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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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Gestank von Müll, Dungfeuern und Schweiß. Arlen versuchte, den Atem anzuhalten, doch schon bald gab er es auf und atmete stattdessen durch den Mund. Keerin wiederum schien zum ersten Mal wieder tief durchatmen zu können.
    Ragen führte sie zu einem Marktplatz, auf dem es von Menschen nur so wimmelte. Noch nie in seinem Leben hatte Arlen eine Ansammlung von so vielen Leuten gesehen. Hier gab es Hunderte Männer vom Schlage eines Rusco Vielfraß, die ihn von allen Seiten nötigten: »Kauf dies!« - »Probier das!« - »Ein Sonderpreis, weil du es bist!« Und allesamt waren sie groß gewachsen; wahre Riesen verglichen mit den Bewohnern seiner Heimat.

    Sie kamen an Karren voller Obst und Gemüse vorbei; die meisten Sorten waren Arlen völlig unbekannt. Es wurden so viele Kleidungsstücke angeboten, dass er glaubte, das Einzige, worum die Milneser sich kümmerten, sei ihr Äußeres. Er entdeckte auch Gemälde und Schnitzarbeiten, und diese Kunstwerke waren so aufwändig gestaltet, dass er sich fragte, wie jemand die Zeit erübrigen konnte, um so etwas zu erschaffen.
    Ragen brachte sie zu einem Händler am hinteren Ende des Marktes, auf dessen Zelt das Symbol eines Schildes prangte. »Dieser Mann arbeitet für den Herzog«, erklärte der Kurier, als sie den Karren anhielten.
    »Ragen!«, rief der Händler. »Was kannst du mir heute anbieten?«
    »Reis aus den Marschen«, lautete die Antwort. »Steuern von Tibbets Bach, um für das Salz des Herzogs zu bezahlen.«
    »Du warst bei Rusco Vielfraß?« Es klang mehr wie eine Feststellung, weniger wie eine Frage. »Plündert dieser Gauner die Dörfler immer noch bis aufs Hemd aus?«
    »Du kennst Rusco?«, wunderte sich Ragen.
    Der Händler lachte. »Vor zehn Jahren sagte ich vor dem Rat der Mütter als Zeuge aus, damit ihm die Handelslizenz entzogen wurde, nachdem er versucht hatte, eine Ladung Getreide zu verscherbeln, in der sich jede Menge Ratten tummelten. Bald darauf verließ er die Stadt und tauchte irgendwo am Ende der Welt wieder auf. Wie ich hörte, hatte er bereits in Angiers versucht, die Leute übers Ohr zu hauen, und war mit Schimpf und Schande verjagt worden. Das war der Grund, weshalb er sich überhaupt bei uns in Miln niederließ.«
    »Dann sollten wir den Reis wohl lieber mal prüfen«, brummte Ragen.
    Eine geraume Zeit lang feilschten sie über die derzeitigen Preise für Reis und Salz. Zum Schluss gab der Händler nach
und räumte ein, dass Ragen sich von dem Vielfraß nicht hatte übervorteilen lassen. Er reichte dem Kurier einen Beutel mit klimpernden Münzen, und der Handel war besiegelt.
    »Kann Arlen von hier aus den Karren fahren?«, erkundigte sich Keerin. Ragen sah ihn an und nickte. Er warf Keerin eine volle Geldkatze zu, der Jongleur fing sie geschickt auf und sprang vom Wagen.
    Ragen schüttelte den Kopf, als Keerin in der Menge verschwand. »Kein schlechter Jongleur«, meinte er, »aber für die Straße hat er nicht das rechte Herz.« Er stieg von seinem Pferd und lotste Arlen durch die belebten Straßen. Arlen fühlte sich durch das dichte Gedränge erstickt, als sie sich durch eine besonders vollgestopfte Gasse fädelten.
    Er bemerkte ein paar Leute, die trotz der kalten Gebirgsluft lediglich mit zerfetzten Lumpen bekleidet waren.
    »Was machen die da?«, erkundigte er sich, als er sah, dass sie den Passanten leere Becher entgegenhielten.
    »Sie betteln«, erklärte Ragen. »In Miln kann es sich nicht jeder leisten, Nahrung zu kaufen.«
    »Können wir ihnen nicht einfach etwas von unserem Proviant abgeben?«, schlug Arlen vor.
    Ragen seufzte. »So einfach ist das nicht. Der Boden hier ist so unfruchtbar, dass die Ernten nicht einmal die Hälfte der Bewohner ernähren. Wir müssen Getreide aus Fort Rizon, Fisch aus Lakton, Obst und Vieh aus Angiers beziehen. Aber die anderen Städte verschenken ihre Güter nicht einfach. Die Waren gehen an die Leute, die ein Gewerbe betreiben und das Geld verdienen, um für diese Sachen bezahlen zu können - und damit meine ich die Händler. Die Händler wiederum heuern Dienstboten an, die für sie arbeiten. Die Kosten für die Ernährung, Kleidung und Unterkunft der Bediensteten bringen die Händler aus eigener Tasche auf.«

    Er zeigte auf einen in derbe, schmutzige Lumpen gehüllten Mann, der den vorbeigehenden Leuten eine geborstene Holzschale hinhielt; die Menschen schlugen einen Bogen um ihn und würdigten ihn keines Blickes. »So endet man, wenn man nicht arbeitet. Es sei denn, man ist ein Mitglied der

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