Das Lied der Cheyenne
verharrten.
Wolfsgesicht brach das Schweigen, als er die heilige Pfeife aus dem Futteral nahm. Der Kopf war kunstvoll aus schwarzem Stein geschnitzt, der breite Schaft war mit roter Farbe bemalt. Er stopfte sie mit seinem besten Tabak und entzündete ihn mit einem der beiden Stöcke, die dafür bereitlagen. Er rieb mit der rechten Hand über den Schaft, ein Zeichen dafür, dass er die Wahrheit sagen würde, und führte ihn zum Mund.
»Großer Geist, der du im Himmel wohnst, rauche!«, begann er mit der gewohnten Zeremonie. »Ich verneige mich vor deiner Größe und bitte dich, uns auch diesmal zu erhören. Wache über die Krieger, die dir zu Ehren tanzen, und gib ihnen Kraft.« Er rauchte wieder und blies den Rauch zur Erde. »Geist der Erde«, fuhr er fort, »rauche! Wir sind gekommen, die lebendigen Dinge zu ehren, und brauchen deinen Schutz. Wir verneigen uns vor den Menschen und den Tieren, den Bergen und den Tälern, den Früchten, dem Holz, den Steinen und dem Gras.« Er blies den Rauch in die vier Himmelsrichtungen und sagte: »Geister der vier Richtungen, raucht! Seid bei uns, wenn wir die Wiedergeburt der Natur feiern und uns vor den mächtigen Geistern verneigen.«
Wolfsgesicht reichte die heilige Pfeife weiter, und die anderen Schamanen wiederholten die Zeremonie. Sieht-hinter-die-Berge wusste, dass er zum letzten Mal beim Sonnentanz dabei war, und bat die Geister vor allem darum, über Büffelfrau zu wachen. »Sie führt weiter, was ich begonnen habe«, sagte er, »seid bei ihr, wenn sie in den Krieg reitet, und gebt ihr die Kraft, die sie als heilige Frau des Volkes braucht. Sie ist unsere Hoffnung und unsere Zukunft. Das ist alles, was ich zu sagen habe.«
Büffelfrau ehrte den alten Mann, indem sie lange schwieg und ihn direkt ansprach, als sie geraucht hatte. »Sieht-hinter-die-Berge, du hast mich auf den Weg geführt, den ich für mein Volk gehen werde. Du bist ein großer Krieger und ein großer Schamane. Du hast viele Coups geschlagen, und unsere Feinde zittern noch heute vor dir. Du hast für uns in den heiligen Bergen gebetet. Du hast uns die Büffel gegeben und die heiligen Pfeile des Volkes verwahrt. Wir werden dein Andenken immer bewahren. Eni-to-eme. Ich ehre dich, mein Onkel!«
Sieht-hinter-die-Berge verneigte sich dankbar. Er schloss die Augen, um mit seinen Gedanken allein zu sein, und sagte sich, dass die Medizin des Volkes auch im nächsten Winter gut sein würde. Büffelfrau war stark genug, sich gegen die drohende Gefahr aus ihren Träumen zur Wehr zu setzen. Es hatte einen Sinn, dass der Große Geist sie zur Kriegerin gemacht hatte.
Gegen Abend brachte ein Krieger den heiligen Büffelschädel. Wolfsgesicht nahm ihn entgegen und legte ihn vor das Feuer. Die Augenhöhlen des Schädels blickten nach Osten. Der Süße-Medizin-Häuptling stopfte süßes Gras in die Öffnungen des Schädels, stand auf und erhob die Arme.
»Wir beten zu dir, Großer Geist«, beschwor er den Schöpfer aller Dinge. »Schicke uns die Büffel, die unser Leben sind. Nimm unsere Entschuldigung an, wenn wir die Tiere töten, denn ihr Tod ist unser Leben, so wie das Gras ihr Leben ist.«
Er blieb eine Weile stumm stehen, dann nahm er die Hände herunter und gab den anderen zu verstehen, dass der erste Teil der Zeremonie vorbei war. »Lasst uns tanzen«, sagte er.
Sie gingen nach draußen und wurden von den Hundesoldaten des Volkes begrüßt. Ein großes Feuer brannte. Weidenfrau und Windfrau hatten die Trommeln aus den Fellen gewickelt und schlugen einen monotonen Rhythmus. Die Männer tanzten, stießen wilde Schreie aus und sangen die heiligen Lieder, die Aufrechte Hörner ihnen beigebracht hatte. Sie erzählten von der langen Wanderung, die der legendäre Krieger unternommen hatte, um sein Volk vor dem drohenden Hungertod zu retten. Sieht-hinter-die-Berge saß auf einem Büffelfell, den schwachen Rücken gegen ein Gerüst aus Weidenästen gelehnt, und sang leise mit. Er war zu schwach zum Tanzen. Er beobachtete seine Schülerin und übertrug seinen Geist in ihren Körper. Ihre Füße waren seine Füße, und ihre Gedanken waren seine Gedanken.
Büffelfrau fühlte, wie der Tanz sie befreite. Der Rhythmus der Trommeln und die beschwörenden Lieder brachten sie den Geistern näher und ließen ihre Seele über dem Feuer fliegen. Sie sang, und sie tanzte. Die geheimnisvolle Kraft der Geister war bei ihr und lenkte ihre Schritte um das Feuer. Sie lebte den Rhythmus und folgte Aufrechte Hörner in die heiligen
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