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Das Lied der alten Steine

Das Lied der alten Steine

Titel: Das Lied der alten Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Touristenpolizei an Bord stiegen. Es gab einen aufgeregten Wortwechsel mit dem Bootskapitän, dann gingen sie nach hinten, wo Anna und Serena saßen.
    Einer der Beamten setzte sich zu ihnen. »Dieser Mann hat Alkohol getrunken?«
    Beide Frauen nickten.
    »Er war sehr betrunken?« Der größere Mann, offensichtlich der Vorgesetzte, sprach Englisch mit starkem Akzent, aber fließend.

    Anna sah auf. »Ja, er war sehr betrunken. Er hatte aus irgendeinem Grund eine Flasche Wodka bei sich. Er stand auf und«, sie hielt inne und spürte, wie sie wieder weinen wollte,
    »stürzte kopfüber ins Wasser.«
    »Das Wasser ist sehr kalt.« Der Mann schüttelte den Kopf. Er starrte finster über die Bootswand. »Konnte er schwimmen?«
    »Ja.« Ben hatte sich zu ihnen begeben. »Er war ein guter Schwimmer.«
    »Dann sieht es nicht gut für ihn aus. Er hätte auftauchen und rufen müssen.« Der Beamte hob die Schultern. » Yallah! « Er wandte sich an seinen jüngeren Kollegen und nach einem raschen halb lauten Wortwechsel gingen die beiden Männer zum Kapitän zurück, der seinen Kopf schüttelte und immerfort seine Hände an einem öligen Lumpen abwischte.
    Die Schwimmer kehrten einer nach dem anderen zu ihren Booten zurück. Anna sah, wie Toby wieder im Wasser trat und zu einem der Männer auf der Polizeibarkasse hinaufblickte. Er schüttelte den Kopf, doch der Mann lehnte sich herunter und bot seinen Arm an. Anna sah zu, wie Toby aus dem Wasser gezogen wurde. Ein paar Minuten später wurde er, in eine Decke eingehüllt, auf ihr eigenes Boot gebracht. Er zitterte vor Kälte, als er zu ihnen kam.
    »Er ist einfach verschwunden. Das Wasser ist in der Dunkelheit wie Tinte. Man kann die Lichter sehen, wenn man nach oben schaut, aber nichts unter sich. Nichts!«
    »Es war sehr mutig von dir, ihm hinterherzuspringen.« Anna beugte sich vor und berührte seine Hand. Sie war eiskalt.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht drüber nachgedacht.
    Ich hätte warten sollen. Sehen, wo er auftaucht.«
    »Er ist nicht aufgetaucht, Toby.« Serenas Gesicht war tränenüberströmt. »Wir haben alle geschaut.«
    Erst lange Zeit später erreichten die Passagiere ihr Schiff. Die Mannschaft begegnete ihnen mit ernsten Gesichtern und nötigte sie sofort in den Speisesaal. Während Toby von Omar beiseite geführt wurde, damit ein Arzt ihn nach seinem langen Aufenthalt im kalten Nilwasser untersuchen konnte, marschierten die anderen folgsam zu den gedeckten Tischen und nahmen Platz.
    Niemand hatte sonderlichen Appetit. Schon bald brachen sie zu zweit oder zu dritt zu den Kabinen auf. Serena folgte Anna in ihre Kabine, wo sie sich nebeneinander auf das Bett setzten.
    »Es war ein dummer Unfall, Anna.« Serena legte einen Arm um ihre Gefährtin. »Er war betrunken.«
    »Es war unsere Schuld. Wir haben ihn beide aufgestachelt.
    Wenn ich die Flasche nicht weggeworfen hätte, wäre es nicht passiert.« Anna blinzelte die Wand an. Irgendetwas stimmte nicht mit ihren Augen. Plötzlich sah sie die Sonne wieder; den Sand, die Wedel einer großen Palme, die sich immerfort bewegten.
    »Nein. Es hätte in jeder Sekunde geschehen können. Es hätte hier, auf diesem Schiff geschehen können! Andy war so!« Serena zuckte die Achseln. »Er war ein Narr. Ein großer, dummer, böswilliger, verlogener Narr.« Plötzlich schluchzte sie heftig.
    Anna erhob sich. Sie schüttelte den Kopf und rieb sich die Augen. »Ich hole uns etwas von der Bar.« Sie zögerte kurz, dann ging sie zur Tür hinaus in den menschenleeren Flur.
    Ibrahim stand hinter der Theke. Mehrere Leute saßen in Gruppen auf den Sofas an den Seitenwänden der Lounge und unterhielten sich gedämpft. Er sah auf, als Anna hereinkam, und setzte eine ernste Miene auf. »Haben Sie Ihr Amulett getragen?«
    Sie nickte.
    Ibrahim zuckte mit den Schulten. »Die Götter lassen nicht mit sich spaßen, Mademoiselle. Es tut mir Leid für Monsieur Andrew, aber so etwas kommt vor. Inschallah! «
    »Er hat es nicht verdient zu sterben, Ibrahim.« Sie stieg auf einen Barhocker und stützte sich müde auf ihren Ellbogen.

    »Das haben nicht wir zu entscheiden, Mademoiselle. «
    »Hätte ich ihn retten können?« Sie sah zu ihm auf.
    Er erwiderte ruhig ihren Blick. »Nicht, wenn es geschrieben steht, dass es sein Schicksal ist.«
    »Ich denke immer, wir werden seine Stimme wieder hören; dass er unter Wasser geschwommen ist und irgendwo auf die Felsen gekrochen ist. Dass sie ihn lebend finden werden.«
    Ibrahim neigte seinen

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