Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Liebesleben der Hyäne

Das Liebesleben der Hyäne

Titel: Das Liebesleben der Hyäne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
Vom Netzwerk:
ich es fertig hatte, wackelten die Wände. Nur vier oder fünf Leute kamen nicht zum Klatschen. Sie hatten mit einer Balgerei alle Hände voll zu tun. Ich würde glücklich über die Runden kommen. Ich mußte nur dranbleiben.
    Ich las weitere Gedichte, leerte eine Flasche nach der anderen und wurde immer betrunkener. Die Worte kamen mir immer schwerer über die Lippen. Ich ließ ganze Zeilen aus, und gelegentlich fiel mir ein Gedicht zu Boden. Dann hörte ich auf, saß nur noch da und trank.
    »Das ist gut«, sagte ich zu ihnen, »– ihr blecht, damit ihr mir beim Trinken zusehen könnt.«
    Ich gab mir einen Ruck und machte weiter. Schließlich las ich ihnen noch ein paar wüste Sachen vor und brachte es zu Ende. »Das war’s«, sagte ich.
    Sie schrien nach mehr.
    Die Boys vom Schlachthof, die Boys von Sears Roebuck, die Boys in sämtlichen Fabrikhallen, wo ich in jungen und nicht mehr so jungen Jahren malocht hatte – sie hätten mir das nie geglaubt.
    Bei Marty im Büro tranken wir weiter, und einige dicke Bomber-Joints machten die Runde. Er rief das Mädchen von der Kasse an und erkundigte sich nach den Einnahmen.
    Tammie starrte ihn mit glasigen Augen an. »Ich mag dich nicht«, sagte sie. »Ich kann deine Augen nicht leiden.«
    »Halt dich mal nicht mit seinen Augen auf«, sagte ich. »Wir warten nur noch auf unser Geld, dann gehn wir.«
    Marty schrieb eine Quittung und hielt sie mir hin.
    »Hier«, sagte er, »unterschreib mir für die $ 200 …«
    »$ 200!« schrie ihn Tammie an. »Du mieser Knochen!«
    Ich sah auf die Quittung. »Er macht nur einen Witz«, sagte ich zu ihr. »Krieg dich wieder.«
    Sie hörte nicht darauf. »$ 200! Du mieser …!«
    »Tammie«, sagte ich. »Es sind $ 400 …«
    »Unterschreib die Quittung«, sagte Marty, »dann geb ich dir die Knete.«
    »Ich hab ziemlich Schlagseite gekriegt da draußen«, sagte Tammie jetzt zu mir. »Ich hab den Kerl neben mir gefragt, ob ich mich bei ihm anlehnen kann, und er hat gesagt ›Okay‹ …«
    Ich unterschrieb, und Marty gab mir ein Bündel Scheine. Ich verstaute das Geld in der Jackentasche.
    »Tja, Marty, ich glaube, wir sollten jetzt gehn.«
    »Ich hasse deine Augen«, sagte Tammie zu ihm.
    »Warum bleibst du nicht noch eine Weile?« fragte mich Marty. »Noch ein bißchen reden.«
    »Nein, wir müssen los.«
    »Ich muß mal auf die Toilette«, sagte Tammie.
    Sie ging.
    Nach zehn Minuten stand Marty hinter seinem Schreibtisch auf und sagte: »Augenblick, ich bin gleich wieder da.«
    Ich setzte mich auf die Kante des Schreibtischs und wartete. Fünf Minuten. Zehn Minuten. Dann verließ ich das Büro, ging durch die Hintertür, hinaus auf den Parkplatz, setzte mich in den VW. Es vergingen 15 Minuten, 20, 25 …
    Ich laß ihr noch fünf Minuten, dachte ich. Wenn sie dann nicht da ist, fahr ich ohne sie weg.
    In diesem Augenblick sah ich Tammie und Marty aus der Hintertür kommen. Marty zeigte in meine Richtung.
    »Dort ist er.« Tammie schlurfte zu mir herüber. Sie sah reichlich zerzaust und mitgenommen aus. Sie machte die Beifahrertür auf, kletterte auf den Rücksitz und legte sich schlafen.
    Ich verfuhr mich zwei- oder dreimal auf den Freeways, aber ich schaffte es bis nach Hause. Ich weckte Tammie auf. Sie stieg aus, rannte nach oben in ihre Wohnung und knallte die Tür hinter sich zu.

68
    An einem Mittwoch saß Tammie bei mir in der Wohnung, es war eine halbe Stunde nach Mitternacht, und ich fühlte mich sehr krank. Meine Magenwände kamen mir wie wundgescheuert vor, und das Bier, das ich trank, blieb nur mit knapper Not unten. Tammie schien sich Sorgen um mich zu machen. Sie hatte Dancy zu ihrer Mutter gebracht. Obwohl ich krank war, schien es mir, als hätten wir nun doch endlich eine gute Zeit miteinander – einfach zwei Menschen, die zusammen waren.
    Es klopfte an die Tür, und als ich aufmachte, stand Tammies Bruder Jay da. Er hatte einen kleinen Puertorikaner namens Filbert dabei. Sie setzten sich, und ich gab jedem ein Bier.
    »Wie wär’s, wenn wir alle zusammen in einen Pornofilm gehn?« sagte Jay.
    Filbert saß nur da. Er hatte ein schwarzes Schnurrbärtchen, sorgfältig zurechtgestutzt, und ein ziemlich ausdrucksloses Gesicht. Ich dachte unwillkürlich an Vokabeln wie leer, hölzern, tot, usw. Er strahlte rein gar nichts aus.
    »Warum sagst du nicht was, Filbert?« fragte Tammie.
    Er machte den Mund nicht auf.
    Ich stand auf, ging in die Küche und kotzte in den Ausguß. Ich kam zurück, setzte mich hin, griff nach einem

Weitere Kostenlose Bücher