Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)
ich meine Kameraden gerettet. Noch während ich den Schrei aufrechterhielt und mir davon Tränen in die Augen schossen, fragte ich mich, was passierte, wenn mir die Puste ausging. Wasser konnte ich vielleicht zurückdrängen, nicht aber vernichten. Die Rauhe Else allein war in der Lage, das Wasser dorthin zurückzubringen, wo sie es hergeholt hatte.
Plötzlich erbebte der Raum. War das mein Schrei? Noch nie hatte ich ihn so lange gehalten.
»Aufhören!«, donnerte eine Stimme.
Dragomir.
Mein Schrei erstarb vor Schreck. Ich atmete heftig ein und machte mich darauf gefasst, dass das Wasser mit aller Wucht gegen mich prallen würde.
Als der Aufprall auch noch Sekunden später ausblieb, sah ich mich vorsichtig um. Das Wasser war verschwunden.
»Ich dulde nicht, dass du meinen Keller flutest. Du hast bei mir Asyl, nichts weiter.«
Diese Ansage galt der Rauhen Else. Wo sie so schnell das Wasser gelassen hatte, wusste ich nicht, aber sie war wohl nicht umsonst die Königin der Nixen. Sie stand am Ende des Gangs, so dass wir sie gerade noch sehen konnten. Ein Brummen entrang sich ihrer Kehle, dann zog sie sich zurück. Man hörte ihre tapsenden Schritte noch eine Weile lang leiser werden.
Ich atmete auf, als sie verklungen waren. Nicht, dass ich einen Grund dazu hatte, immerhin waren wir geflohen und würden gleich wieder in einem Kerker landen, vielleicht sogar in den Kammern hinter den zugesponnenen Türen. Aber wenigstens würden wir nicht ertrinken.
Nachdem die Rauhe Else in den Tiefen der Gänge verschwunden war, wandte sich Dragomir an mich. »Warum seid ihr aus dem Kerker ausgebrochen?«
Ich blickte mich nach den anderen um. Pheme und Galatea lagen auf dem Bauch und husteten. Aiko saß in der Hocke neben ihnen und wrang ihre Haare aus. Und Thomas? Wo war er hin? Ich konnte ihn nirgends entdecken.
Verdammt!. Er war doch nicht etwa ertrunken? Am liebsten wäre ich losgelaufen, um ihn zu suchen. Aber vor mir stand ja noch …
»Ich habe dich was gefragt, Banshee«, fuhr mich der Gargoyle-König an. Ja, genau der.
»Weil wir dir Feuerrote Blume holen wollten«, entgegnete ich. Was brachte es jetzt noch, zu lügen? »Galatea möchte ihre Magie zurückgewinnen, damit sie den Fluch von euch nehmen kann. Sonst bleibt ihr auf immer in dieser Gestalt, und die Nymphen sterben irgendwann aus.«
»Als ob mich das Schicksal der Nymphen interessiert«, donnerte Dragomir und verschränkte die Arme vor seiner breiten Brust. »Sie sind hochmütig und schuld an unserer Misere.«
»Wenn du nicht darauf bestanden hättest, mich heiraten zu wollen, wäre es nie so weit gekommen«, rief Galatea, immer noch außer Atem, allerdings hustete sie kaum noch.
Dragomir plusterte sich auf, um etwas zu erwidern, doch ich kam ihm zuvor. »Sie hat recht. Euer gesamter Streit hat einzig und allein verletzten Stolz als Ursache. Ihr wart jetzt lange genug sauer aufeinander. Du gibst Galatea den Kelch zurück, und sie wird den Fluch von euch nehmen. Das ist doch eine ganz einfache Rechnung.«
»Du kennst Galatea offenbar schlecht. Sie wird ihren Kelch nehmen, uns aber so lassen, wie wir sind.«
»Woher willst du das wissen? Außerdem kann sie sich nicht einfach den Kelch schnappen und sich aus dem Staub machen. Ohne uns gelänge ihr das kaum, und, hey, ihr seid diejenigen mit den Flügeln.«
Ich blickte mich zu Galatea um und versuchte ihr irgendwie zu verstehen zu geben, dass sie sich ein wenig vertrauenerweckender geben sollte, aber sie verschränkte nur schmollend die Arme vor der Brust.
Also gut, versuchen wir es auf andere Weise. »Meinetwegen, dann beharrt eben auf eurem kleinen, blöden Streit. Die Nyxianer da draußen werden sich die Hände reiben und die Götterkinder weiter abschlachten.«
Dragomir zog überrascht die Augenbrauen hoch. »Die Nyxianer …«
»Ganz recht, die Nyxianer töten Götterkinder. Zahlreiche Nixen, Nymphen und andere Wesen sind ihnen in letzter Zeit zum Opfer gefallen. Aus irgendeinem Grund sind sie angriffslustig, und wenn wir nicht zusammenhalten, werden wir alle untergehen. Früher oder später auch ihr, selbst wenn ihr euch momentan mächtig stark vorkommt mit eurer Steinhaut.«
»Außerdem dürfte die Steinhaut euch davon abhalten, euch zu vermehren«, zog Pheme nun ihr Ass aus dem Ärmel. »Ihr könnt nur Kinder von Menschenfrauen bekommen, nicht wahr? Doch in eurem jetzigen Zustand dürfte es euch schwerfallen, euch mit ihnen zu paaren. Ich wette, dass nicht ein einziger neuer Gargoyle
Weitere Kostenlose Bücher