teile ihrer Leben, überlegten, was zu tun war. Pendleton wußte, daß AgriTech nach ihm suchen würde, vielleicht würden sie jemanden schicken, ihn zu holen, und da tauchte auch schon Neal auf. Sie waren nicht sicher, ob er von der CIA war oder ob AgriTech ihn angeheuert hatte, aber sie mußten ihn loswerden. Sie wollten ihn betrunken machen, ihn nackt in den Jacuzzi befördern und ihm guten Grund geben, dort auf Li Lan zu warten. Bloß wäre Li Lan nicht zurückgekommen. Sie wollten nach Hongkong fliehen, wo sie ihre Bosse und deren 14K-Alliierten lange genug hinhalten würde, um sich zu überlegen, was zu tun war. Sie war genauso überrascht wie Neal, als sie den Schuß hörte. Verängstigt rannte sie um so schneller, und sie erwischten den nächsten Flug nach Hongkong.
Eigentlich hätte sie ihn sofort abliefern müssen, aber sie zögerte. Sie waren verliebt, wirklich verliebt, und sie wußte nur zu gut, was ihn in China erwarten würde. Auch ihr Leben in Freiheit war vorbei. Ihr Cover war nichts mehr wert, sie konnte nicht mehr in den Westen zurückkehren. Man würde ihr irgendeinen blöden Bürojob geben, und mit der dekadenten Malerei war es aus. Also dachte sie sich Geschichten aus, sagte, sie hätte Schwierigkeiten, ihn zu überzeugen, sie brauche mehr Zeit, mehr Raum. Außerdem sei ihre Spur noch zu heiß. Sie drängte auf Geduld.
»Und dann tauchte ich wieder auf«, warf Neal ein.
Sie nickte. »Sie sagten allen, wo wir waren.«
Deswegen mußte sie ihn aufhalten. Er brachte sie in Not. Ihre Bosse wurden nervös. Weißer Tiger konnte die Spur aufnehmen, die CIA schnüffelte herum. Er brachte sie in große Gefahr, und sich auch: Ihre Vorgesetzten wollten ihn töten. Deswegen mußte sie ihn stoppen, mußte ihn treffen, um ihn zu überreden, nicht mehr zu suchen.
»Dann haben Sie mich angerufen, um sich mit
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