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Das Liebesspiel

Das Liebesspiel

Titel: Das Liebesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn C Tripp
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Green watschelt durch die Küche, einen Klumpen Brot in seiner heißen, pummeligen Hand zu Matsche gedrückt, und der Vater, Silas, sitzt am Kamin, putzt seine Stiefel, die Küche erfüllt von schwerem Schweigen, irgendein Ärger zwischen den beiden, in den Huck da geraten ist. Seine Mutter stellt einen Topf auf den Herd, aber sie setzt ihn heftiger als notwendig ab, ein Knall, klappernder Deckel, was darin ist, zischt, schwappt heraus. Das reichte schon. Sein Vater knallte die Dose mit Schuhwichse auf die Bank und schoss quer durch den Raum, holte aus und schlug ihr mit dem Handrücken ins Gesicht. Sie flog durch die Luft. Von der Tür aus sah Huck sie fliegen. Es waren diese Momente, in denen ihm klar wurde, wie leicht sie war, seine Mutter, normalerweise eine Naturgewalt, wenn sie mit ihren üblen Launen herumstapfte − seine wunderschöne, leicht entflammbare Mutter mit ihren grün sprühenden Augen, die Dinge heraufbeschworen, welche beruhigend und beängstigend zugleich waren. Man merkte nie, wie zart sie wirklich war, nur in diesen Momenten, wenn sie mit seinem Vater aneinandergeriet und es so wie jetzt ausging – es war Huck ein Rätsel –, das Zimmer in tiefem, fast heiligem Schweigen versunken, das gedämpfte Schnalzen des Feuers, sonst kein Geräusch zu hören, keine Bewegung zu erahnen, nur ihr wunderschönes Ich im lautlosen, unschuldigen Flug – ihr Körper gleichsam emporgehoben, allein durch die Kraft in der Hand ihres Ehemannes –, der Körper emporgehoben, die bloßen Füße den Boden streifend wie ein Engel – ein Augenblick himmlischer Leichtigkeit, bis sie auf einen harten, größeren Gegenstand traf – in diesem Fall ein Schrank –, der ihren Flug unterbrach. Eine Vase im oberen Regal rutschte nach vorne, schwankte an der Kante und wollte kippen, tat es aber doch nicht.
    Da setzte sich Huck in Bewegung. Sein Körper schnellte wie eine gespannte Feder durch den Raum, ein befreiter Pfeil, schoss er am Tisch, am Baby vorbei, stierte stur, mit offenem Mund, über das Häufchen Elend auf seinen Vater, der ausholte, um sie erneut zu schlagen. Huck tat das, was seine älteren Brüder auch getan hätten – Junie mit Sicherheit –, und ging mit all seinen dreiundfünfzig Kilo dazwischen, hätte es nicht tun sollen, aber tat es trotzdem, und es entpuppte sich als großer Fehler. Sein Vater wirbelte herum und traf ihn heftig, den Klotz von einer Hand zur festen Faust geballt, bohrte sie sich in die weichere Stelle mitten zwischen Hucks Rippen. Das Zimmer überschlug, die Decke drehte sich, das Licht über ihm wechselte den Platz mit dem Boden und er lag unten, zu einer embryonalen Kugel zusammengerollt am Tischbein, und jetzt schrie seine Mutter, die Schatten der beiden flackerten über die Wand, das orangefarbene Glühen des Kamins, der Geruch von angebranntem Essen, der heulende kleine Green, und einmal sah Huck vom Boden auf, wo er in einer atemlosen Lache lag, und sah den Vater mit seinem volltrunkenen, geröteten Gesicht drohend über sich aufragen. Er riss sich zusammen. Dachte an gar nichts. Lief nur los.
    Raus aus dem Haus, vorbei an der Scheune und dem Maisspeicher auf seinen Steinstützen, über das erste Tor und zwischen den Feldern entlang, vorbei an den Heuhütten bis zum Flussufer, zum kleinen Hurrikanhaus, das dort ’ 54 angeschwemmt worden war. Es war nichts, gerade mal ein bisschen mehr als ein Hühnerstall, und es fiel fast in sich zusammen. Sie hatten eine Festung daraus gemacht, er, Pard, Eejit und Robbie, hatten ein paar Pferdedecken dort deponiert, einige Flaschen Limonade, eine Dose Sardinen, einen Stapel Autokataloge von J. C. Whitney. Dort geht er nun hinein, lehnt sich rücklings gegen die Tür, einen wild pochenden Schmerz in der Brust, als wäre eine Rippe am schmalen Ende abgebrochen und bohrte sich ihm in die Lunge. Der Boden ist feucht, Erde und Schnee lecken durch die Spalten zwischen den Brettern, deshalb klettert er hoch auf den Speicher, wo es trocken ist, legt sich auf die alte Gänsefedermatratze, die nach Feuchtigkeit und Fäulnis riecht, aber weich ist. Er kriecht ganz unter die Decke, gräbt sich ordentlich ein, lässt seine Stiefel an, nur für den Fall. Sein Körper ist kalt, er spürt, wie die Kälte in ihm arbeitet, starren Fingern gleich seine Wirbelsäule hinunterläuft, sein Kopf leicht taub, sein Körper zittrig, und Gedanken steigen auf, wie Eis, glänzend silberne Brocken, Gedanken, dass er seinen Vater eines Tages umbringen wird, Silas,

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