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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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er gesagt hat, seltsam vor. Sein Gerede von den Ersten zum Beispiel ...«
    »Wäre es dir lieber, er hätte sie Götter genannt?«
    »Das macht keinen Unterschied.«
    »Vielleicht doch«, gab sie zu bedenken. »Wenn der Berg Meru aus der Sage tatsächlich existiert, gibt es sicher auch für die Ersten eine reale Entsprechung.«
    »Eine reale Entsprechung für überirdische Kreaturen, die an Lichtfäden auf die Erde kommen und den Menschen die Zivilisation bringen?« Hingis machte kein Hehl aus seinen Zweifeln.
    »Womöglich war es kein Licht, an dem sie herabgestiegen sind, sondern lediglich etwas, das gleißend hell leuchtete«, führte Sarah ihren Gedanken aus, »womöglich so strahlend hell, dass es bei den Menschen, die es beobachteten, zu äußerlichen Veränderungen führte. Man weiß inzwischen, dass beispielsweise jene bedauernswerten Kreaturen, die in Wanderzirkussen als Absonderlichkeiten vorgeführt werden, in Wirklichkeit ...«
    »Du willst die Zyklopen mit behaarten Frauen und siamesischen Zwillingen vergleichen?«, zischte Hingis.
    »In gewisser Weise, ja. Vielleicht war die Veränderung, die jenen Menschen widerfahren ist, so einschneidend, dass sie fortan von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Das würde auch erklären, weshalb sich die Einäugigkeit wieder verlor, als die Zyklopen begannen, sich mit gewöhnlichen Menschen zu vermischen.«
    Hingis war nicht überzeugt. »Und die Ersten?«, wollte er wissen.
    »Waren womöglich Wesen, die ...«, Sarah suchte nach den passenden Worten, »... nicht dieser Welt entstammten«, brachte sie schließlich zaghaft hervor.
    »Nicht dieser Welt?« Hingis schaute zum Sternenmeer, das vom Firmament herunterblitzte. »Bei aller Liebe, werte Freundin! Ich kenne deine Schwäche für die Romane von Monsieur Verne, aber ...«
    »Das meine ich nicht«, versicherte Sarah, »aber fast alle Religionen des Ostens sprechen von der Möglichkeit anderer Welten und Wirklichkeiten. Was, wenn sich auch dahinter eine tiefere Wahrheit verbirgt? Hast du an diese Möglichkeit gedacht?«
    »Nein«, gab Hingis zu, »und das werde ich auch nicht, denn du, liebe Freundin, bist schon wieder dabei, Physik und Metaphysik zu verwechseln. Vergiss nicht, was Hieronymos über die Ersten erzählt hat. Selbst wenn jene Wesen - wie du es nennst - aus einer anderen Welt zu uns gekommen wären, wie hätten sie einander verlieren und über all die Zeit hinweg suchen sollen?«
    »Nicht Wesen, Friedrich«, widersprach Sarah. »Ich spreche von Seelen. Verwandten Geistern, die getrennt wurden und wieder zueinander finden wollten, weil sie ...«
    »Schluss, kein Wort weiter!«, blaffte der Gelehrte. »Ich möchte nichts mehr hören!«
    »Aber ...«
    »Mir will scheinen, werte Freundin, dass dir die dünne Luft in diesen Höhen nicht bekommt«, sagte er und schaute Sarah ablehnend, fast feindselig an. Es war derselbe Ausdruck, den sie früher in seinem Gesicht gesehen hatte, als sie noch erbitterte Gegner gewesen waren. Für einen Moment wünschte sie sich, nicht Friedrich Hingis, sondern Maurice du Gard an ihrer Seite zu haben, der übersinnlichen Dingen gegenüber aufgeschlossen gewesen war und ihre Gedanken sicher nicht gleich verworfen hätte, so abwegig sie auch erscheinen mochten. Aber du Gard war nicht hier, ebenso wenig wie der alte Gardiner oder Kamal. Friedrich Hingis war einer der wenigen Verbündeten, die ihr geblieben waren, und womöglich tat sie gut daran, dieses Mal auf ihn zu hö ...
    »Lady Kincaid! Lady Kincaid!«
    Ufuks Stimme gellte durch die Nacht und riss Sarah aus ihren Gedanken. Sie fuhr hoch und sah den Jungen aus dem Hauseingang stürmen, vorbei an den verblüfften Wachen. Mit wieselflinken Schritten rannte er auf sie zu, ungeachtet seiner weiten Pluderhosen. Sein Atem ging heftig, Entsetzen stand in seinen Zügen.
    »Ufuk«, rief Sarah ihm entgegen. »Um Himmels willen!«
    Keuchend kam er bei ihr an und wäre vor Erschöpfung gestürzt, hätte Hingis ihn nicht aufgefangen. »Was ist los, Junge?«, wollte auch er wissen. »Was ist passiert?«
    »Böse Dinge«, presste Ammons Diener hervor, während er weiter nach Luft schnappte. »Böse Dingen gehen vor sich ...«
    »Berichte«, verlangte Sarah, und nachdem er ein paarmal tief durchgeatmet hatte, fand Ufuk immerhin die Kraft, einige Worte hervorzustoßen.
    »Russen ... Abramowitsch ...«
    »Was ist mit ihnen?«
    »Haben den Palast verlassen ...«
    »Ich weiß«, versicherte Sarah. »Abramowitsch und Igor wollten die

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