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Das Lied der alten Steine

Das Lied der alten Steine

Titel: Das Lied der alten Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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glauben, wahnsinnig, wie Sie sein werden, vor Angst und Durst und von den Vergewaltigungen der Männer, die Sie gefangen und in die Wüste verschleppt und Sie der Mittagssonne überlassen haben?« Er steckte langsam das Messer in seinen Gürtel. Er trug eine breite, bestickte Schärpe über seiner englischen Hose. »In einer Minute geht die Sonne auf und mit ihr kommt die Hitze.« Er stemmte seine Hände auf die Hüften.
    »Die Ampulle, Mrs. Shelley.«
    »Ich habe sie nicht.«
    »Ach, kommen Sie.«
    »Natürlich habe ich sie nicht. Meinen Sie, ich nehme sie mit in die Wüste?«
    Er lächelte. »Ich sehe, ich muss Sie erst überzeugen, damit Sie mich ernst nehmen.« Er trat zwei Schritte zurück. »Haben Sie die Tempelverzierungen gesehen, Mrs. Shelley? Haben Sie die Reliefs der Uraei entlang der Wand gesehen, die heiligen Kobras Ägyptens? Haben Sie die Vipern auf den Altären über der Göttin gesehen? Dies ist ein Wüstentempel, Mrs. Shelley.
    Ein Tempel, wo die Löwin dem Wadi hinaus aus der Wüste folgt, um am Fluss zu trinken, und wo die Königsschlange lauert, um sie zu beschützen!« Er wandte sich mit hoch erhobenen Armen gen Osten. »Große Sekhmet, erhöre mich!
    Schwester der Isis und Hathors, Auge von Ra, mächtige Göttin des Krieges, Atem des Wüstenwinds, Herrin der Schlange Apophis, die mit dem Sonnengott kämpft, wenn er aufsteigt, sende mir den Uraeus, deinen Flammen speienden Diener, dass er deine Priester und das Gefäß ihrer Zauberkraft schütze! Sende ihn mir jetzt!« Seine Stimme hallte von den Säulen wider, sodass sie zu klingen begannen. Louisa starrte ihn an, unfähig, ihren Blick von ihm zu wenden, Hassans Kopf in ihrem Schoß.
    Sein Blut sickerte immer weiter auf ihren Rock.
    Hinter ihnen, hinter dem jenseitigen Ufer des Flusses erschien der erste dünne, blutfarbene Bogen der Sonne, Spiegelbild ihres Untergangs am Abend zuvor, und sandte waagerechte Strahlen von Rot und Gold über den Sand. Die Schatten der Sandwellen waren schwarz und das Rot und Gold spiegelte sich im Wasser zu ihren Füßen.
    »Lieber Gott, bitte rette uns«, hörte Louisa sich selbst flüstern, als ob die Worte von jemand anderem kämen.
    Sie sah, wie sich zu Carstairs Füßen ein Schatten bewegte.
    Etwas glitt über den Sand. Sie konnte es jetzt deutlich sehen, den langen bräunlichen Körper, die glänzenden Schuppen, die kleinen Augen wie Perlen. Die Schlange bewegte sich mit ein oder zwei Windungen auf ihn zu und verharrte dann reglos. Sie schien ihn zu beobachten, und als er auf sie und Hassan wies, stellte sie sich auf, spreizte ihre Haube und begann sich hin-und herzuwiegen, wobei ihre Augen nicht von seinen wichen.
    Sie hörte Hassan stöhnen. »Zieh dich langsam zurück. Bewege dich ganz langsam, meine Louisa. Lass mich allein zurück.«
    Carstairs lächelte. »Mrs. Shelley ist nicht in Gefahr, du Hund.
    Der Diener der Isis würde nie einer Frau etwas zu Leide tun.
    Nur Männern. Männer sind anders. Kein Mann, es sei denn ein Priester, darf diese Flasche berühren. Wenn er es dennoch tut, wird der Diener von Isis und Ra ihn töten. Also dich, wertloser Hundesohn. Du bist es, der sterben wird.«
    Hassan wollte sich mühsam aufsetzen, doch Louisa hielt ihn zurück. Sie trat einen Schritt vor und würdigte die Schlange, die

    sich neben Carstairs Füßen wiegte, keines Blickes. »Wenn Sie Hassan töten, werden Sie die Flasche nie wieder zu Gesicht bekommen. Er hat sie irgendwo in den Feldern am Nil vergraben. Niemand sonst weiß, wo sie ist, nicht einmal ich.
    Halten Sie ihm die Schlange vom Hals, Mylord, oder Sie werden es bitter bereuen.«
    Carstairs lächelte, doch seine Augen verrieten eine Spur Unsicherheit. »Warum sollte ich Ihnen Glauben schenken?«
    »Weil es die Wahrheit ist.« Mit gespannten Schultern und geballten Fäusten hielt sie seinem Blick mehrere Sekunden lang stand.
    Er wandte den Blick als Erster ab.
    »Also gut. Aber was hergerufen wurde, kann nicht fortgeschickt werden!«, sagte er leise. »Wo immer Sie hingehen, mein Diener wird Ihnen folgen.« Er wies auf die Schlange. »Bis ich die geweihten Tränen der Isis in meinem Besitz habe, wird mein Diener sie bewachen. Glauben Sie nicht, dass dieser Hund mir entkommen kann. Ich werde ihn beobachten.« Er lächelte grimmig. »In alle Ewigkeit, wenn es sein muss.«

    Das Buch sank aus Annas Händen und sie starrte ausdruckslos vor sich hin.
    »Die Kobra in Charleys Kabine. Carstairs hat sie hergezaubert, nicht die Priester!«
    Toby griff nach

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