Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)
legte das Gesicht auf die Knie.
He? War ich unsichtbar geworden?
»Vielleicht sollte ich euch erzählen, wie es zu der Feindschaft zwischen den Nymphen und den Gargoyles gekommen ist«, sagte sie unvermittelt und ohne aufzublicken.
Ach, jetzt schon? War das nicht ein bisschen früh? Immerhin standen die Gargoyles noch nicht kurz davor, uns den Kopf abzureißen.
Offenbar fand nicht nur ich, dass diese Information viel zu spät kam.
»Eine gute Idee!«, antwortete Pheme beißend. »Als kleine Einstimmung auf das, was uns noch bevorsteht. Lasst uns Geschichten austauschen.«
Galatea ging nicht weiter darauf ein. »Vor langer Zeit, ich war gerade in meinem dreihundertsten Jahr, lebten die Gargoyles und Nymphen in bestem Einvernehmen miteinander. Die Königin der Nymphen, meine Mutter, die bis dahin schon fünftausend Jahre auf der Erde verbracht hatte, entschloss sich, in die Ewigkeit einzugehen. Vorher wollte sie jedoch ihre jüngste Tochter, also mich, verheiraten. Um die Beziehungen zwischen den Gargoyles und den Nymphen zu vertiefen, entschied sie sich, mich mit dem jüngsten Sohn des Gargoyle-Herrschers zu vermählen.«
Fand nur ich das komisch, oder fragten sich die anderen in diesem Augenblick auch, was für Kinder da entstanden wären? Obwohl, die Gargoyles waren ja nicht immer solche steinigen Riesen!
»Dragomir fand sich bei uns ein, und alles hätte besiegelt werden können, wäre da nicht ein Problem gewesen.«
»Lass mich raten«, warf Thomas ein. »Du bist nicht auf ihn abgefahren.«
Warum sah er jetzt zu mir hinüber? Ich fuhr total auf ihn ab, so weit war ich immerhin schon. Aber wann es so weit sein würde, dass ich es ihm gegenüber auch zugab – keine Ahnung!
Galatea legte den Kopf schief und blickte Thomas verwundert an.
Wusste sie etwa nicht, was »abgefahren« bedeutete? War ihr mit der Magie auch die Anpassungsfähigkeit abhanden gekommen?
»Wenn du es so nennen willst, nein, ich bin nicht auf ihn abgefahren. Die sterblichen Männer haben mir wesentlich besser gefallen. Sie waren so anders, so natürlich. Dragomir dagegen wirkte unbeholfen auf mich und – hässlich. In der Hochzeitsnacht hätte mich das Ungeheuer erwartet, das ihr gesehen habt.«
Tatsächlich war der Bursche ein wenig groß im Gegensatz zu der Nymphe, aber vielleicht hätte das auch Vorteile gehabt … Ich schlug sofort die Hand vor den Mund, konnte aber nicht verhindern, das mir ein ersticktes Kichern entfloh. Die anderen sahen mich irritiert an, bevor Galatea weitererzählte.
»Jedenfalls habe ich seinen Antrag abgelehnt. Nicht ahnend, dass sich Dragomir bereits in mich verliebt hatte.«
»Lass mich raten, er war sehr zornig.«
»Ja, und sein Vater auch. Es kam zu einem großen Streit. Doch solange meine Mutter und sein Vater noch lebten, wagte keine Seite der anderen zu schaden. Das änderte sich jedoch, als meine Mutter in die Ewigkeit einging und Dragomirs Vater fortzog, um sein Ende an einem einsamen Ort zu finden. Von einem Tag auf den nächsten waren wir beide die Herrschenden unseres Volkes.«
»Die jüngsten Kinder sind also die Thronfolger?«, fragte Thomas erstaunt.
»Natürlich, jedenfalls bei den Gaianischen«, gab Galatea zurück. »Wir sind der Meinung, dass die jüngsten Kinder eines Königs die Regentschaft am längsten nach ihnen führen können. Die ältesten Kinder sind mehrere hundert Jahre älter als ihre jüngeren Geschwister und regieren folglich kürzer. Unsere Völker brauchen aber Herrscher, die lange regieren können, um den Höhepunkt der Magie zu erreichen. Etwas, das mir vermutlich versagt bleiben wird – selbst wenn wir den Kelch wiederfinden.«
»Was meinst du, wird jetzt passieren?«, fragte ich. »Wird er dich zwingen, seine Frau zu werden?«
Galatea schüttelte den Kopf. »Nein, darüber sind wir hinweg, denke ich. Zwischen uns gibt es nur noch Abneigung. Vielleicht wird er von mir fordern, dass ich den Fluch rückgängig mache, aber das kann ich nur mit der Feuerroten Blume. Die wird er mir aber nicht freiwillig geben, denn er wird denken, dass ich meine erstarkte Magie dazu nutzen werde, ihm weiter zu schaden.«
»So geht es immer im Kreis herum.« Pheme schnaufte verdrießlich.
»Anstatt uns Geschichten zu erzählen, sollten wir lieber sehen, wie wir hier rauskommen«, murrte Aiko. »Und den Kelch finden.«
»Wenn wir diesen Kelch haben, lädst du deine Magie dann wieder auf und nimmst den Fluch von den Gargoyles?«, wandte sich Pheme an die Nymphe.
Die nickte
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