Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
Vom Netzwerk:
meinem Keller gibt es kein Ungeziefer!«
    »Du wirst sicher verstehen, dass ich mich selbst davon überzeugen muss«, warf Ragen ein.
    »Selbstverständlich, selbstverständlich«, haspelte Rusco herunter. »Arlen, bring diese Lampe da!«, befahl er und zeigte mit dem Finger in eine Ecke der Schankstube.
    Arlen flitzte zu der Laterne und griff nach dem Feueranzünder. Geschickt entzündete er den Docht und senkte andächtig das Glas darüber. Noch nie zuvor hatte man ihm erlaubt, das Glas zu halten. Es fühlte sich kühler an, als er es sich vorgestellt hatte, doch als die Flamme daran hochzüngelte, erwärmte es sich schnell.
    »Trag uns die Laterne nach unten in den Keller«, wies Rusco ihn an. Arlen bemühte sich, seine Aufregung zu verbergen.
Schon immer hatte er sich gewünscht, einen Blick hinter den Tresen zu werfen. Man munkelte, wenn sämtliche Einwohner von Tibbets Bach all ihre Habe auf einen Haufen türmen würden, wäre das immer noch nichts verglichen mit den wunderbaren Dingen, die der alte Vielfraß in seinem Keller hortete.
    Er sah zu, wie Rusco an einem im Boden eingelassenen Ring zog und eine große Falltür öffnete. Geschwind huschte Arlen nach vorn, aus Sorge, der Vielfraß könne doch noch seine Meinung ändern. Während er die knarrenden Treppenstufen hinunterstieg, hielt er die Laterne hoch, um den Weg auszuleuchten. Der Lichtschein fiel auf Stapel von Kisten und Fässern, die vom Fußboden bis zur Decke reichten und sich in gleichmäßigen Reihen an den Wänden entlangzogen, bis in Winkel, in die der Lichtkegel nicht mehr reichte. Der Boden bestand aus Holz, um zu verhindern, dass Horclinge direkt aus dem Horc in den Keller gelangten, trotzdem hatte man in die Wandregale Schutzzeichen eingekerbt. Der alte Vielfraß ging sorgfältig mit seinen Schätzen um.
    Der Ladenbesitzer führte sie durch die Gänge zu den versiegelten Fässern im hinteren Teil des Kellers. »Sie sehen unversehrt aus«, meinte Ragen, der das Holz begutachtete. Einen Moment lang schien er zu überlegen, dann traf er blindlings seine Wahl. »Das da«, bestimmte er, auf ein Fass zeigend.
    Vor Anstrengung grunzend hievte Rusco das Fass vom Stapel. Manche Leute fanden, seine Arbeit sei leicht, doch seine Arme waren so hart und muskulös wie die der Männer, die eine Axt oder Sense schwangen. Er brach das Siegel auf, hebelte den Deckel des Fasses ab und schaufelte Reis in eine flache Pfanne, damit Ragen die Ware inspizieren konnte.
    »Das ist erstklassiger Reis aus den Marschen«, erklärte er dem Kurier. »Du wirst keinen einzigen Käfer darin finden und
nicht die geringste Spur von Schimmel. In Miln kann man ihn zu einem hohen Preis verkaufen, vor allen Dingen, weil die letzte Lieferung schon so lange zurückliegt.« Ragen brummte und nickte, das Fass wurde wieder versiegelt und sie kletterten über die Stiege nach oben zurück.
    Danach feilschten sie eine geraume Zeit lang, wie viele Fass Reis die schweren Säcke mit Salz, die auf dem Karren lagen, wert sein mochten. Am Ende schien keiner der beiden mit dem Ergebnis zufrieden zu sein, doch per Handschlag wurde das Geschäft beschlossen.
    Rusco rief seine Töchter, und alle zusammen gingen nach draußen, um das Salz vom Karren abzuladen. Arlen versuchte, einen Sack zu heben, aber er war viel zu schwer für ihn; er taumelte unter dem hohen Gewicht, stürzte, und ließ den Sack fallen.
    »Pass doch auf!«, schnauzte Dasy ihn an und versetzte ihm einen Schlag gegen den Hinterkopf.
    »Wenn du zu schwach bist, um beim Tragen zu helfen, dann halte uns wenigstens die Tür auf!«, schrie Catrin. Sie selbst hatte einen Sack auf ihre Schulter gehievt und ein anderer klemmte unter ihrem drallen Arm. Arlen rappelte sich wieder auf die Füße, sauste zur Tür und riss sie weit auf.
    »Hole Ferd Müller und sag ihm, wir zahlen fünf … nein, vier Kredits für jeden Sack, den er in seiner Mühle mahlt«, befahl Rusco dem Jungen. Die meisten Bewohner von Tibbets Bach arbeiteten in der einen oder anderen Weise für den Vielfraß, aber vor allen Dingen die Leute, die rings um den Weiler Marktplatz wohnten, waren ihm verpflichtet. »Fünf Kredits kriegt er, wenn er das Salz in Fässer mit Reis steckt, damit es trocken bleibt.«
    »Ferd ist bei den Holzfällerhütten«, erwiderte Arlen. »Wie fast alle.«

    Rusco gab einen knurrenden Laut von sich, enthielt sich aber einer Bemerkung. Schon bald war der Karren leer, bis auf ein paar Kisten und Säcke, die kein Salz enthielten. Ruscos Töchter

Weitere Kostenlose Bücher