Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)
anhaltende Fehde einfach so hinter sich zu lassen, fand ich beeindruckend.
»Und ihr …« Damit schaute Dragomir zu uns. »Ich muss mich bei euch entschuldigen und euch gleichzeitig danken.«
»Wegen der Gefangennahme?«, fragte Pheme. »Dafür ist allerdings eine Entschuldigung fällig. Hättest du uns gleich zugehört, hätten wir deine Untermieterin nicht reizen müssen.«
»Ich war in meinem Zorn auf die Nymphen gefangen, bitte nehmt meine aufrichtige Entschuldigung an.«
Eher war er wohl in seinem verletzten Stolz gefangen gewesen, weil Galatea ihm einen Korb gegeben hatte. Männer! Aber Dragomir bewies, dass es noch Hoffnung für den männlichen Teil der Erdbevölkerung gab …
»Sagt, wie kann ich euch danken?«
Pheme trat vor. »Indem ihr wachsam seid und uns helft, wenn wir euch brauchen. Wir wissen noch nicht, mit wem wir es zu tun haben, aber es wird der Tag kommen, an dem Gaianische, Aitherische und Pontonier zusammenhalten müssen.«
»Das werden wir, nicht wahr, Brüder?«
Die Männer stimmten ihm einhellig zu.
Wenn ich mir Dragomir so anschaute, konnte ich wirklich nicht verstehen, warum Galatea ihn nicht haben wollte, denn er war echt attraktiv! Erst recht, da ihm nun anscheinend auch ein Gehirn gewachsen war …
21. Kapitel
N achdem die Gargoyles sich etwas übergezogen hatten, wiesen sie die erstaunten Gothics an, unseren Jeep zu holen. Natürlich hatten die blassen Burschen ihn längst entdeckt und gleich beschlagnahmt. Aber da ihre Herren nun wieder ihre menschliche Gestalt annehmen konnten, waren auch sie gleich ein ganzes Stück entspannter und gaben uns sogar die Waffen wieder.
In Belgrad tauschten wir den klapprigen Jeep gegen Phemes Mustang ein, und nach einem kurzen Zwischenstopp, um unseren Reiseproviant aufzustocken, machten wir uns auf den Rückweg nach Russland. Ich war todmüde und wollte nur noch schlafen, also kuschelte ich mich an Thomas und bekam nur für ein paar Sekunden mit, dass auch er zu schnarchen anfing.
Auf halbem Weg nach Moskau hielten wir auf einem verlassenen Werksgelände an. Es erinnerte mich ein wenig an das Gelände in Berlin, auf dem ich Pheme und Aiko zum ersten Mal begegnet war und nicht glauben wollte, dass ich anders war als andere Menschen. Ob ich Berlin jemals wiedersehen würde?
Als Thomas ebenfalls ausgestiegen war, ging ich zu ihm und nahm ihn spontan in die Arme. Ich konnte nicht anders.
»He, wofür ist das denn?«, wunderte er sich.
Ich lächelte ihn an und versuchte so, die Tränen zurückzuhalten, die mir in die Nase stiegen. Gott, was war ich für eine Heulsuse geworden.
»Nur so. Einfach nur so.«
Ich ließ ihn wieder los und wandte mich um. Die verwunderten Blicke von Aiko, Galatea und Pheme kümmerten mich nicht.
»Was machen wir hier?«, fragte ich, während ich zu dem Schornstein aufblickte, der wie ein mahnender Zeigefinger in die Höhe ragte.
»Rasten«, gab Galatea zurück, während sie voranschritt. »Wir haben hier einen Unterschlupf eingerichtet.«
Wir gingen auf ein niedriges Gebäude aus rotem Backstein zu. Die Gardinen an den Fenstern deuteten darauf hin, dass es sich um den ehemaligen Sitz der Verwaltung handelte.
Plötzlich spürte ich ein Kribbeln an meiner Seite. Ich sah nach unten – und bemerkte einen nassen Fleck auf meiner Hose.
Verdammt, die Seerose! An die hatte ich während des Gefechts mit der Rauhen Else gar nicht gedacht. Vielleicht hatte das viele Wasser sie zerstört, oder sie war in meiner Tasche aufgeblüht und zerdrückt worden.
Doch warum bemerkte ich das erst jetzt? Die Schlacht in der Burg war schon eine ganze Weile her.
Vorsichtig griff ich in meine Tasche, und mein Herz raste. Macius hatte mir die Blüte gegeben, damit ich auf sie achtgab. Jetzt war sie meinetwegen verdorben. Voller Schrecken nahm ich sie auf die Handfläche und sah – dass sie erblühte. Was hatte das zu bedeuten?
»Was ist los?«, fragte Pheme, die mitbekommen hatte, dass ich erstarrt war. Auch alle anderen drehten sich nun nach mir um.
»Macius’ Seerose.« Ich hielt ihr und den anderen meine Handfläche entgegen. »Sie blüht.«
Pheme riss die Augen auf, dann presste sie die Hand vor den Mund. »Er lebt.«
»Bist du dir sicher?« Mein Herz machte einen Sprung. Ich wollte so gern glauben, dass Macius nicht umgekommen war. Doch dann sagte ich mir, dass es durchaus von dem vielen Wasser kommen konnte, mit dem uns die Rauhe Else zu ertränken versucht hatte. Schließlich hatte auch Macius auf die Blüte
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