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Das Lied der Cheyenne

Das Lied der Cheyenne

Titel: Das Lied der Cheyenne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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Shar-ha.« Er hustete und spuckte Blut. Büffelfrau schob eine Hand unter seinen Nacken und richtete ihn vorsichtig auf. »Habt ihr die Shar-ha getötet?«
    »Ja«, antwortete sie, »drei der feigen Hunde sind tot. Die anderen kommen nicht weit. Mein Vater wird ihre Schädel spalten und ihre Leichen in den Fluss werfen.« Ihre Stimme hob sich nicht, als sie es sagte, sie hielt es für beschlossene Sache.
    Kleiner Falke hustete wieder. Die Schmerzen wurden immer stärker, und das Sprechen bereitete ihm große Mühe. Er spürte, dass er nicht mehr lange in dieser Welt sein würde. »Weißt du noch, wie ihr die Schnüre an meinem Sattel durchgeschnitten habt?« Er verzog das Gesicht, und Büffelfrau glaubte, so etwas wie ein Lächeln zu erkennen. »Ich war sehr wütend auf euch.«
    »Dann hast du uns einen Streich gespielt«, erwiderte sie. Auch ihr fiel das Lächeln schwer, obwohl der Schmerz nur in ihrer Seele lastete. »Ich hatte große Angst vor dir und bin davongelaufen. Blitzfrau konnte die ganze Nacht nicht …« Sie bemerkte ihren Fehler und hielt eine Hand vor ihren Mund.
    »Es ist … gut«, flüsterte er. Sein Lächeln war eingefroren. »Ich habe … nur … für Blitzfrau … gelebt. Ich… bin froh, dass… ich sie bald … wiedersehe …« Er sprach jetzt so leise, dass sie sich tief über ihn beugen musste. Sie hielt ihn wie ein krankes Kind in den Armen und sah, wie der Atem langsam aus ihm entwich.
    »Es ist ein … guter Tag … zum Sterben, nicht wahr?« Sein Körper bäumte sich in ihren Armen auf, und ein Schwall hellroten Blutes sprudelte aus seinem Mund. Sein Gesicht war fahl geworden. »Ich liebe … Blitzfrau … ich … freue …mich …« Er stimmte seinen Totengesang an, aber schon die ersten Worte erstarben auf seinen Lippen und wurden von dem roten Schaum erstickt. Er erschlaffte, und sein Geist ging auf die lange Reise in die andere Welt.
    Büffelfrau legte den toten Krieger vorsichtig ins Gras und sang ein kurzes Klagelied. Es blieb wenig Zeit zum Trauern, wenn man auf dem Kriegspfad war. Sie drückte dem toten Freund die Augen zu und stand auf. »Die Geister haben gewollt, dass du stirbst«, tröstete sie sich, »sie haben gesehen, wie sehr du Blitzfrau liebst. Sie wollten, dass du zu ihr gehst.«
    Sie stieg auf ihr Pony und ritt ihrem Vater und den anderen Hügelleuten entgegen. Büffelhöcker und Gelber Wolf hatten die Shar-ha getötet. Sie hatten blutige Skalps an ihre Sättel gebunden, triumphierten aber nicht. »Ihr habt die gemeinen Stinktiere erwischt«, rief sie grimmig, »das ist gut. Der junge Krieger, der von uns gegangen ist, freut sich darüber.« Sie sprach den Namen des Toten nicht aus, wie es Sitte bei ihrem Volke war. »Warum seid ihr nicht zufrieden?«
    »Die Pferde sind entkommen«, erwiderte ihr Vater grimmig, »das hätte uns nicht passieren dürfen. Sie werden zum Dorf der Shar-ha laufen und die Krieger warnen.« Er spuckte wütend ins Gras. »Wir haben uns benommen wie Kinder.«
    »Aber dein Pferd ist schneller«, sagte sie.
    »Die beiden Ponys hatten Angst und trugen keine Reiter mehr«, sagte er. »Wir hätten zuerst die Pferde und dann die Männer töten sollen. Ah, dies ist ein schlechter Tag!« Büffelhöcker war so wütend, dass er nicht mal einen Coup schlug. Er ritt zu dem toten Kleiner Falke und presste die Lippen aufeinander, damit er ihn nicht beschimpfte. Der junge Krieger war schuld daran, dass alles sich zum Schlechten gewandt hatte. Büffelhöcker ritt einmal um den Toten herum. »Wir legen ihn zwischen die Felsen«, sagte er, »das muss genügen.«
    So geschah es. Sie legten ihn in eine Felsspalte und verschlossen den Eingang mit Geröll. Sein Pferd wurde zwischen die Felsen getrieben und erschossen. Er würde sich freuen, sein geliebtes Pony in der anderen Welt zu sehen.
    Büffelfrau blieb in den Felsen und betete für ihren toten Freund. Er war ein Angeber gewesen, und seine Dummheit hatte dafür gesorgt, dass die Shar-ha von ihrem Kommen erfuhren. Aber er war ein guter Freund, ein tapferer Krieger, dem man alles verzieh. Ein Weggefährte in den unbeschwerten Tagen der Jugend, als sie im Fluss herumgetollt und um die Wette geritten waren. »Ei-e-ya, ich werde immer an dich denken«, sagte sie, »mögest du ein glückliches Leben in der anderen Welt führen und viele Büffel jagen!«
    Wolfsgesicht und die anderen Hügelleute waren bereits da, als sie zu ihrem Pony zurückkehrte. Sie wechselte einen schnellen Blick mit Weißer Biber, der über den

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