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Das Liebesleben der Hyäne

Das Liebesleben der Hyäne

Titel: Das Liebesleben der Hyäne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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heruntergekommenen Gegend, es wimmelte von Junkies und Prostituierten, und gelegentlich passierte auch mal ein Mord.
    Jetzt kreischte Dancy oben aus dem Fenster: »Hank! Hank! Komm schnell rauf, Hank! Hank, Hank, Hank! Mach schnell, Hank!«
    Ich rannte hoch. Tammie lag platt auf dem Bett, ihr rotes Haar wirr auf dem Kopfkissen. Sie sah mich an.
    »Ich hab eine Kugel erwischt«, sagte sie mit schwacher Stimme. »Ich bin getroffen.«
    Sie zeigte auf eine Stelle an ihren Jeans. Sie machte jetzt keine Witze mehr. Sie war völlig verängstigt. Ihre Jeans hatten einen roten Fleck. Ich ging hin und strich mit dem Finger darüber. Der Fleck war trocken.
    »Hör mal«, sagte ich, »dir ist nichts passiert. Mach dir keine Sorgen.«
    Als ich aus der Tür ging, polterte gerade Bobby die Treppe herauf. »Tammie!« rief er. »Tammie! Was hast du? Ist was passiert?« Bobby hatte sich offenbar erst etwas anziehen müssen, daher seine Verspätung. Während er an mir vorbeikam, wurde ich noch schnell meinen Spruch los:
    »Menschenskind, Bobby, du mischst dich aber auch ständig in mein Leben ein …«
    Er rannte zu ihr hinein, und hinter ihm kam jetzt noch einer an. Es war der Typ von nebenan. Er war Gebrauchtwagenhändler und ein klinischer Fall. Mit Zertifikat.
    Ein paar Tage danach kam Tammie mit einem Brief zu mir herein. »Hank, die Verwaltung hat mir gerade gekündigt.«
    Sie zeigte mir den Schrieb. Ich las ihn sorgfältig durch.
    »Sieht so aus, als wär’s ihnen ernst damit«, sagte ich.
    »Ich hab der Alten gesagt, ich zahl ihr die rückständige Miete, aber sie hat gesagt: ›Wir wollen Sie hier raushaben, Tammie!‹«
    »Du darfst sie eben mit der Miete nicht so lange hängen lassen.«
    »Hör mal, ich hab das Geld. Ich will’s bloß nicht rausrücken.«
    Das war typisch für sie. Sie mußte sich gegen alles sperren. Ihr Wagen war nicht angemeldet, die Plakette vom TÜV war schon längst verfallen, und sie fuhr ohne Führerschein. Sie parkte das Auto im Parkverbot, im Halteverbot, in Ladebuchten, auf reservierten Parkplätzen, ganz egal. Tagelang. Wenn sie high oder angetrunken oder ohne Ausweispapiere von der Polizei angehalten wurde, führte sie den Cops ihre Anatomie vor und hielt einen kleinen Plausch mit ihnen, und sie ließen sie jedesmal wieder gehen. Wenn ein Strafzettel unter dem Scheibenwischer klemmte, riß sie ihn einfach durch und warf ihn weg.
    »Ich besorg mir die Telefonnummer vom Hausbesitzer«, sagte sie jetzt. »Die können mich nicht einfach vor die Tür setzen! Hast du seine Nummer?«
    »Nein.«
    Ich hatte keine Ahnung, wer der Hauseigentümer war und wo er wohnte. Er ließ sich nie blicken.
    In diesem Augenblick kam Irv »The Whorehouse Man« draußen vorbei. Er arbeitete im Massagesalon um die Ecke als Rausschmeißer. Irv war gut einsneunzig groß und bezog Invalidenrente. Und außerdem hatte er einen besseren Verstand als die ersten 3000 Leute, die einem auf der Straße begegnen.
    Tammie rannte zu ihm hinaus. »Irv! Irv!«
    Er blieb stehen und drehte sich um. Tammie schwang ihm ihre Titten entgegen und sagte: »Irv, hast du die Telefonnummer von dem Besitzer hier?«
    »Nee, hab ich nicht.«
    »Irv, ich brauch die Nummer ganz dringend. Gib mir seine Nummer und ich lutsch dir einen runter.«
    »Ich hab die Nummer aber nicht.«
    Er ging die Stufen zu seiner Veranda hoch und steckte den Schlüssel in die Tür.
    »Komm schon, Irv! Ich lutsch dir dafür auch einen!«
    Irv schloß auf, ging rein und machte die Tür hinter sich zu.
    Tammie rannte zum nächsten Bungalow und hämmerte an die Tür. Richard machte die Tür einen Spalt auf, ließ aber die Kette dran. Er war kahl, etwa 45, religiös, lebte allein und saß ständig vor dem Fernseher. Er hatte eine rosige Haut und war reinlich wie ein Mormone. Bei den Verwaltern beschwerte er sich regelmäßig über den Krach in meiner Bude. Er behauptete, er könne nicht schlafen. Die Verwalter sagten ihm, er könne jederzeit ausziehen, wenn’s ihm nicht paßte. Er hatte einen ordentlichen Haß auf mich. Und jetzt stand auch noch eine von meinen Frauen vor seiner Tür. Er ließ die Kette dran.
    »Was wollen Sie?« zischte er.
    »Schau her, Baby, ich brauch die Telefonnummer vom Hausbesitzer. Du wohnst doch schon seit Jahren hier. Ich weiß, daß du seine Telefonnummer hast. Ich brauch sie dringend …«
    »Gehn Sie weg«, sagte er.
    »Komm schon, Baby. Ich werd’ auch sehr nett zu dir sein … du kriegst einen großen saftigen Kuß …«
    »Schlampe!« zischte

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