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Das Lied der alten Steine

Das Lied der alten Steine

Titel: Das Lied der alten Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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reicht’s!«
    »Zeigen Sie’s mir!« Andy streckte seine Hand nach ihr aus.
    »Kommen Sie. Zeigen Sie mir die magische Schlange! Ich möchte sie sehen! Wollt ihr sie nicht sehen?« Er wandte sich gestikulierend an die anderen Passagiere. »Das wäre doch aufregend, oder?« Er erhob sich erneut, stand schwankend vor Anna und hielt ihr seine offene Hand hin.
    »Andy, Sie sind ein Narr!« Anna hatte ihre Stimme erhoben, um sich Gehör zu verschaffen.
    »Gib es zurück!« Serena umfasste Annas Handgelenk.
    »Nein. Nein, Serena, es tut mir Leid.« Anna wich ihr aus.
    »Das gehört in eine andere Zeit und zu anderen Menschen. Sie wollen es für ihre Götter. Louisa hat versucht, es dem Nil zu übergeben. Jetzt bin ich dran!«
    Sie stand auf und drehte sich zum Wasser um.
    »Nein!« Serenas Schrei scholl über den Fluss. »Wirf es nicht weg!«
    »Schon gut, ich hab’s!« Andy sprang auf Anna zu, als sie den Arm hob. Mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, schleuderte sie das Fläschchen in das Kielwasser des Bootes.
    Andy verfehlte ihren Arm, stolperte, und als sie auf ihren Sitz zurückfiel, flog er mit einer Drehung gegen die Reling, taumelte einen Moment lang, verlor das Gleichgewicht und stürzte kopfüber in den Fluss.
    »Andy!« Auf Serenas Schrei folgten wie ein Echo die Schreie von anderen auf dem Boot. Die Mannschaft blickte sich um, erkannte, was geschehen war, drosselte die Fahrt und fuhr in einem kleinen Bogen zurück.

    »Können Sie ihn sehen?« Toby und Ben starrten auf das dunkle Wasser.
    »Taschenlampen! Hat irgendjemand eine Taschenlampe?«
    Toby warf seine Schuhe ab, stand schon auf seinem Sitz und beobachtete das Wasser ringsum. Als verschiedene schwache Strahlen hinter dem treibenden Boot gleichzeitig auf das Wasser trafen, sprang er hinein.
    Ben beugte sich seitlich über das Boot und versuchte, einen der alten Kork-Rettungsringe von der Bordwand zu lösen.
    »Hier, Toby!« Er warf den Ring über Bord, als Tobys Kopf auftauchte. Zwei weitere Rettungsringe folgten, schlugen nah bei ihm auf dem Wasser auf.
    »Andy! Andy, wo bist du?« Serena lehnte sich über die Bootswand, als einer der Ägypter von der Mannschaft ebenfalls ins Wasser sprang. Er landete nah bei Toby.
    Plötzlich tauchten andere Boote aus der Dunkelheit auf, umfuhren sie im Kreis. Dutzende von Passagieren beugten sich vor und starrten angestrengt ins Dunkel. Von Andy gab es immer noch kein Zeichen, als eine schnelle Barkasse mit einem Scheinwerfer erschien. Zwei, drei weitere Männer waren jetzt im Wasser und alle tauchten.
    »Das Wasser ist stockdunkel!« Toby tauchte wieder auf und schüttelte sich Tropfen aus den Augen. »Man kann nichts sehen.« Er trat im Wasser, drehte sich dabei langsam um sich selbst und suchte die Wasserreflexe um sich her ab.
    Anna verließ die Reling und setzte sich. Sie stützte den Kopf in ihre Hände. »Er ist tot, nicht wahr? Und es ist meine Schuld!
    Die Götter haben ihn geholt! Ich habe ihn umgebracht!«
    Sie sah in Serenas bleiches Gesicht. Tränen liefen ihr die Wangen hinab.
    Serena wandte den Kopf zur Seite, um über das Wasser zu schauen. »Wenn es irgendjemandes Schuld war, dann war es meine«, flüsterte sie. »Ich habe ihn in Fahrt gebracht. Ich habe das Fläschchen herausgeholt.«
    Jetzt schwammen mehrere Männer mit Toby, tauchten um das Boot herum. Dahinter erschien ein weiteres Boot und diesmal sahen sie, dass die Männer, die sich auf dem Bug versammelt hatten, Polizeiuniformen trugen.
    »Sie finden ihn!« Ben setzte sich neben Anna und legte seine Hand auf ihre. »Er ist ein guter Schwimmer, was ich von mir leider nicht sagen kann, sonst wäre ich auch draußen.«
    »Aber er war so betrunken!« Serena schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß. Aber es braucht mehr als ein Bad im Nil, um Andy unterzukriegen.« Ben klang selbst nicht sehr überzeugt. Einen Moment lang saß er einfach nur da, dann stand er wieder auf und stellte sich zu den anderen, die angestrengt das Wasser beobachteten.
    »Sie finden ihn nicht.« Anna schaute Serena an. Das Boot war jetzt merkwürdig still, ohne Maschinenlärm und das Klatschen des Wassers gegen den Bug.
    Die anderen Passagiere saßen schweigend, starrten umher, vom Schock wie gelähmt.
    Serena schüttelte den Kopf. »Wie du sagst, die Götter haben ihn geholt. Er hat über sie gespottet, Anna, und er hat den Preis dafür bezahlt.«
    Eine leichte Erschütterung ging durch das Boot, als eine Barkasse längsseits anlegte und zwei Beamte von der

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