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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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schielten begehrlich auf die Behältnisse, hüteten sich jedoch, eine Frage zu stellen.
    »Heute Abend tragen wir den Reis aus dem Keller und verwahren ihn in dem hinteren Raum, bis du bereit bist, nach Miln zurückzufahren«, schlug Rusco vor, nachdem der letzte Sack ins Haus geschleppt worden war.
    »Ich danke dir«, erwiderte Ragen.
    »Dann sind die Geschäfte für den Herzog erledigt?«, erkundigte sich Rusco grinsend, während er einen wissenden Blick auf die restlichen Sachen im Karren warf.
    »Die Geschäfte für den Herzog sind abgeschlossen, das ist richtig«, bestätigte Ragen und grinste gleichfalls. Arlen hoffte, sie würden ihm noch einen Becher Bier spendieren, wenn sie mit dem Feilschen fortfuhren. Es erzeugte in seinem Kopf ein leichtes Gefühl, wie bei einer Erkältung, nur ohne das leidige Niesen, Husten oder die Schmerzen. Der Zustand gefiel ihm, und er wollte ihn zu gern noch einmal ausprobieren.
    Er half, die übrigen Sachen in den Schankraum zu verfrachten, und Catrin brachte einen Teller voller Brotscheiben, die dick mit Fleisch belegt waren. Arlen bekam tatsächlich ein zweites Bier, um das Essen herunterzuspülen, und der alte Vielfraß sagte ihm, er könne ihm für seine Arbeit zwei Kredits in seinem Buch gutschreiben. »Deinen Eltern werde ich nichts davon erzählen«, fuhr er fort, »aber wenn du deinen Verdienst für Bier ausgibst und sie dich dabei erwischen, wirst du den Ärger, den deine Mam mir bereiten wird, bei mir abarbeiten müssen.« Arlen nickte inbrünstig. Er hatte noch nie zwei Kredits besessen, die er im Laden ausgeben konnte.

    Nach dem Mittagsmahl gingen Rusco und Ragen wieder an den Tresen zurück und packten die anderen Waren aus, die der Kurier mitgebracht hatte. Arlens Augen leuchteten, als die Schätze nacheinander präsentiert wurden. Er bestaunte auf Ballen gewickelte Tuche von einer nie zuvor gesehenen Schönheit; aus den Tiefen der Kisten holte Ragen nach und nach Werkzeuge und Nadeln aus Metall hervor, Keramikgegenstände und exotische Gewürze. Sogar ein paar Becher aus durchscheinendem, funkelndem Glas hatte er dabei.
    Ruscos Begeisterung schien sich indessen in Grenzen zu halten. »Letztes Jahr hatte Graig ein besseres Sortiment dabei«, meinte er. »Für alles zusammen kann ich dir … einhundert Kredits geben.« Arlens Kinnlade klappte herunter. Einhundert Kredits! Dafür konnte Ragen halb Tibbets Bach kaufen.
    Ragen zeigte sich jedoch von dem Angebot unbeeindruckt. Wieder trat dieser harte Blick in seine Augen, und er schlug mit der Hand auf den Tisch. Bei dem Knall blickten Dasy und Catrin hoch, die gerade aufräumten und das Geschirr abspülten.
    »Zum Horc mit deinen Kredits!«, fluchte er. »Ich bin nicht einer deiner Dorfdeppen, und wenn du nicht willst, dass man dich in der Gilde einen Betrüger nennt, dann tu nicht noch einmal so, als hättest du einen Idioten vor dir!«
    »Nichts für ungut!« Rusco lachte und wedelte einlenkend mit der Hand, wie es seine Art war. »Ich musste es einfach versuchen … das wirst du doch sicher verstehen. Ist man in Miln denn noch immer so gierig nach Gold?«, fragte er mit einem verschlagenen Lächeln.
    »Natürlich, wie überall«, erwiderte Ragen. Er runzelte immer noch die Stirn, doch seine Stimme klang nicht mehr wütend.
    »Oh nein, hier bei uns ist das anders«, versicherte ihm Rusco. Er trat hinter den Vorhang, und man konnte hören, wie er dort
herumfuhrwerkte. Mit erhobener Stimme sprach er weiter: »Hier draußen ist alles, was man nicht essen, nicht anziehen, nicht zum Malen eines Siegels oder für die Feldarbeit gebrauchen kann, kaum etwas wert.« Nach einer Weile tauchte er mit einem großen Stoffsack wieder auf; was immer sich darin befinden mochte, klirrte vernehmlich, als er den Sack auf den Tresen warf.
    »In dieser Gegend haben die Leute vergessen, dass Gold die Welt bewegt«, fuhr er fort, griff in den Sack und zog zwei massive gelbe Münzen heraus, die er Ragen unter die Nase hielt. »Die Kinder des Müllers haben diese hier als Spielsteine benutzt! Spielsteine! Ich bot ihnen an, das Gold gegen ein aus Holz geschnitztes Spiel einzutauschen, das irgendwo in meinem Hinterzimmer verstaubte. Sie dachten, ich täte ihnen einen Gefallen! Am nächsten Tag kam Ferd höchstpersönlich bei mir vorbei, um sich zu bedanken!« Er lachte tief aus dem Bauch heraus. Arlen hatte das Gefühl, er müsse dieses Lachen abstoßend finden, aber er wusste nicht recht, warum er so dachte. Er hatte das Spiel mit den

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