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Das Liebesspiel

Das Liebesspiel

Titel: Das Liebesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn C Tripp
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das Schwein, eines Tages, wenn er alt genug ist, wird er es tun, nicht mehr lang. Und wenn sie ebenfalls Schuld hat? Sie provoziert ihn. Kommt immer wieder mit der alten Leier an. Gibt ihm die Schuld, alle Schuld, weil er sie mit siebzehn geschwängert hat, in ein Leben gezwängt, das sie nie wollte. Seitdem hat sie sich dagegen aufgelehnt, auf diese oder jene Weise, doch all die Streitereien scheinen immer wieder auf eins hinauszulaufen, nämlich auf das Gespinst, in dem sie sich mit Luce Weld verfing. Jahre ist das nun schon her, dieser Mist, es war eine ganz, ganz schlimme Zeit, bis sich jemand um Weld kümmerte. Danach gab es eine Ruhepause. Seine Mutter weinte viel, das weiß Huck noch, aber irgendwie wirkte sie weicher – es war eine Phase annähernden Friedens zwischen seinen Eltern, sie waren fast wie eine Familie, er war sogar froh darüber, bis dieser verräterische Schädel aus dem Kies rollte.
    Da begann die Gerüchteküche zu brodeln. Man erzählte, dass sein Vater Silas es getan hätte – und er leugnete es nie, schien der Situation gewachsen zu sein –, wer wollte ihm schon vorwerfen, dass er sich rächte, abrechnete. Den wären wir los, sagten die meisten, jetzt ist alles wieder in bester Ordnung. Aber seine Mutter Ada, herrje, wie drehte die durch – hackte ununterbrochen auf Silas herum, was er getan hatte oder getan haben mochte, hack, hack, immer wieder kam sie damit an, Huck wusste nicht, wie er sich verhalten sollte –, dann wurde sie, als reichte das alles noch nicht aus, auch noch frech, zog sämtliche Register. Warf ihren stolzen, schönen Kopf in den Nacken, damit ihr Mann begriff, dass sie weiterhin tun würde, was sie wollte und mit wem sie es wollte, und wenn er Wind von irgendwelchem Mist bekäme, den sie trieb, dann wäre es ihr scheißegal. Es war diese Achtlosigkeit, die seinem Vater den Rest gab, das wusste Huck. Die ihn hochgehen ließ. Seine Mutter brachte ihn um den Verstand, indem sie einfach nicht aufhörte. Dann wehrte sein Vater sich, schrie sie an, er hätte sein Leben für sie vertan. Betrunken lallte er herum: dass er aus dem Krieg heimgekehrt sei, eine anständige Arbeit als Manager bei Woolworth ergattert und die Stelle angenommen habe, weil er meinte, er könnte vielleicht in ihrer Achtung steigen, wenn er einen Anzug trug und jeden Tag in die trubelige Stadt fuhr. Doch sie war nicht beeindruckt, deshalb kündigte er und kehrte heim, um auf dem Hof seines Vaters zu malochen, dann starb sein Vater und der Hof wurde seiner, irgendjemand musste ihn ja bestellen, und ob Silas wollte oder nicht, derjenige war er, und so landete er dort: gefangen, malochend, pulte er Kuhscheiße unter seinen Fingernägeln hervor, mähte Heu, schwitzte, fluchte, packte einen seiner Söhne am Kragen, damit er ihm half, kippte Gin hinunter wie Wasser, während sein Fehlgriff von Frau sich Hals über Kopf in jemand anders verliebte. In diesen Taugenichts Weld.
    Sie war nicht einfach, das wussten sie alle, ihre Jungs. Trotzdem beteten sie ihre Mutter an. Ihre umwerfend aufflackernden Launen und dass sie manchmal schön und still sein konnte, wenn sie nachts an deinem Bett saß, weil du Fieber hattest, dann saß sie stundenlang in der Enge der Dunkelheit neben dir, gab dir schluckweise Orangensaft mit zerstoßenem Eis zu trinken, ihre glatte Hand auf deiner Stirn, und deren perfekte, sanfte Kühle ließ Hitze und Angst schmelzen, und das kleine Lied, das sie in solchen Nächten manchmal sang, wie ging das noch gleich, das Lied? You and me, Love, sang sie. You and me, everywhere.
    Huck schwelgt in diesen Gedanken. Sein Hirn löst sich in Richtung Schlaf, doch noch nicht gänzlich, die Gedanken schwimmen in einem Jenseits wie unter Wasser, eine Geräuschlosigkeit, die voller Geräusche ist, das könnte Gott sein, wenn das ein anderes Wort für Pech wäre.
    Unten hört er die Tür quietschen.
    »He«, ruft er runter, »bist du das?«
    Pard antwortet. Kurz darauf erscheint sein Gesicht.
    »Hab hier nicht mit dir gerechnet«, sagt er und lässt sich auf die Matratze fallen.
    »War laut zu Hause.«
    Pard grinst. »Tja, als ich nach Hause kam, waren beide stockbesoffen, auf dem Tisch stand eine Schüssel kalte Kartoffeln. Da hab ich gedacht, ich komm besser her, ess was Vernünftiges.« Mit dem Messer öffnet er eine Dose Thunfisch. »Auch was?«
    »Nee«, sagt Huck. »Danke.«
    Pard ist für ihn wie ein Schatten, der Einzige, dem er alles erzählen kann, mit dem er über seine verkorkste Familie

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