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Das Lied der alten Steine

Das Lied der alten Steine

Titel: Das Lied der alten Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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um seine Augen spielend.
    »Du erweist mir große Ehre, Sitt Louisa.«
    »Ich zeige nur die Wahrheit.«
    Sie beugte sich vor. »Ich habe Sitt Augusta gesagt, dass wir im Tempel schlafen würden, wenn uns der Mond ermüdet.«
    Er nickte ernst. »Ich habe Kissen und Teppiche. Dann kannst du den Sonnenaufgang beobachten.«
    »Wir werden ihn zusammen beobachten.« Sie streckte die Hand aus und berührte sanft die seine.
    Er rutschte näher zu ihr. »Als sie mich wegschickten, dachte ich, mein Herz würde vor Kummer aufhören zu schlagen«, sagte er schließlich. »Du bist meine Sonne und mein Mond und die Sterne meines Himmels, Sitt Louisa.«
    Langsam beugte er sich zu ihr herüber und berührte ihre

    Lippen mit den seinen. Die Wärme und das Glück, die sie umschlossen, vertrieben alles aus ihren Gedanken außer dem sanften, schönen Mann, der seine Arme um sie gelegt hatte.
    »Beschütze uns, große Isis, und verbirg uns vor neugierigen Blicken, ich bitte dich.« Ihr geflüstertes Gebet stieg empor in der Dunkelheit und schwebte bis zum Mond, während weit unter ihnen auf dem Fluss Lord Carstairs aufstand, sich streckte, sich von den Fieldings in ihrem Salon verabschiedete und dann an Deck kam, wo er einen Augenblick stehen blieb und durch die Palmen ans Flussufer starrte zu dem Tempel, der so heiter auf der Insel im Mondlicht schimmerte.

    Eine ganze Weile herrschte Schweigen. Toby schloss das Tagebuch und legte es auf den Nachttisch.
    »So hat also Louisa Shelley in Ägypten die Liebe gefunden«, sagte er schließlich. »Freut Sie das? Können Sie jetzt das Buch weglegen und sich entspannen und Spaß haben? Es wurde kein Fluch erwähnt. Keine bösen Geister.«
    Sie lächelte. »Sie haben Recht. Ja, ich lege es weg.«
    »Und kommen Sie Segeln?«
    Sie sah auf die Uhr. »Wenn es nicht zu spät ist?«
    »Es ist nicht zu spät.« Er stand auf. »Sie ziehen sich an und ich sehe nach, ob noch ein Boot übrig ist für uns und ob ich Ali oder Ibrahim überreden kann, uns ein paar Sandwiches mitzugeben.
    Ich kann keine persischen Teppiche und Stelldicheins im Mondschein versprechen, aber wir werden unser Bestes tun.« Er wandte sich zum Gehen, hielt dann aber plötzlich inne. »Anna, verzeihen Sie mir eine persönliche Frage, aber was haben Sie da für ein Amulett um den Hals? Das habe ich noch nicht an Ihnen gesehen, oder?«
    Sie legte rasch die Hand darauf. »Es soll mich beschützen.«
    Sie lächelte ihn spöttisch an. »Es nennt sich Horusauge.«
    Er nickte. »Na, ich bin sicher, es wirkt. Bis gleich.«
    Sie traf ihn an Deck und stellte fest, dass tatsächlich eine Feluke übrig geblieben war aus der Traube, die am frühen Morgen das Heck des Schiffes umlagert hatte, um die übrigen Passagiere zu individuellen Ausflügen mitzunehmen.
    Toby half ihr, es sich im Boot bequem zu machen, und kletterte dann noch zweimal auf den Weißen Reiher, einmal, um seinen Skizzenblock zu holen, und dann noch einmal, um Ali um ein paar zusätzliche Saftdosen zu bitten, bis er sich schließlich neben ihr niederließ und ihrem Bootsmann erlaubte, langsam loszusegeln, auf das gegenüberliegende Ufer zu, wo sich das Schiff im stillen Wasser spiegelte. Es war himmlisch, sich auf den abgenutzten Kissen zurechtzulegen, das große dreieckige weiße Segel mit seinen dunkleren Flicken vor dem blauen Himmel zu betrachten. Mit einem Seufzer des Entzückens suchte Anna in ihrer Tasche nach ihrer Kamera.
    »Glücklich?« Toby sah sie amüsiert an, als sie sich zurücklehnte, um das Segel zu fotografieren.
    »Sehr. Danke, dass Sie mich aus meiner Kabine ausgegraben haben.«
    Er hatte seinen Arm auf den Bootsrand gelegt, seine Hand nahe an ihrer Schulter. Seine Tasche lag zu ihren Füßen auf den Planken Er war aus seinen Schuhen geschlüpft, seine Füße auf den warmen Planken waren ebenso braun wie die ihres Bootslenkers. Er lächelte. »Sie mussten gerettet werden, wie Rapunzel.«
    »Glauben Sie, ich hätte mein Haar heruntergelassen?«, fragte sie lachend.
    »Ich glaube, Sie sind drauf und dran.«
    Das Wasser plätscherte leise unter dem Bug, als das Boot drehte und Wind nahm. Das Segel klatschte einmal und füllte sich dann, ein weißer Flügel vor dem Blau. Sie griff wieder nach ihrer Kamera. Der Bootsführer stand entspannt am Bug nahe beim Mast, beschattete die Augen mit der Hand und starrte über das Wasser zum anderen Ufer. Sein Profil vor dem Segel hätte direkt aus einem Tempelrelief stammen, können – die hohe Stirn, die riesigen

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