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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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selbstständig arbeitete Arlen in Cobs Laden; ohne Aufsicht seines Meisters übernahm er Aufträge und verhandelte sogar mit neuen Kunden. In einschlägigen Kreisen wurde sein Name bekannt, und Cobs Profite wuchsen. Der alte Meister heuerte Dienstboten an und stellte noch ein paar Lehrlinge ein, deren Ausbildung er größtenteils Arlen überließ.
    An den meisten Abenden gingen Arlen und Mery spazieren und beobachteten das Farbenspiel am Himmel. Ihre Küsse wurden hungriger, beide wollten mehr, doch ehe es zum Letzten kam, zog Mery sich immer zurück.
    »In einem Jahr hast du deine Ausbildung beendet«, pflegte sie dann zu sagen. »Wenn du willst, können wir gleich am nächsten Tag heiraten, und von da an darfst du mich jede Nacht verführen.«

    Eines Morgens, als Cob nicht im Laden war, tauchte Elissa auf. Arlen, der gerade mit einem Kunden sprach, bemerkte sie erst, als es für einen Rückzug schon zu spät war.
    »Hallo, Arlen«, grüßte sie, nachdem der Kunde den Laden verlassen hatte.
    »Guten Tag, Lady Elissa«, erwiderte Arlen.
    »Es besteht kein Grund, so förmlich zu sein«, meinte sie.
    »Ich glaube, ein Mangel an Förmlichkeit hat dazu geführt, dass es in unserer Beziehung zu Missverständnissen kam«, erklärte Arlen. »Diesen Fehler möchte ich nicht ein zweites Mal begehen.«
    »Ich habe dich immer und immer wieder um Verzeihung gebeten, Arlen. Was soll ich noch tun, damit du mir vergibst?«

    »Die Entschuldigung muss aufrichtig gemeint sein«, antwortete Arlen. Die beiden Lehrlinge an der Werkbank tauschten einen Blick, dann standen sie gleichzeitig auf und entfernten sich.
    Elissa beachtete sie gar nicht. »Aber ich meine es doch ehrlich«, behauptete sie.
    »Nein, das stimmt nicht«, widersprach Arlen und nahm ein paar Bücher von der Verkaufstheke, um sie wegzulegen. »Es tut dir leid, dass ich gelauscht habe und wütend wurde. Es tut dir leid, dass ich aus eurem Haus ausgezogen bin. Das Einzige, was du nicht bedauerst, ist dein eigenes Verhalten. Du bereust keineswegs, dass du Ragen dazu gebracht hast, mich nicht auf die Tour mitzunehmen.«
    »Es ist eine gefährliche Reise«, erwiderte Elissa bedächtig.
    Arlen knallte die Bücher wieder auf die Theke zurück und sah Elissa zum ersten Mal in die Augen. »Während der letzten sechs Monate habe ich diese Tour ein Dutzend Mal gemacht!«, rief er.
    »Arlen!«, keuchte Elissa.
    »Ich war auch bei den Minen des Herzogs«, fuhr Arlen fort. »Und in den Südlichen Steinbrüchen. Ich habe meine Runden gemacht, und die Gilde der Kuriere hofiert mich, seit ich dort meinen Antrag eingereicht habe. Stell dir vor, ich darf mir meine Ziele selbst aussuchen. Du hast mit deinem Verbot gar nichts erreicht. Ich lasse mich nicht einsperren, Elissa, weder von dir noch von jemand anderem.«
    »Es war nie meine Absicht, dich einzusperren, Arlen, ich wollte dich nur schützen«, entgegnete sie leise.
    »Aber dazu hattest du kein Recht«, versetzte Arlen und wandte sich wieder seiner Arbeit zu.
    »Das mag ja sein«, seufzte Elissa, »aber ich tat es doch nur aus Sorge um dich. Weil ich dich gern habe, Arlen.«

    Arlen hielt in seiner Tätigkeit inne, weigerte sich jedoch, Elissa anzusehen.
    »Wäre die Zukunft, die mir für dich vorschwebt, denn so schrecklich, Arlen?«, fragte Elissa. »Cob ist kein junger Mann mehr, und er liebt dich wie einen Sohn. Würde es dich tatsächlich so viel Überwindung kosten, dieses Geschäft zu übernehmen und das hübsche Mädchen zu heiraten, mit dem ich dich gesehen habe?«
    Arlen holte tief Luft. »Ich werde niemals ein Bannzeichner sein, nie und nimmer!«
    »Und was wirst du machen, wenn du einmal aus deinem Beruf ausscheidest wie Cob?«
    »Dazu wird es bei mir nie kommen. Eher sterbe ich!«
    »Arlen! Wie kannst du so etwas Entsetzliches nur aussprechen?«
    »Warum denn nicht? Es ist doch die Wahrheit. Kein Kurier, der dabei bleibt, stirbt an Altersschwäche.«
    »Aber wenn du so fest davon überzeugt bist, als Kurier den Tod zu finden, warum bist du dann so versessen darauf, einer zu werden?«, wunderte sich Elissa.
    »Weil ich lieber jung sterben möchte, aber in dem Bewusstsein, dass ich frei bin, als in einem Gefängnis alt und grau zu werden.«
    »Miln kann man wohl kaum als Gefängnis bezeichnen«, protestierte Elissa.
    »Es ist aber eines«, beharrte er. »Wir reden uns ein, Miln sei die ganze Welt, aber das stimmt nicht. Wir sagen uns, da draußen gäbe es nichts, was wir nicht auch in der Stadt hätten, und auch das ist

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