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Das Lied der Cheyenne

Das Lied der Cheyenne

Titel: Das Lied der Cheyenne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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in den östlichen Hügeln, die an die Jagdgründe der Shar-ha grenzten. Leichter Nieselregen fiel auf das Land. Der Salbei verströmte einen intensiven Duft, und der Boden war weich. Ihre Ponys hinterließen deutliche Abdrücke. Die Wolken hingen tief am Himmel. Der böige Wind beugte das braune Büffelgras und rauschte im Laub der Cottonwoods. Am fernen Horizont schlug der Donnervogel mit seinen schwarzen Flügeln, und ein feuriger Pfeil zuckte aus den Wolken und bohrte sich in den Boden.
    Wolfsgesicht ritt an der Spitze. Er hatte seine langen Haare gegen den Wind zusammengebunden und trug die gehörnte Büffelhaube des Süße-Medizin-Häuptlings. Sein Skalphemd wies ihn als tapferen Krieger aus, verbot ihm aber auch, persönlich Rache zu nehmen. Es war nicht sein Kriegszug. Es war der Rachefeldzug der Hügelleute, die achtzehn Männer, Frauen und Kinder im Kampf gegen die Shar-ha verloren hatten. Er war der Pfeilbewahrer des ganzen Volkes. Die Kraft der heiligen Pfeile sollte die Hügelleute beschützen und ihnen auch helfen, die verhassten Shar-ha zu schlagen und ihre Pferde zu rauben.
    Das Bündel mit den heiligen Pfeilen hing an seiner Lanze. Er hatte die schwarzen und die roten Pfeile erneuert und den ganzen Tag und die ganze Nacht gefastet und zu den Geistern gebetet, bevor sie aufgebrochen waren. Die Pfeile waren der heilige Besitz des Volkes und Ausdruck einer ungebrochenen Seele, die auch von den Shar-ha nicht zerstört werden konnte. Die Geister hatten ihm keine befriedigende Antwort gegeben. Sie wussten nicht, ob der Kriegszug erfolgreich verlaufen würde. Es hatte viele Schatten in seinen Träumen gegeben, und er machte sich Sorgen, schon deshalb war es gut, dass er die Pfeile mitgenommen hatte.
    Büffelfrau ritt hinter ihm. Auch sie war in der Schwitzhütte gewesen, und während das kalte Wasser auf den heißen Steinen verdunstete, hatte sie zu Maheo gebetet und mit ihrem Schutzgeist gesprochen. Er war erst am späten Abend in ihren Träumen erschienen, und er war nicht lange geblieben. »Folge dem Adler, der einsam seine Kreise am Himmel zieht«, sagte er, »und folge dem Weg, den Maheo für dich gezeichnet hat. Folge dem jungen Krieger, der die Pfeile in die Schlacht tragen wird, und hüte dich vor dem Morgenstern, der am Himmel leuchtet.«
    Sie hatte nicht alles verstanden, was der weiße Büffel zu ihr gesagt hatte. Wie konnte Weißer Biber die Pfeile tragen, wenn Wolfsgesicht das heilige Bündel an seine Lanze gebunden hatte? Wie konnte es eine große Schlacht geben, wenn sie nur die Späher der Shar-ha töten und die Ponys rauben wollten? Welche böse Kraft ging vom Morgenstern aus, der bei klarem Wetter am Himmel sichtbar war? Ihr Schutzgeist hatte keine dieser Fragen beantwortet und war wortlos verschwunden. Es gab Fragen, auf die auch er keine Antwort wusste.
    Am Schluss des langen Zuges, der sich im Gänsemarsch über die Hügel bewegte, ritten die Hundesoldaten. Büffelhöcker hielt die Pfeife des Anführers in den Händen und blickte grimmig in den regnerischen Dunst. Roter Mond hatte das Gewehr über dem Rücken hängen, das er einem toten Shar-ha abgenommen hatte. Gelber Wolf trug ebenfalls ein Gewehr, und die schwarze Farbe in seinem Gesicht deutete an, dass es keine Gnade für seine Feinde geben würde. Sie waren unterwegs, um zu töten.
    Auf einem Hügelkamm tauchten Weißes Pferd und ein junger Krieger auf. Sie hatten das vor ihnen liegende Land erkundet und die Spuren eines Jagdtrupps gefunden.
    »Shar-ha«, berichtete Weißes Pferd, »so viele Krieger, wie es Finger an meiner Hand gibt. Sie sind auf dem Rückweg. Eines ihrer Ponys ist schwer beladen. Sollen wir sie töten?«
    »Noch nicht«, antwortete Büffelhöcker, »wir warten, bis sie die Felsen am Fluss erreicht haben. Dort werden wir ihnen eine Falle stellen und sie töten. Lasst sie nicht aus den Augen.«
    »Aiee«, erwiderte Weißes Pferd, der sein Gesicht und seine Leggins mit gelben und schwarzen Streifen bemalt hatte und vier ebenfalls gestreifte Adlerfedern in den sorgfältig gekämmten Haaren trug. »Es fällt schwer, die Waffen stecken zu lassen, wenn man die feigen Hunde direkt vor der Nase hat.«
    »Hab’ Geduld. Wir werden sie töten.« Er wandte sich an Dachs, der als kleiner Junge von den Shar-ha geraubt worden war, und dem es erst nach vier Wintern gelungen war, sich zu befreien und zu den Hügelleuten zurückzukehren. »Du verstehst die Sprache der Shar-ha, Dachs. Reite mit Weißes Pferd und höre, was sie am

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